Die Gemeine Goldmakrele wird im Restaurant Can Pep in Port d’Andratx wahlweise mit gedünsteter roter Paprika oder mit Gemüse kredenzt. Der Fisch steht nicht auf der Karte, weil die Betreiber ihn nicht jeden Tag erwerben können. | Ingo Thor

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Wenn in Port d’Andratx die Sonne tiefrot über dem Meer versinkt und gleichzeitig der intensiv-herbe Geschmack einer Llampuga, also einer Gemeinen Goldmakrele, den Gaumen betört, ist das ein Erlebnis, das auf Mallorca nur im Herbst genossen werden kann, also jetzt. Der stromlinienförmige Fisch mit dem leicht stechenden Blick – wissenschaftlich „Coryphaena hippurus” genannt – wird vornehmlich im Oktober aus dem Meer geholt und verspeist, und das nur in bestimmten Restaurants.

Im Can Pep im gediegenen Ferienort Port d’Andratx wird der Fisch derzeit mit roter Paprika oder anderem Gemüse serviert. Die Betreiberin Yaneth Ramírez und ihr Sohn Juan Calafell Ramírez grillen die Kreatur so meisterhaft, dass nichts von ihrem Geschmack verloren geht. Irgendwie meerhaft-unverfälschter als etwa eine zarte Goldbrasse (Dorade) mundet die Llampuga, sie vermählt den Kulinarik-Freak im Nu mit der Magie des Mittelmeers. Alsbald meint man, mit der See auf Gedeih und Verderb vereint zu sein ... Und schließt man die Augen, kann man die Kraft erahnen, die den auf fliegende Fische spezialisierten Meeresjägern innewohnt: Sechs Meter kann so eine Llampuga aus dem Wasser springen, wenn ihr Jagdtrieb bis zum letzten Flossenmuskel aktiviert ist.

„Ob wir Llampugas haben, hängt davon ab, ob die Fischer beim Fang erfolgreich waren”, weiß Wirt Juan Calafell, dessen Vater das Can Pep im damals ursprünglich-geerdeten Fischerörtchen Port d’Andratx im fernen Jahr 1962 gegründet hatte. „Aber in der Regel sind wir im Oktober gut versorgt.” Gefangen werden die mit kleinen, runden und glatten Schuppen versehenen Fische, die 60 Stundenkilometer schnell schwimmen können, entweder mit Schleppnetzen oder mit einer raffinierten Vorrichtung: Da sich die Gemeine Goldmakrele gern zwischen Booten aufhält, wird um diese ein 200 Meter langes, „Llampuguera” genanntes Netz verlegt, das mit Korkschwimmern versehen ist. Hobbyfischer fangen die Meereskreatur mit der „Fluxa”, der Schleppleine.

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Auf Mallorca sind derzeit bis zu 35 Boote auf die Llampuga-Fischerei spezialisiert, wobei der Hafen von Cala Rajada mit bis zu sieben Schiffen der wichtigste ist. An diesem Wochenende wird dort das große Llampuga-Fest gefeiert. Laut dem balearischen Ministerium für Landwirtschaft und Fischerei wurden im vergangenen Jahr knapp 100 Tonnen Goldmakrelen gefangen. Für das laufende Jahr – die Fangsaison dauert bis Ende Dezember – wird ein ähnlicher Ertrag erwartet.

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Im Hafen von Andratx legen nachmittags die Fischerboote mit allerlei gefangenen Wesen aus der Tiefe an. Foto: it

Dass nur im Herbst und Frühwinter Llampugazeit auf Mallorca ist, liegt an den Gewohnheiten dieser subtropischen Kreaturen: Wenn das Wasser noch recht warm, die Luft aber schon deutlich kühler ist und es immer wieder regnet, hält es sie wie von Zauberhand in Mittelmeergefilden, wo sie bereits im Juli laichen. Es verwundert nicht, dass die Wesen aus der Tiefe auch Gewitterfische genannt werden.

Vor allem im Norden und 
Nordosten Mallorcas werden „pescadores” dieser Tage der Gemeinen Goldmakrelen, die immer mal wieder gern als sogenannte Lotsenfische Boote begleiten, habhaft. Auch rund um andere Mittelmeerinseln wie Sizilien oder Malta sind die Tiere anzutreffen. Es ist im Übrigen aktenkundig, dass sie bereits von den Angehörigen der mythenumwobenen minoischen Kultur auf Kreta gern gefangen und heißhungrig verputzt wurden.

So gesehen vermählt man sich beim Verspeisen des unter Wasser golden schimmernden Fischs nicht nur mit dem Mittelmeer, sondern nimmt auch einen Teil der Menschheitsgeschichte irgendwie in sich auf. Wie faszinierend aber auch!