MM: Dort sehen die Pläne den Abriss des Gesa-Gebäudes
vor.?
De Santos: Wir wollen das Erscheinungsbild der Stadt der Umgebung
besser anpassen. Anstelle der bisherigen Bebauung wird es einzelne
Gebäude und deutlich mehr Grünzonen geben. Dort sind auch der neue
Kongresspalast samt Hotel sowie diverse Gebäude für Behörden,
Ministerien und Wohnungen vorgesehen. Die Höhe der Bauten steigt
stufenartig an. In der ersten Reihe dürfen sie nicht mehr als drei,
in der letzten nicht mehr als sieben Stockwerke hoch sein. Damit
wird die barrierenhafte Bauweise – hohe Gebäuderiegel direkt am
Ufer – aufgebrochen. In zehn Jahren ist Palma dort eine Stadt, die
sich dem Meer öffnet.
MM: Stichwort Meer, was geschieht an der Playa de
Palma?
De Santos: So wie bei der Fachada Marítima verfolgen wir auch an
der Playa de Palma ein Projekt, das, so hoffe ich, das touristische
Zielgebiet in zehn Jahren deutlich verändert haben wird. Das
Großvorhaben zur Umgestaltung des Küstenbereichs sieht vor, von Can
Pastilla bis El Arenal die Infrastrukturen zu verbessern, die
Bebauung zu entkernen, mehr Grünzonen zu schaffen, den Autoverkehr
zurückzudrängen und die Straßen für Fußgänger attraktiver zu
gestalten. Die erste Meereslinie ist bereits modernisiert. Jetzt
braucht die zweite Linie Verbesserungen, vor allem unter
ästhetischen und touristischen Gesichtspunkten.
MM: Wie soll das konkret erfolgen?
De Santos: Unser Referenzplan („plan de excelencia”) umfasst den
gesamten Küstenabschnitt vom Strand bis zur Autobahn. In den
rückwärtigen Zonen finden sich alte Steinbrüche Schutthalden,
Brachland. Wir wollen diesen Bereich sanieren, etwa für
Golfanlagen, Tennisplätze und weitere sportliche wie kulturelle
Einrichtungen. Damit wollen wir den Golf– und den Aktivtourismus
stärken. In den Plan fließen Erfahrungen aus US-Küstenorten wie
Miami ein. Für das spanische Tourismusministerium hat das Projekt
Pilotcharakter.
MM: Wie weit werden die beiden Großprojekte in zehn Jahren
gediehen sein?
De Santos: An Palmas Meeresfront werden der Kongresspalast, das
Hotel und die öffentlichen Behörden stehen. Die privaten
Wohnprojekte werden zu 80 Prozent realisiert sein. An der Playa
wiederum werden die großen Infrastrukturmaßnahmen, die das
touristische Zusatzangebot verbessern sollen, ebenfalls
verwirklicht sein.
MM: Das sind aber nicht die einzigen Großprojekte, die die
Stadt verändern werden.?
De Santos: Von großer städtebaulicher Bedeutung ist das Vorhaben,
den Bahnhof und die Gleise unterirdisch zu verlegen. Die Trennung
der Stadtteile wird aufgehoben. Die Grünzone im Park kann um ein
Drittel erweitert werden. Ein solcher Zuwachs im Herzen der Stadt
ist Luxus. Einmal ganz abgesehen von den 130.000 Quadratmetern des
Sa-Riera-Parks, der derzeit entsteht. Mit Glück können wir dort
schon den Frühling 2006 genießen. Ich bin überzeugt: Das wird ein
sehr dynamischer Park sein, mit kulturellen Veranstaltungen unter
freiem Himmel. Der Park wird eine weitere touristische Attraktion
Palmas.
MM: Mit der Untertunnelung der Gleise kommt auch die
Metro?
De Santos: Ja. Die Untertunnelung der Schienen bis zur Vía Cintura
wird bis 2007 abgeschlossen sein. Ein Jahr später wird die Bahn das
Industriegebiet Son Castelló erreichen und noch ein Jahr später bis
zur Universität rollen.
MM: Wird es 2015 auch eine Straßenbahn geben, die Arenal mit
Santa Ponça verbindet?
De Santos: Das ist nicht ausgeschlossen, das Projekt ist Teil des
balearischen Transportplanes. Es hat aber derzeit nicht dieselbe
Priorität wie der Bau der Metro. Möglich, dass die Straßenbahn in
das Metro-Projekt einbezogen wird.
MM: In den vergangenen Jahren ist in Palma sehr viel gebaut
worden. Wie geht es weiter?
De Santos: Der Territorialplan hat die Flächen, auf denen noch
gebaut werden kann, auf rund 200 Hektar beschränkt. Das ist sehr
wenig für eine Stadt wie Palma. Das noch freie Bauland befindet vor
allem im Norden der Stadt, bei Son Vida, Son Xigala. Kleinere
Flächen sind darüber hinaus in El Molinar oder bei Son Ferriol
vorhanden. Insgesamt könnten so rund 30.000 Wohnungen
entstehen.
MM: Braucht man so viele neue Wohnungen angesichts eines
Leerstandes von rund 44.000 Wohnungen in Palma?
De Santos: Die Neubauten verkaufen sich alle. Die Nachfrage
besteht, das ist ganz klar.
MM: Bedeutet dies, dass die Bevölkerungszahl weiter steigt?
Auf der Internetseite des Rathauses wird sie mit 379.898 Einwohnern
(Stand 1. Januar 2004) angegeben.
De Santos: Ja, die im Territorialplan zugrunde gelegten Erwartungen
sehen für Palma weiteres Wachstum vor.
MM: Mit wie vielen Einwohnern rechnen sie in 2015?
De Santos: Wenn man bedenkt, dass sich die Bevölkerungszahl in den
vergangenen zehn Jahren verdoppelt hat, dürfte ich mit einer halben
Million Einwohner nicht falsch liegen.
MM: Bremsen oder fördern Sie mit Ihrer Städtebaupolitik die
Zunahme der Bevölkerung?
De Santos: Weder noch. Die Einwanderung und die demographische
Entwicklung kann eine Verwaltung nicht bestimmen, und ein Rathaus
noch viel weniger. Es kann die Zuwanderungspolitik nur begleiten.
Die Kompetenzen in Sachen Migration liegen beim Staat. Die
Menschen, die kommen, um hier zu leben, fragen an der Pforte des
Rathauses nicht nach.
MM: Kann eine Stadt wie Palma eine halbe Million Einwohner
verkraften?
De Santos: Ich hoffe doch, ja. Unsere Infrastrukturen wie
Krankenhäuser, Schulen, Gesundheitszentren, Bibliotheken sind
ausgelegt für unsere Bevölkerung und deren Wachstum in den
einzelnen Stadtvierteln. Derzeit hinken wir mit der Versorgung
hinterher. Die Zunahme der Bevölkerung war in den vergangenen
Jahren vielleicht übertrieben. Aber die Stadtverwaltung hätte
schwerlich etwas anderes machen können.
MM: Was wollen Sie gegen die Unterversorgung mit
Infrastruktur machen?
De Santos: Wir fordern eine Anerkennung Palmas als Kapitale, nach
dem sogenannten Gesetz der „capitalidad”. Palma hält mit seinen
Kliniken, der Universität, den Regierungs–, Verwaltungs, Handels–
und Industrieeinrichtungen sowie dem Flug– und Seehafen
Dienstleistungen bereit, die nicht nur den Bürgern der Stadt,
sondern weit mehr Menschen zugute kommen. Daher benötigen wir mehr
finanzielle Ausgleichszahlungen und Fördermittel vom Staat.
MM: Stichwort Hafen, auch hier sind diverse Pläne präsentiert
worden. Die Kompetenzen liegen indessen bei der Hafenbehörde. Wie
sehen Sie die Entwicklung?
De Santos: Die Alte Mole wird nicht mehr einzig dem reinen
Hafenbetrieb zur Verfügung stehen, sondern stärker in das
städtische Leben eingebunden werden. Freizeit und Sporthafen in
einem, etwa so wie in Puerto Portals.
MM: Was passiert mit dem Paseo Marítimo?
De Santos: Auch er wird sich wandeln, hin zu einer
fußgängerfreundlichen Flaniermeile, mit weniger Verkehr. Die
Fahrbahnen werden mit Sicherheit in Tunnel tiefer gelegt; wenn
nicht auf ganzer Länge, so doch in Abschnitten. Ganz ähnlich wie in
Barcelona. In zehn Jahren sind diese Pläne Wirklichkeit.
MM: Wagen Sie eine zusammenfassende Prognose: Wie wird die
Stadt 2015 aussehen?
De Santos: In zehn Jahren ist Palma eine viel stärker dem Meer
zugewandte Stadt, mit einer attraktiven Seefront und einer
gewandelten Playa de Palma. Die Stadt wird über bessere
Infrastrukturen und moderne Transportmittel wie der Metro verfügen.
Und Palma wird eine begrünte Stadt sein mit viel mehr Parks.
Ungeachtet aller Modernisierung: Die Altstadt bleibt Altstadt. Wir
haben bei den Vereinten Nationen beantragt, das historische Zentrum
zum Weltkulturerbe der Menschenheit zu erklären.
Mit Javier Rodrígo de Santos sprach Alexander Sepasgosarian.
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