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Am Ausbau-Ende der Autobahn nach Llucmajor immer der Nase nach. Da geht's nach Can Set. Wenige hundert Meter hinter S'Arenal liegt das im wahrsten Sinne des Wortes anrüchigste Zeichen mallorqinischer Müll-Sünden. Giftige Dämpfe quellen aus 125.000 Kubikmetern Bauschutt, die sich in dem ehemaligen Steinbruch 47 Meter hoch türmen.

Seit Jahren prangern Anwohner und der Naturschutzbund GOB die gesundheitsgefährdende Umweltverschmutzung an, jetzt scheint endlich eine Lösung in Sicht. „In spätesten sechs Monaten sind die Brände gelöscht”, versprach die balearische Umweltministerin Margalida Rosselló kürzlich den Anwohnern.

Höchste Zeit, denn zu lange ist nichts passiert. Weil Geld und Fachleute bei den Behörden fehlten, die bestehende Gesetze durchgesetzt hätten. Anzeigen und Proteste fruchteten auch deshalb nicht, weil es keine wirkliche Alternative zur Entsorgung des Schutts in den Gruben hinter S'Arenal gab.

Den Bürgern blieb die Wahl, sich mit dem Gestank zu arrangieren und mit geschlossenen Fenstern zu leben oder wegzuziehen. Viele haben die zweite Möglichkeit gewählt. Wie Rudy Welches. Fünf Monate lang hat er 500 Meter von Can Set gewohnt. „Ein ekelhafter Gestank, die Gase haben bei mir zu ständigen Kopfschmerzen geführt hat”, berichtet er. Besonders schlimm sei es nach Regenfällen gewesen. Der Zusammenhang zwischen Kopfschmerz und Deponiebrand ist für Welches klar: „Zwei Tage nach dem Umzug waren die Kopfschmerzen weg.”

Die Gegend zwischen Autobahn und Gemeindegrenze Llucmajor bezeichnet Miquel Colom, Leiter der Abteilung für Müll und Umweltverschmutzung im balearischen Umweltministerium, als „eine Art Bermuda-Dreieck”. Mehr als 120 Flächen, darunter auch sehr kleine, hat das baskische Spezialunternehmen für Ingenieur- und Umwelttechnik, IDOM, seit dem Frühjahr im Auftrag der Balearenregierung katalogisiert. Proben wurden gezogen und analysiert, Vorschläge für die Sanierung sind in Arbeit. „Wir streben eine Lösung für den gesamten Bereich an”, sagt Colom.

Mit Bewertungen der Analysen von Can Set ist der Mann von der Regierung zurückhaltend: „Natürlich ist der Qualm nicht gesund. Aber niemand fällt davon in zwei Tagen tot um. Langfristig gibt es sicher Lagerstätten, die viel gefährlicher sind als Can Set.” Die Kippe sei „nur das auffälligste Beispiel, weil sie brennt und stinkt.”

Deshalb wurde entschieden, die Sanierung von Can Set als erstes in Angriff zu nehmen. Wie die jüngsten Untersuchungen ergeben haben, schwelen die Brände zwischen zwei und 27 Meter Tiefe. „Die ersten 20 Meter sind relativ sauber, da liegt nur Bauschutt, so wie es sein sollte”, erklärt Colom. Die Brandherde mit Wasser zu löschen, sei nicht möglich, sagen die Techniker von IDOM. Vor allem die Plastikreste würde in großer Tiefe weiterkokeln.

Praktikabel wäre es, den Berg mit einem Spezialschaum abzudichten. „Aber auch der enthält belastende Stoffe, die ausgewaschen werden, durch den Marésstein am Boden sickern könnten und das Grundwasser belasten”, erklärt Colom. Die 125.000 Kubikmeter einfach abzutragen, es wäre teuer und würde die Umwelt zusätzlich belasten. „Wir hätten lange einen Zustand, der noch schlimmer ist.”

Vorgeschlagen haben Experten, die Kippe kontrolliert abzubrennen. Zunächst wird der Berg rundum abgedichtet, dann werden Löcher gebohrt, die entstandene Gase abziehen lassen und den Müll belüften. Über aufgesetzte Schornsteine können Gase und Qualm gefiltern werden, damit sie die Umwelt nicht verunreinigen. Ein mobiles Labor zur Analyse der Luftbelastung ist bereits eingetroffen. Es wird in der Nähe installiert. Nach Abschluss der Arbeiten ist geplant, die Oberfläche mit Sand aufzufüllen und zu renaturieren.

Bleibt die Frage, wer die Arbeiten erledigt und anschließend die Zeche zahlt. Verantwortlich für den Müllberg ist Astracoma, der Verband der Bauschutt-Entsorger. Er hat mit dem Besitzer Can Set, „Transports i serveis de gruas S'Aranjassa S.L.”, einen Vertrag über die Verfüllung des ehemaligen Steinbruchs geschlossen. Die Sanierung kostet nach Berechnungen der Umwelttechniker von Idom rund 100 Millionen Pesetas, umgerechnet rund 1'2 Millionen Mark. „Wenn Astracoma das selbst macht, wird es billiger, weil sie über eigene Maschinen verfügen”, sagt Miquel Colom.

Allerdings zeigt Astracoma bislang wenig Bereitschaft, die Löscharbeiten anzugehen. Noch kürzlich bestritten die Transporteure, dass es überhaupt Brände in Can Set gebe. Trotz mehrere Anfragen war Astracoma nicht bereit, gegenüber MM eine Stellungnahme in Sachen Can Set abzugeben.

Seit im Februar 2000 verschärfte Recycling-Richtlinien gelten, liegen die Transporteure im Clinch mit der Regierung. Der Streit gipfelte Anfang diesen Jahres in der Schließung von Can Set und wochenlangen Demonstrationen der Astracoma-Laster vor dem Regierungssitz. Doch auf ein langes juristisches Geplänkel wolle sich das Umweltministerium nicht einlassen, versichert Miquel Colom. „Wenn sie nicht löschen, machen wir es stellvertretend und schicken Astracoma die Rechnung. Und das wird jetzt bald passieren.”