Viele haben geschmunzelt, als sie in der Zeitung von der
neuesten Aktion der „Loby per a la Independència” lasen: Mit dem
Spruchband „A Mallorca, festes mallorquines” (Auf Mallorca
mallorquinische Feste) protestierten etwa 50 Nationalisten gegen
die finanzielle Unterstützung der andalusischen „Feria de Abril” in
Inca durch die dortige Gemeindeverwaltung.
Zum Schmunzeln ist jedoch kein Anlass. Denn die Nationalisten,
die „Mallorca über alles” auf ihre Fahnen geschrieben haben,
genießen in der Bevölkerung viel Sympathie. Mallorca ist für viele
Mallorquiner nun mal der Nabel der Welt; vor allem für die
Landbevölkerung, deren Globus sich auf das eigene Dorf beschränkt
und für die Reisen nach Palma nach wie vor fast schon Weltreisen
sind.
Aber auch immer mehr Städter, vor allem junge Leute, engagieren
sich für die mallorquinische Sache, wie sie sie verstehen: für ein
Mallorca, das – im lockeren Verbund mit den „Països Catalans”, den
katalanischen Regionen auf der iberischen Halbinsel – unabhängig
von Madrid und vor allem ohne die ungeliebte kastilische Sprache
blühen und gedeihen soll.
Man darf diese Bewegung nicht unterschätzen. Nicht nur, weil
sich eine der Parteien in der Balearen-Regierung, die
nationalistische PSM, für das „Mallorca über alles” in der
Gesellschaft und die ausschließliche Nutzung der katalanischen
Sprache (mit ih-rem Dialekt Mallorqín) stark macht.
Auch die Chefin der Inselregierung, María Antonia Munar, die
sich „Präsidentin Mallorcas” zu nennen pflegt, sympathisiert mit
der Unabhängigkeitsbewegung; sogar die Autorität der
Balearen-Regierung erkennt sie nur ungern an.
Nationalismus jedoch, und sei er noch so gut gemeint, führt
stets in die Irre. Bleiben wir beim geschilderten Fall: Die Hälfte
der Mallorquiner stammt vom Festland, sie haben ihre eigene Kultur
mitgebracht. Warum sollten sie auf ihre alten Feste verzichten?
Ein Stadtrat aus Inca gab die richtige Antwort: „Gewiss müssen
wir die mallorquinische Kultur fördern. Aber bei uns in Inca leben
mehrere Kulturen zusammen.”
Das eben ist es, was auch Mallorcas Reiz ausmacht: Die Insel ist
ein Schmelztiegel von Menschen und Kulturen aus aller Welt. Dieses
Geschenk weist die Mehrheit der Mallorquiner zum Glück nicht
zurück.
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