Völlig überraschend ist am Donnerstagvormittag Juan Carlos Alía
zurückgetreten, der Direktor des balearischen Fremdenverkehrsamtes
Ibatur. Er zog damit die Konsequenzen aus dem Bericht einer
Tageszeitung, mit dem publik gemacht wurde, dass der Touristiker
sieben Eintrittskarten für das Erotik-Theater „Rasputin” in Moskau
über sein Spesenkonto abgerechnet hat. Es geht um eine Summe von
umgerechnet 129 Euro. Der Besuch ereignete sich am 25. Februar
2004, als Alía mit einer balearischen Delegation unter Leitung von
Ministerpräsident Jaume Matas und Tourismusminister Joan Flaquer
(beide PP) zu einer Promotion-Veranstaltung in die russische
Hauptstadt reiste.
Dem Bericht zufolge handelt es sich bei „Rasputin” um ein
Bordell. Alía erklärte bei seinem Rücktritt, in seiner Freizeit mit
ein paar Freunden einen Drink genommen zu haben, den Ort hätten
ihre russischen Gastgeber ausgesucht. Wer ihn dabei begleitete,
wolle er nicht sagen: „Ich bitte Sie, mein Privatleben und das
meiner Freunde zu respektieren.” Er könne aber garantieren, dass
weder Matas noch Flaquer dabei waren.
Alía erklärte seinen Fehler damit, dass er wegen der bei einer
so großen Reise üblichen Menge von Belegen die fraglichen Papiere
übersehen hätte, zumal sie in russischer Sprache, das heißt also
mit kyrillischen Schriftzeichen, abgefasst sind. Er habe noch eine
weitere Rechnung über 240 Euro entdeckt, die auch irrtümlich
abgerechnet worden sei. Die insgesamt 369 Euro hat er
zurückerstattet.
Gegenüber MM ergänzte ein sichtlich frustrierter Alía,
dass er sich nicht in die Niederungen des politischen Kampfes
begeben wolle. „Ich habe lediglich meine Arbeit gemacht, das ist
mir zu viel. Ich gehe.” Jetzt will sich der ehemalige TUI-Mann nach
einem Jahr ohne Pause erst mal Ferien gönnen.
Minister Flaquer bedauert, dass „ein solcher Fehler einen großen
Profi betrifft, der eine herausragende Arbeit geleistet hat”. Seine
Bemühungen, Alía umzustimmen, waren jedoch vergebens. In Flaquers
Lob stimmten Pere Cañellas, Präsident des mallorquinischen
Hotelverbandes FEHM, und Miquel Vicens, Präsident des
mallorquinischen Fremdenverkehrsverbandes Fomento, ein. Beide waren
sich auch einig, dass ein solcher Fehler nicht passieren dürfe. Wer
Alías Nachfolger wird, ist nach Angaben des Tourismusministeriums
noch völlig unklar.
Für den PSOE-Abgeordneten im balearischen Parlament, Antoni
Dieguez, der mit einer Anfrage vor sechs Wochen den Skandal ins
Rollen gebracht hatte, reicht der Rücktritt Aliás nicht aus. Er
fordert von der Regierung Informationen über die Zusammensetzung
der Delegation und vor allem, wer in Begleitung des Ex-Ibatur-Chefs
das „Rasputin” besucht hat. Die politischen Verantwortlichen seien
Matas und Flaquer, Alía sei lediglich derjenige, der den Papierkram
unterschrieben hätte. Er hob hervor, dass es sieben Eintrittskarten
gebe, genauso viele, wie die balearische Reisegruppe Mitglieder
hatte.
Auch wolle er die Erklärung nicht akzeptieren, dass es sich um
einen privaten Besuch gehandelt habe. „Es gibt auf offiziellen
Reisen keine privaten Besuche”, sagt er, und es sei inakzeptabel,
dass eine offizielle Delegation einen solchen Ort aufsuche, der
insbesondere für Frauen erniedrigend ist.
Abseits aller politischen Diskussionen hat die gesamte
Belegschaft des Fremdenverkehrsamtes Ibatur einen offenen Brief an
ihren ehemaligen Chef verfasst. „Lieber Juan Carlos”, heißt es
darin, „wir verstehen nicht, warum du von deinem Amt zurücktrittst.
Du hast uns teilhaben lassen an einem neuen und aufregenden Projekt
touristischer Promotion und einem Aktionsplan, der bereits
angewendet wird und an dem wir alle voller Motivation arbeiten.
Davon kannst du dich jetzt nicht bloß wegen eines einfachen
Verwaltungsfehlers trennen, der bereits behoben ist. Es ist
unverständlich, dass wir wegen 360 Euro auf dich verzichten
müssen.”
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