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Die Großeltern sind noch gegen den Erbfeind in den Krieg gezogen. Die Eltern lernten in jungen Jahren La France im Rahmen der deutsch-französischen Freundschaft per Schüleraustausch kennen. Und den Kinder steht heute ganz Europa offen. Das ist eine positive, eine gar unglaubliche Entwicklung. Wer hätte vor 15, 20 Jahren, als der Ostblock noch waffenstarrend hinter dem Eisernen Vorhang vor sich hindämmerte, gedacht, dass es einmal ein gemeinsames Projekt zwischen Schulen in Schottland, Bulgarien, Hessen und Mallorca (S.24) geben würde?

Verglichen damit, dass Mallorca nun schon seit Jahrzehnten als Lieblingsinsel der Deutschen in Ehren gehalten wird, ist die Zusammenarbeit zwischen deutschen und mallorquinischen Schulen noch recht jung. Die vermutlich erste Kooperation begann vor acht Jahren zwischen der Privatschule San Cayetano und dem Kaiser-Wilhelm-Gymnasium in Hannover. In den jüngster Zeit kamen Projekte zwischen Schulen in Marburg und Hamburg sowie Sóller und Felanitx dazu.

Das ist gut so. Aber noch herzlich wenig. Wenn so viele Deutsche hier mit ihren Kindern gerne ihre Urlaube verbringen, müsste es doch ein Leichtes sein, Interesse für ein gegenseitiges Kennenlernen auch außerhalb der Ferien zu entwickeln. Denjenigen Schülern jedenfalls, denen auf der Insel per Gastfamilie und Klassenfahrt bereits Land und Leute nahe gebracht wurden, zeigten sich hellauf begeistert.

Gleiches berichten die jungen Mallorquiner, die einmal jenseits des Horizontes blicken durften und dabei feststellten, dass die Deutschen erstens anders als ihre urlaubenden Artgenossen und zweitens auch nur Menschen sind. Es ist zu wünschen, dass noch viel mehr Insulaner die Möglichkeit erhalten, über den Tellerrand schauen zu können. Denn es gibt ungeteilte europäische Werte, die einem erst bewusst werden, wenn man in der Fremde zwischenmenschlich auf Gemeinsamkeiten trifft.

Die Nachfrage nach mehr Schüleraustausch steigt langsam – zu langsam. Dass bisher zu wenig passierte, ist vor allem ein Problem der Deutschen. Sie verstehen sich zu sehr als Exportnation, zu wenig als Kulturnation. Es gibt kaum Geld für Sprach-Institute, für auswärtige Kulturarbeit, für Städtepartnerschaften oder Schulabkommen. Wo der Staat lahmt, ist viel Eigeninitiative gefordert. Erste Schritte sind getan. Es müssen weitere folgen.