Auf Mallorca ist Rudolf Scharping noch nicht gestürzt. Zumindest
wurde nicht bekannt, dass der Verteidigungsminister sich bei einem
seiner häufigen Inseltrips mit dem geliebten Drahtesel langgelegt
hätte. Nun könnte es sein, dass Scharping nicht auf, sondern über
Mallorca stürzt. Die „Mallorca-Flugaffäre” beschäftigte in den
letzten Tagen Deutschland. Bis zum MM-Redaktionsschluss am
Donnerstagabend war Scharping mehreren Rücktrittsforderungen nicht
nachgekommen. Obwohl er Rückendeckung von seinen SPD-Kollegen
bekam, ist unklar, wie lange der 53-Jährige sich im Amt halten
kann.
Der Mallorca-Urlaub von Scharping mit seiner Lebensgefährtin
Kristina Gräfin Pilati hatte zunächst für Diskussionen gesorgt,
weil sich das verliebte Paar für die „Bunte” turtelnd am Pool der
Agro-Finca Son Bernadinet fotografieren ließ. Die Geschichte
erschien, als gerade alle über den Mazedonien-Einsatz der
Bundeswehr redeten. Nicht gerade der optimale Zeitpunkt.
Schon wegen der Fotos kamen erste Rücktrittsforderungen auf. Als
dann bekannt wurde, dass der Bundesverteidigungsminister am
vorletzten Mittwoch (29. August) nach der Sondersitzung des
Bundestages zum Mazedonien-Einsatz mit der Flugbereitschaft nach
Mallorca jettete, nur um eine Nacht mit seiner Kristina zu
verbringen, war für viele das Fass übergelaufen. Immerhin stand am
nächsten Tag ein Truppenbesuch des Ministers in Mazedonien auf dem
Programm (nach dem er wieder auf seine Lieblingsinsel flog).
Scharping konterte: Er wäre nicht mit der Flugbereitschaft
geflogen, wenn nicht Innenminister Schily und Verkehrsminister
Bodewig auch zurück in den Urlaub gewollt hätten. Schily setzte man
in Italien ab, Bodewig hatte auch Mallorca als Ziel. Möglicherweise
bringt die Sitzung des Verteidigungausschusses Licht in die Affäre.
Das Verteidigungsministerium: „Alle Flüge orientieren sich an den
gültigen Richtlinien zur Nutzung der Flugbereitschaft.” Insgesamt
hat Scharping seinen Mallorca-Urlaub dreimal unterbrochen, am
Samstag ist er abgereist.
Doch Scharping wird wiederkommen. Er liebt Mallorca, nicht nur
des Radelns wegen. „Die Insel ist außerordentlich schön,
landschaftlich sehr abwechslungsreich, sehr reizvoll”, schwärmte er
'98 im Gespräch mit MM. Engen Kontakt pflegt der Politiker
mit dem Team Telekom. Er besucht es stets im
Mallorca-Trainingslager. Und beweist dabei auch nicht immer
Fingerspitzengefühl. Obwohl in Deutschland gerade die Diskussion um
Verbindungen zwischen Politikern und Konzernen hochkochte,
verbrachte Scharping Anfang 2000 zwei Nächte Tür an Tür mit
Telekom-Chef Ron Sommer. Im Luxus-Hotel „Son Net” MM fragte
damals: „Hat die Telekom Scharpings Rechnung bezahlt?” Vom
Bundesverteidigungsministerium wurde bestritten, dass der Minister
sich habe einladen lassen. Allerdings: Telekom hatte das Hotel
seinerzeit komplett gebucht ...
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