Deutsche Schulen sind in Spanien Normalität – nicht jedoch auf
Mallorca. In Madrid, Barcelona, Bilbao, Valencia, Malaga/Marbella
sowie in Las Palmas und Santa Cruz auf den Kanaren werden junge
Menschen vom Kindergarten bis zum deutschen Abitur geführt, so eine
Internet-Liste der Deutschen Botschaft. Legen die Abiturienten eine
Zusatzprüfung („Selectividad”) ab, wird ihre Hochschulreife auch in
Spanien anerkannt. Dass gerade auf Mallorca, wo nach nach jüngsten
offiziellen Angaben 58.000 Deutsche leben, keine offiziell
anerkannte deutsche Vollschule existiert, ist eine Tatsache, die
nicht allein nach den Worten des deutschen Konsuls Peter-Christian
Haucke nur schwer nachvollziehbar ist.
Bei deutschsprachigen Eltern, die auf Mallorca leben und sich
nun erstmals konkrete Gedanken über die Einschulung ihrer Kinder
machen müssen, ist Stress angesagt. Denn mit den ersten sommerlich
warmen Tagen steht die Anmeldung der ABC-Schützen an. Für die
spanischen Schulen hat die Anmeldefrist am Montag begonnen. Sie
endet an diesem Freitag, 3. Mai.
Wer seine Kinder vorangig nach deutschem Bildungssystem
unterrichten lassen will, etwa weil eine Rückkehr nach Deutschland
in ein paar Jahren nicht ausgeschlossen wird, dem bleibt einzig die
private Academia Alemana Ca'n Hasso in Magaluf. Oder soll es doch
eine spanische Schule sein? Dort werden die Kinder mit zwei
Fremdsprachen – Castellano und Catalán – gleichzeitig konfrontiert.
Wird der Nachwuchs in eine der so genannten internationalen Schulen
gesteckt, erfolgt der Unterricht vorangig auf Englisch (oder
Französich oder Schwedisch). Dann kommen Spanisch und Catalán, erst
dann gibt es Deutsch als Unterrichtsfach. Deutsch-Stunden, in denen
Rechtschreibung und Grammatik speziell für Muttersprachler
angeboten werden, sind jedoch selten.
Zur Frage der Schulwahl kommen Bedenken, mit denen sich Eltern
auf der ganzen Welt herumplagen müssen. Die Fragen gleichen sich:
Wird mein Kind auf der Wunsch-Schule überhaupt einen Platz
erhalten? Wird es sich wohlfühlen und etwas lernen? Wie werden wir
den Alltag mit frühem Aufstehen, Schulweg, Abholen und Hausaufgaben
bewältigen? Und wie stopfen wir die Löcher, die das Schulgeld in
die Haushaltskasse reißt? Die Schulwahl ist – je nach
Familienzusammensetzung, individuellen Zukunftplänen und
wirtschaftlichen Zwängen – manchmal eine Schulqual.
Anders als in den Vorjahren hat das neue Eurocampus-Projekt die
Schulfrage auf Mallorca – für deutschsprachige Residenten ohnehin
kompliziert – um eine weitere Facette bereichert: Ende März war der
neue Deutsch-Spanische Schulverein erstmals an die Öffentlichkeit
getreten, um für das künftige Vorhaben und die Errichtung einer
deutschsprachigen Grundschule in Arenal zu werben (MM 12/2002). Im
Beisein der (Honorar–)Konsuln von Deutschland, Frankreich und
Schweden präsentierte die Initiatorin des Schulvereins, Gabriele
Fritsch, das Projekt, das bereits im September starten soll – falls
sich bis Freitag, 26. April, genügend Eltern zum Mitmachen
bereitfinden. „Ich bin sehr zuversichtlich”, so Fritsch. Notwendig
für einen Schulstart mit allen vier Klassenstufen sei eine
Mindestanzahl von 29 Kindern. Soll die Schule zunächst nur mit der
1. und 2. Klasse beginnen, sind 15 Kinder notwendig. Die monatliche
Schulgeldrate beträgt neben der Einschreibegebühr, dem
Mitgliedsbeitrag und der Kaution 240'40 Euro.
Triebkraft hinter dem Projekt sind neben Fritsch die
Französische und die Schwedische Schule in Palma. Beide
Lehranstalten machen sich für einen Eurocampus stark, auf dem die
Schüler nach den landesüblichen Bildungssystemen jeweils in ihrer
Muttersprache unterrichtet werden. Das Schulgelände, die Fachräume
und Sportanlagen sowie der Fremdsprachenunterricht werden geteilt,
dadurch Kosten gesenkt, so die Befürworter. Das internationale
kulturelle Umfeld solle das Denken und Lernen der jungen Menschen
befruchten und sie für Europa öffnen. In frühestens zehn Jahren, so
hoffen die Initiatoren, können deutsche Schüler dort ihr Abitur
abslovieren.
Den deutschen Zweig am Eurocampus will das Collège Français in
Palma gemäß der politischen Vorgaben aus Paris im Sinne der
deutsch-französischen Partnerschaft installieren. Diesen künftigen
Bereich soll die Lehranstalt des Deutsch-Spanischen Schulvereins
mit Leben füllen. Aus rechtlichen Gründen, so die Franzosen, darf
die Zusammenarbeit nur mit einem gemeinnützig organisierten Verein
– nicht jedoch mit einem privatwirtschaftlichem Unternehmen
erfolgen. Wo der Eurocampus entstehen soll, ist allerdings noch
unklar. Gleichwohl, versichert die Collège-Direktorin, werde der
Bau bis 2006 Wirklichkeit sein.
Die Academia Alemana Ca'n Hasso in Magaluf hat ihre
Anlaufschwierigkeiten längst hinter sich gelassen. 1998 begann die
Schule mit elf Adepten in den vier Grundschulstufen. Seitdem ist
die Einrichtung kontinuierlich gewachsen. Im Herbst wird erstmals
eine achte Klassenstufe eingerichtet. Nach Physik und Chemie im
Vorjahr steht erstmals auch Französisch auf dem Lehrplan.
Der Schirmherr und Namensgeber der Schule, Mallorcas
Mietwagen-Millionär Hasso Schützendorf, der hin und wieder mit
seinen skurrilen Brautwerbungen für Schlagzeilen sorgt, hat der
Lehranstalt seit ihrem Bestehen mit über 100.000 Euro in Form von
Stipendien und Sachleistungen wie Mobiliar und Computer unter die
Arme gegriffen. „Wir haben in den ersten beiden Jahren nach der
Gründung rote Zahlen geschrieben, aber mittlerweile trägt sich die
Schule von alleine”, sagt ihr Leiter, Frank Bauchrowitz. Gemeinsam
mit seiner Frau Britta, einer examinierten Grundschullehrerin,
hatte der Hamburger Kaufmann die Einrichtung ins Leben gerufen.
Für das kommende Schuljahr rechnet Bauchrowitz mit insgesamt 80
Schülern. Dabei werden die beiden Räume für die 3. und 4. sowie für
die 5. und 6. Klasse mit jeweils 24 Schülern restlos ausgebucht
sein. Ähnlich sehe es für die 1. und 2. Klasse aus, wo maximal 18
Schüler angenommen werden. Das monatliche Schulgeld für einen
Grundschüler beträgt 360 Euro.
Ca'n Hasso orientiert sich an den Lehrplänen von
Schleswig-Holstein und kann eine Bestätigung der deutschen
Kultusministerkonferenz (KMK) vorlegen, die der Schule im Jahre
2000 nach eingehender Prüfung bescheinigte, dass der geleistete
Unterricht dem an innerdeutschen Schulen gleichwertig ist.
Allerdings kann die Schule nicht eigenständig Abschlusszeugnisse
erteilen. Sollte die künftige Achtklässlerin in drei Jahren die
Realschulreife ablegen wollen, muss sie beim Oberschulamt in Kiel
zur Prüfung antreten „Wir bereiten in so einem Fall vor und
begleiten zur Prüfung”, so Bauchrowitz. Für die nachrückenden
Klassen will der Schulleiter allerdings erreichen, dass die
Schulbeamten die externe Prüfung auf Mallorca abnehmen.
Die Zukunft der Academia Alemana sieht Bauchrowitz positiv. „Wir
wissen, was wir können und dass wir gute Arbeit leisten. Wir haben
ein hohes Niveau, bei uns bekommt niemand seine Noten geschenkt.”
Nicht nur als Leiter, sondern auch als Familienvater sei ihm guter
Unterricht ein Anliegen. „Zwei der elf Kinder, mit denen wir 1998
begannen, sind unsere eigenen. Da haben wir ein doppeltes Interesse
an guter Schulbildung.”
Eine weitere Schule, die eine Reihe von deutschprachigen
Residenten für sich interessieren konnte, ist die spanische
Privatschule SCAL in Magaluf. Von den 300 Schülern sind 80
Ausländer, davon knapp 70 deutschprachige. Das hat für
Neuankömmlinge aus Deutschland Vor– und Nachteile, so die
Vizepräsidentin der Elternvereinigung Theresa Strasser. „Jemand,
der noch gar kein Spanisch kann, fällt hier nicht so ins kalte
Wasser, kann sich zumindest mit den anderen Kindern verständigen.
Andererseits dauert es etwa ein Jahr, bis so ein Schüler im
Spanischen voll drin ist.”
Die Besonderheit der SCAL: Die Schule ist 1989 von einem
spanischen Lehrerkollektiv gegründet worden. Da die Unterrichtenden
die Eigentümer sind, seien sie besonders engagiert, so Strasser.
Viel Wert wurde auf Sportanlagen und Freizeitmöglichkeiten gelegt.
Das Schulgelände umfasst 22.000 Quadratmeter mit Rasenflächen,
Spielanlagen und einem Schwimmbad. Zum pädagogischen Konzept gehöre
unter anderem, dass die Kinder ohne Prüfungsängste aufwachsen
sollen. Ausländer werden mit Extra-Sprachunterricht gefördert, bis
sie dem Lehrplan folgen können. Für diesen Einzelunterricht fallen
vorübergehend Stunden in Musik, Kunst oder Sport aus. Dadurch soll
den Kinder lästiger Unterricht in den Abendstunden oder am
Wochenende erspart bleiben.
Schwache Schüler der Klassen 1. bis 6. werden per
Extra-Unterricht getrimmt, bis sie im Stoff mit den Mitschülern
wieder gleichauf sind. Dieses Wiederholen („Repaso”) erfolge
kostenlos während der normalen Schulzeit. „Das hat der SCAL
ungerechtfertigerweise den Vorwurf eingebracht, sehr leicht zu
sein. Tatsache ist, dass den Schülern viel Hilfe angeboten wird,
den Unterrichtsstoff zu verinnerlichen”, sagt Strasser.
Neben Spanisch und Englisch wird in Magaluf auch Deutsch
unterrichtet. Grundschüler zahlen 223 Euro pro Monat. Seit einem
Jahr erhalten Muttersprachler eigenen Deutschunterricht. Innerhalb
der Klassen ist das Niveau jedoch reichlich unterschiedlich, weiß
die Diplom-Pädagogin Johanna Mathias. Während manche Schüler aus
Deutschland gut schreiben können, hapere es bei anderen ganz
gewaltig. Bedauerlicherweise werden die Kinder nach ihrem Alter,
nicht nach ihren Kenntnissen in Gruppen gefasst.
Nach Strassers Worten wird das an der SCAL vergebene Abitur
sowohl in Spanien wie auch in Deutschland oder Österreich
anerkannt. Die promovierte Psychologin hat drei Söhne an der
Schule.
Eltern auf Schulsuche gibt Strasser den Tipp, das in Spanien
übliche Ferienprogramm der Lehranstalten zu nutzen. Im Rahmen der
Sommer-Aktivtäten könnten sie und ihre Kinder Einblicke in die
Institutionen erhalten, sich besser ein Bild machen. Letztlich habe
jede Schule ihre Vor– und Nachteile. „Das Optimum an Schule kriegt
du nirgendwo, auch nicht in Deutschland.”
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