Wirklich, ich liebe Weihnachten. Mit gebratener Gans und süßen
Spekulatius, mit Baum und Engeln, mit all dem Flitterkram und den
(meist) nutzlosen Geschenken.
Ich mag die ganze Sentimentalität und Nostalgie, die
Kinderträume, auch und gerade die unerfüllten. Ich bin versöhnlich
gestimmt und liebe (beinahe) auch meine Feinde. Ich will es schön
machen, anderen und mir, denn ich möchte es schön haben. Eben weil
Weihnachten ist. Und eigentlich möchte ich jedes Jahre jene
bekehren, die auf Weihnachten schimpfen, die von Konsumterror,
Heuchelei und aufgesetzten Gefühlen reden. Und ich mag
weihnachtliche Musik, von Bachs Weihnachtsoratorium bis zu Händels
Messias, ich mag in dieser Zeit Kinderchöre und selbst Helmut Lotti
rührt mich noch, wenn er „Stille Nacht, Heilige Nacht” singt. Ab
dem 28. Dezember bin ich dann wieder etwas qualitätsbewusster.
Nur manchmal wird sogar ein Weihnachtsmensch wie ich leicht
ungeduldig. Dann nämlich, wenn die Musik–Berieselung zum
Dauerzustand wird. Wenn mich krähende Kinderstimmen aus
minderwertigen Lautsprechern foltern, wenn die „Stille Nacht” mich
bis in die Toilette des Kaufhauses verfolgt, wenn eben dort die
viel zitierten „Jingle Bells” noch von der Klospülung untermalt
werden.
Die „Kinderlein”, die da kommen sollen, erscheinen auch bei
wiederholten Aufrufen nicht in der Umkleidekabine des Jeansladens,
und an der Fischtheke des Supermarktes rühren mich los „Peces en el
río” nur wenig. Und klingen die Glocken nie süßer als beim Warten
an der roten Ampel?
Je gehobener das Etablissement, desto barocker die Musik. Gerade
zu Weihnachten. Das haben Vivaldi, Corelli oder Albinoni wirklich
nicht verdient. Und ist ein Restaurant erst einmal mit lässig
hingestreuten Früchten dekoriert, werden gerne komplette Choräle
aufgefahren.
„Still, still, still – weil's Kindlein schlafen will” – heißt
ein Weihnachtslied. Man sollte einfach mehr auf die Texte
hören.
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