Es ist genau zehn Jahre her. Meine erste Reportage fürs
Mallorca Magazin führte mich an den „Ballermann” und in die
„Bierstraße”, zu den Kegelbrüdern und -schwestern. Es war
gleichzeitig der erste Kontakt mit diesem seltsamen Phänomen:
Tausende von Deutschen unter Palmen beim Biere vereint.
Damals betrachteten wir das Treiben schmunzelnd und mit einer
gewissen Faszination. Ob es dem Gastland gegenüber taktvoll ist,
auf offener Straße vielstimmig deutsche Bierhymnen zu schmettern,
wurde in der Redaktion schon damals kontrovers diskutiert. Aber die
Szenerie hatte etwas Braves an sich, Exzesse gab es nicht, man
trank gesittet. So nahmen die mallorquinischen Medien den
frühjährlichen und herbstlichen Aufmarsch von „los Kegel” eher
belustigt zur Kenntnis.
Aber das Blatt wendete sich. Die moderne Spaßgesellschaft
entdeckte die Alkoholmeile, Privatsender legten Titten-Filmchen
nach, die große Sause lief aus dem Ruder. Vor dem Balneario 6
warteten die Ambulanzen in Reihe auf die nächste Alkoholleiche, und
nächtens grölte man „Who the fuck is Alice?” in den Nachthimmel.
Außer den Teilnehmern und den Wirten fand das jetzt keiner mehr
lustig.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Mallorca leidet am
Ballermann-Syndrom, wie es einst am Putzfrauen-Image litt. Viele
Deutsche, vor allem jene, die die Insel nicht kennen, setzen
Mallorca gleich mit Ballermann. Und das bedeutet im Klartext:
Mallorca hat in den Augen viel zu vieler Menschen niederstes
Niveau.
Der Feten-Tourismus mag Hunderte von Arbeitsplätzen geschaffen
haben. Der Image- und letztlich auch materielle Schaden, den er
angerichtet hat, überwiegt die Vorteile jedoch bei weitem.
Man hat bei Stadt und Regierung also richtig reagiert, als man
anfing, den Sumpf trockenzulegen. Aber ein ruinierter Ruf ist nur
mühsam zu reparieren.
Beispiele: Obwohl der berühmte Sechser längst beruhigt ist,
ziert er auch in diesem Sommer die Negativ-Berichte über Mallorca.
Und Magaluf hat noch immer mit dem Hooligan-Image zu kämpfen,
obwohl die Briten-Hochburg längst ein ziemlich friedlicher
Urlaubsort ist.
Niemand hat etwas dagegen, wenn Urlauber sich amüsieren wollen.
Das geht nicht im Flüsterton, und der Alkohol gehört in unserer
Gesellschaft dazu. Aber man muss deshalb nicht alle Benimm-Regeln
vergessen.
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