REINHARD ADEL
E ntgegen dem landesweiten Trend sind die Konservativen auf den
Balearen bei den Wahlen mit einem blauen Augen davongekommen. Zwar
sackte ihr Stimmenanteil von 53'8 Prozent (2000) auf 45'9 Prozent
deutlich ab. Dennoch blieb die PP um ihre Spitzenkandidatin María
Salom stärkste politische Kraft auf dem Archipel. Die Sozialisten
erfuhren in der Wählergunst einen Sprung um gut zehn Prozentpunkte
auf nunmehr 39'5 Prozent. Damit verkürzte die PSOE ihr
Stimmendefizit gegenüber der Volkspartei auf 30.000. Bei der
letzten Parlamentswahl trennten beide Großparteien noch knapp
100.000 Stimmen. Die Splitterparteien spielten auf den Balearen
eine untergeordnete Rolle.
Der große Sieger nach dem Wahlsonntag ist der frühere
Ministerpräsident Francesc Antich. Noch eine Woche vor der Wahl
hatten Umfrageergebnisse auf eine klare Niederlage des Sozialisten
hingedeutet. Unversehens Wahlhilfe erhielt Antich, der bei den
Regionalwahlen im vergangenen Mai dem jetzigen Ministerpräsidenten
Jaume Matas Platz machen musste, von den Madrider Attentätern.
Der Stimmungsumschwung bescherte dem sozialistischen
Spitzenkandidaten nicht nur das zweitbeste Ergebnis, das die PSOE
jemals auf den Balearen eingefahren hat, sondern zudem einen
vierten Abgeordneten für den Kongress. Selbst ein Ministeramt ist
für den geschassten Regionalpolitiker nicht völlig
ausgeschlossen.
Die Wähler haben am Sonntag die politische Landkarte völlig neu
gezeichnet. Für die konservative Regionalregierung unter Matas wird
das weitreichende Folgen haben. Die Zeiten, als ein Anruf bei
Parteifreunden in Madrid reichte, um Gelder für die Inseln
lockerzumachen, sind zunächst einmal vorbei. In Zukunft werden sich
die Balearen ganz hinten anstellen müssen, die Plätze in der ersten
Reihe sind mit den Landesfürsten der PSOE besetzt. An diesem in der
Politik üblichen Geplänkel wird auch die Absichtserklärung des
künftigen spanischen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez
Zapatero, „alle Regionen unabhängig ihrer politischen Couleur
gleich zu behandeln”, wenig ändern.
Tatsächlich wurde das Kriegsbeil zwischen Madrid und Palma
längst ausgegraben. Aus der Hauptstadt schoss der Sozialist Antich
am Montag öffentlich gegen die umstrittenen Verkehrsprojekte auf
Mallorca. „Die zwei Regierungen werden sich zusammensetzen und über
den Bau der geplanten Autobahnen verhandeln müssen.” Seit Monaten
laufen Sozialisten und weite Teile der Bevölkerung vor allem gegen
die geplante Trasse Inca-Manacor Sturm. Den entsprechenden
Investitionsplan, der insgesamt 241 Millionen Euro von Madrid nach
Palma pumpen soll, verabschiedete das Kabinett erst vor wenigen
Tagen. Nach Auffassung der PP besteht keine rechtliche Grundlage,
diesen zu ändern. Das Abkommen wurde vom scheidenden
Verkehrsminister Francisco Álvarez Cascos noch eilig Anfang der
Woche unterzeichnet und nach Palma gesandt.
Weiterer Zündstoff könnte sich hinter der Energiepolitik
verbergen. Der Fortschrittspakt unter Antich hatte dem
bevorstehenden Stromengpass mit einer Unterwasser-Gaspipeline zum
Festland begegnen wollen. Die im Mai 2003 an die Macht gekommene
Volkspartei übernahm diesen Vorschlag, entschied sich aber zudem
für ein potentes Stromkabel von Alicante. Nach der Wahl am Sonntag
wurden bei den Sozialisten Stimmen laut, die auf einen Verzicht der
Stomleitung drängen. Der balearische Energieminister Josep Juan
Cardona (PP) reagierte mit Verweis auf den bestehenden Energieplan
gelassen auf den Konfrontationskurs.
Ein Kurswechsel bahnt sich außerdem im Gesundheitswesen und der
Bildungspolitik an. Der balearische Ministerpräsident kündigte
wiederholt an, bei der Zentralregierung mehr Gelder für diese
Bereiche anzufordern. Ob sein Anliegen nach dem Machtwechsel in
Madrid auf offene Ohren stoßen wird, muss abgewartet werden. Auch
die Sozialisten hielten sich im Vorfeld der Wahl mit Versprechungen
nicht zurück. So wollten sie im Falle eines Siegs die
Reisezuschüsse für Residenten von 33 auf 50 Prozent anheben. An
diesem Vorhaben hielt Neu-Madrilene Antich auch am Montag noch
fest.
Das Vierteljahrhundert Demokratie in Spanien meint es mit den
Regierenden auf den Balearen nicht besonders gut. Mit wenigen
Ausnahmen gilt die Faustregel: Wer auch immer auf den Inseln das
Sagen hat, in Madrid hat die Opposition die Hosen an.
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