Am Ortseingang begrüßt das Hinterlandnest Calvià den Besucher
mit einer Tankstelle, der Dorfkneipe und dem Rathaus. Aber nicht
irgendeinem Rathaus. Es musste schon eine Nummer größer sein, ein
kantiger Block Beton, der so gar nicht in die sanfte
Hügellandschaft passen mag. Immerhin liegt die Gemeinde mit ihren
fast 45.000 Einwohnern im balearischen Bevölkerungsranking hinter
der Regionalhauptstadt Palma auf Rang zwei. Da darf man ruhig ein
wenig klotzen.
Doch der Schein trügt, die öffentliche Verwaltung sitzt auf
Schulden in Höhe von etwa 120 Millionen Euro. Und das, obwohl die
lokalen Abgaben und Steuern höchstes Niveau erreichen. Scheinbar
bester Gesundheit erfreuen sich die Bankkonten der Bürger.
Eine Studie der Sparkasse La Caixa setzte die Tourismusgemeinde
landesweit beim Pro-Kopf-Einkommen jüngst an die Spitze: Die zu
passierende Hürde, im Jahr mindestens 13.500 Euro zu verdienen,
nahmen die Calvianer mit links. Die Arbeitslosenquote liegt mit
vier Prozent deutlich unter dem spanienweiten Mittel, und auf ein
Auto kommen statistisch gesehen 1'2 Einwohner.
Stolze 72 Bankfililialen buhlen inzwischen um den Wohlstand der
Bevölkerung, 20 mehr als noch vor sieben Jahren. Der Studie ist
aber nicht zu entnehmen, welches Schicksal Oktober für Oktober die
zahllosen Saisonarbeiter ereilt. Für sie, die an vorderster Front
für das vom Tourismus abhängige Bruttoinlandsprodukt der Gemeinde
arbeiten, stehen die Chancen bis zum folgenden Frühjahr
schlecht.
Calvià – das sind 145 Quadratmeter Land zwischen Cas Català im
Osten und Peguera im Westen. Im Norden umfasst es noch weitgehend
unberührte Hügel und Täler der Tramuntana, im Süden streichelt
türkisblaues Wasser das Cap de Cala Figuera. Im Yachthafen von
Portals Nous trifft die Münchner Maximilianstraße auf die
Düsseldorfer Kö: schnittige Boote neben noch schnittigeren
Edelkarossen. Man stellt sich nur noch die Frage, was denn nun
teuerer gewesen sein mag.
Das ist die eine Seite von Calvià. Den Neuankömmling in Santa
Ponça erwartet die andere Wirklichkeit: einfallslose Betonbauten,
so weit das Auge reicht. Hier verbringt der Urlauber die schönsten
Wochen im Jahr nicht selten in einer 15 Quadratmeter kleinen
Touristenzelle. Auch das ist Calvià, ein Synonym für Bausünden
übelster Art.
Bis Anfang der 60er Jahre schlummerten Calvià und Capdellà noch
weitgehend ahnunglos einer bewegten Zukunft entgegen. Die Gemeinde
zählte knapp 2500 Einwohner, verteilt fast ausnahmslos auf die
beiden Hinterlanddörfer. Mangels Arbeit verließen viele die Insel
in Richtung Nordeuropa und Südamerika. Dann setzte der
Massentourismus ein und schuf zur Beherbergung des hellhäutigen
Ausländers Trabantensiedlungen an der Küste. Es entstanden Santa
Ponça, Peguera, Palmanova und im Verlauf der folgenden 30 Jahre 15
weitere Küstensiedlungen. Calvià wuchs über sich selbst hinaus,
ohne Rücksicht auf Verluste.
Anfang der 80-er Jahre begann die unkontrollierte Entwicklung
und die fehlende Zukunftsplanung ihre negativen Folgen zu zeigen.
Zunehmende Vermassung und das Fehlen eines attraktiven und
innovativen Angebots, um Besucher anzusprechen, die etwas mehr
suchten als Strand und Sonne, führten zu einem Stillstand bei der
Nachfrage. Calvià war plötzlich out. Den Gemeindevorstehern war
klar: so kann es nicht weitergehen, schließlich stammen 95 Prozent
der Gesamteinnahmen direkt oder indirekt aus der
Tourismusindustrie.
Nach Jahren des Nachdenkens begann man in Calvià 1995 mit der
Ausarbeitung eines integralen und langfristigen Strategieplans, mit
dem unter Berücksichtigung des Umweltfaktors eine Neuorientierung
in der Entwicklung des Fremdenverkehrs und Stadtplanung angestrebt
wurde. Außerdem sollte die Verwaltung bürgernäher und transparenter
werden. Die selbst verordnete Frischzellenkur bekam den Namen
Agenda 21 und fand auf der Insel schnell Nachahmer. Tatsächlich
stellte sich bald eine kontinuierliche Besserung des einst
totkranken Patienten Calvià ein. Überflüssige Hotels wurden
gesprengt, die Strände erhielten Rettungswacht sowie sanitäre
Einrichtmassung und das Fehlen eines attraktiven und innovativen
Angebots, um Besucher anzusprechen, die etwas mehr suchten als
Strand und Sonne, führten zu einem Stillstand bei der Nachfrage.
Calvià war plötzlich out. Den Gemeindevorstehern war klar: so kann
es nicht weitergehen, schließlich stammen 95 Prozent der
Gesamteinnahmen direkt oder indirekt aus der
Tourismusindustrie.
Nach Jahren des Nachdenkens begann man in Calvià 1995 mit der
Ausarb
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.