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Jahrelang hatte „Bild” auf Mallorca nur eingedroschen: Negativschlagzeilen waren die Regel, die Insel erschien als Hölle aus Sex, Crime und Suff.

Aber jetzt dies: „Warum lieben wir diese Insel? Weil man hier deutsch spricht und Deutsche liebt. Weil man in 2 1/2 Stunden im Paradies landet. Weil hier doppelt so lang und heiß die Sonne aufgeht. Weil jeder zweite Deutsche Mallorca mit ,Liebe' verbindet. Weil jeder Deutsche von einem kleinen Haus am großen Meer träumt...” Das Massenblatt überraschte seine Leser in den letzten Tagen mit einer Artikelserie von David Blieswood über das „neue Mallorca”, wie sie für die Insel positiver gar nicht sein kann. Zitate: „Zu teuer? Zu heiß? Leere Strände? Zu viele Kegelclubs? Kein Bock mehr auf Deutsche? Alles falsch. Mallorca boomt.” „Besuch Ballermann: Kein Albtraum. Eher ein Museum seiner selbst. Keine Suff-Sheriffs mehr, keine Sauforgien. Entspannt gähnende Gäste.” „Preise zum Staunen... Warum? Weil man um uns deutsche Touristen kämpft...” „Meine Füße berühren das Meer. Karibisches Gefühl. Luft und Wasser sind gleich warm. Die Brandung schäumt wie Sekt. Ich liege in den warmen Armen des Sandes. Der Blutdruck sinkt. Der Atem seufzt. Der Himmel strahlt. Die Ferien schleichen sich in den Körper. Braucht man mehr als ein Handtuch zum Glück?” „Die Hetze fällt ab wie Schuppen. Sorglosigkeit schleicht sich in die Gedanken. Du wirst zum deutschen Spanier. Leben – und leben lassen –, ganz gelassen. Das ist das neue Mallorca-Gefühl.”

In Tourismuskreisen ist die „Bild”-Serie mit großem Wohlgefallen aufgenommen worden. Ein hoher Regierungsvertreter sprach von einem „Glückstreffer für die Insel”. Genauso zufrieden wird registriert, dass die Mallorca-Berichterstattung in den deutschen Medien allgemein weniger negativ geworden ist. „Mallorca bekommt offenbar eine neue Chance”, urteilte ein Hotelier, der für die freundlichere deutsche Presse auch den Regierungswechsel in Palma und die Ankündigung einer neuen Tourismuspolitik verantwortlich macht.

Diese und die Schützenhilfe von „Bild” dürften noch mehr Deutsche bewegen, die Insel (wieder) als Urlaubsziel zu wählen. Schon jetzt sprechen die Besucherzahlen eine eindeutige Sprache: Mallorca liegt wieder vorne in der Gunst der Deutschen.

Denn: Am Flughafen Palma sind in den ersten sechs Monaten des Jahres insgesamt 2'65 Millionen Passagiere aus Alemania gezählt worden, ein Plus von fast fünf Prozent. Davon haben auch die Reiseveranstalter etwas. Nach dem katastrophalen Beginn der Saison liegen die Buchungseingänge zurzeit deutlich zweistellig im Plus.

Allerdings wird es nicht bei allen Touroperators unter dem Strich (in der Reisebranche wird per Ende Oktober abgerechnet) zu einem Mallorca-Plus reichen. Preiswert-Veranstalter Alltours aber berichtet von einer so großen Nachfrage, dass fünf Sondermaschinen nach Mallorca eingesetzt werden müssen.

Nicht alle Mallorca-Reisenden steigen in Hotels ab, doch gegenwärtig können sich die mallorquinischen Herbergsväter zumindest nicht über leere Betten beklagen. Die großen Ketten Hotetur, Sol Meliá, Iberostar, Riu und Barceló, die auf den Balearen zusammen gut 100 Hotels mit fast 28.000 Betten betreiben, rechnen bis Ende August mit fast komplett ausgebuchten Häusern.

Für die kommende Wintersaison werden wieder mehr Flugverbindungen zwischen Deutschland und Mallorca angeboten, allein Thomas Cook („powered by Condor”) erhöht die Kapazität um zwölf Prozent. Und Marktführer Air Berlin baut das Drehkreuz Mallorca (als Umsteigeverbindung zum Festland) weiter aus.

Wenn es noch Grund zur Sorge gibt, liegt das also nicht daran, dass die Gäste nicht nach Mallorca kommen. Sondern vielmehr daran, dass sie das in nie dagewesenen Mengen mit Last-Minute-Schnäppchen-Angeboten tun, die auf die Gewinne von Reiseveranstaltern, Fluggesellschaften und Hotels drücken.

Im balearischen Tourismusministerium ist man sich darüber im Klaren, dass man jetzt die Chance nutzen muss, das Mallorca-Image wieder ganz nach vorne zu bringen, denn allein über den Preis kann man mit Billig-Ländern wie Bulgarien oder der Türkei nicht mithalten.

Marketing-Experten aus dem Ministerium und den touristischen Unternehmen werden sich deshalb zusammensetzen, um Imagekampagnen für die Quellmärkte auszuarbeiten.

Dass dabei der deutsche Markt besondere Prioriät genießt, versteht sich von selbst. 2002 kamen fast 2'3 Millionen deutsche Touristen nach Mallorca, vor den Briten mit etwas mehr als zwei Millionen die größte Besuchergruppe. Außerdem hatte das Mallorca-Image in Deutschland besonders gelitten.

Aber das wird sich jetzt ja ändern. Auch dank „Bild”.