Die beiden Arbeiter, die in den Trümmern des ehemaligen Hotels
Tivoli ihr Leben ließen, waren kaum bestattet, da jagte eine neue
Katastrophen-Nachricht vom Bau der balearischen Öffentlichkeit
einen weiteren Schreck in die Glieder: Am Samstag morgen, nur acht
Tage nach dem todbringenden Einsturz von Arenal, brach auf Ibiza
ein Geschäftshaus zusammen.
Auch dieses Gebäude wurde gerade saniert und umgebaut. Die
Arbeiter hatten aber mehr Glück als ihre Kollegen vom Tivoli. Sie
wollten just ihr Tagewerk beginnen, als der westliche Flügel des
Edificio Barceló in der Avenida Sant Jordi in Ibiza-Stadt vor ihren
Augen zusammenkrachte. Verletzt wurde niemand, die Bewohner
anliegender Häuser mussten evakuiert werden.
Der Vorfall von Ibiza ähnelt dem Desaster von Arenal – und wirft
ein weiteres Schlaglicht auf die gesetzlosen Zustände auf vielen
Baustellen der Inseln.
Der Bauherr hatte zwar eine Genehmigung für eine ,,Obra menor”
(kleinere Arbeit), das wären etwa Putzarbeiten. Laut Bauamt von
Ibiza war der komplette Umbau des Komplexes aber keineswegs
behördlich autorisiert. Man habe die Lizenz im Dezember 2000
beantragt und schon mal begonnen, rechtfertigte sich der
Bauherr.
Auch für das Tivoli hatte die Opposition im Stadtrat von Palma
aufgedeckt, dass der Umbau des zusammengebrochenen Seitenflügels
ohne Lizenz erfolgt war. Die Baugenehmigung habe sich auf das
Hauptgebäude bezogen. Palmas Baustadtrat Rafel Vidal (PP)
verweigert mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen weitere
Informationen.
Wie im Falle Tivoli, das dem bekannten Hotelier und ehemaligen
Palmesaner PP-Stadtrat Josep Rey Forteza gehört, ist der Bauherr
auch auf Ibiza prominent: Das Gebäude gehört der mallorquinischen
Reisebüro-Kette Viajes Barceló. Zur Barceló-Gruppe gehören auch
Hotels und andere touristische Dienstleistunsgsbetriebe.
Die Politik reagiert hektisch und empört auf den neuen Einsturz.
Balearenpräsident Francesc Antich (PSOE) und sein für
Arbeitssicherheit zuständiger Arbeitsminister Eberhard Grosske (IU)
äußerten öffentlich ihre Einschätzung, die Bauherren hätten
offensichtlich ein strafrechtlich relavantes Delikt begangen. Die
Staatsanwaltschaft nahm auch im Falle Barceló Ermittlungen auf.
,,Es muss keine Toten bei einem Unfall geben, damit eine
strafrechtliche Verantwortlichkeit vorliegt”, sagte der
Präsident.
Am Montag trommelte Antich mehrere seiner Minister,
Gewerkschafter, Bauunternehmer, Architekten und Aparejadores
(Bauleiter) zusammen.
Als Ergebnis der Gespräche verkündete die Regierung, Gewerkschaften
und Arbeitnehmer sollten Normen für Arbeitssicherheit auf dem Bau
in den Tarifverträgen verankern. Weiterhin werde so schnell wie
möglich ein ,,Bau-TÜV” gesetzlich vorgeschrieben. Die technische
Prüfung soll zunächst für alle Gebäude obligatorisch sein, die
älter sind als 25 Jahre. Später sollen Bauten alle 15 Jahre
gecheckt werden.
Noch ist jedoch völlig unklar, wie die Vorschrift im Detail
aussehen soll, welche Gebäudeteile zu untersuchen sein werden.
Fraglich ist auch, wo die qualifizierten Inspektoren herkommen
sollen, um kurzfristig Tausende von Gebäuden zu prüfen. Die
Bauämter sind schon jetzt überlastet. ,,Die Mittel müssen
beträchtlich aufgestockt werden”, so der Generaldirektor für
Architektur und Wohungsbau im Bauministerium, Jaime Carbonero.
Der Verband der balearischen Bauunternehmer begrüßte den
,,Bau-TÜV”. Gleichzeitig forderte Präsident Juan Matamalas die
Hoteliers auf, bei der Modernisierung ihrer Häuser mit der
tragenden Struktur zu beginnen.
Ein auf Sicherheitschecks für Bauten spezialisierten Architekt
sagte zu MM, Mallorcas Hoteliers lehnten tiefgreifende
Untersuchungen ihrer Gebäude ,,eher ab”. Viele wollten mögliche
Mängel nicht offenlegen.
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