Sara Sánchez verrät das Rezept des klassischen "Dry Martini": möglichst wenig Wermut.

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Als Aperitif pur oder auf Eis, rot oder weiß, mit einem Schnitzer Zitronen- oder Orangenschale, im Longdrink oder im klassischen Martini-Cocktail, der Wermut - international auch Vermouth geschrieben - ist besonders als Drink vor dem Essen wieder schwer im Kommen.

Im Tapas-Markt San Juan im ehemaligen Schlachthof S'Escorxador ist der Wermut inzwischen ein beliebter Starter vor einer Tapas-Runde, oder die Gäste trinken ihn wie Wein zu den kleinen Tortillas, die dort angeboten werden. Insgesamt 27 Sorten hat der Stand "Tortilla y Vermouth" im Sortiment, vom "Miró" aus dem Zapfhahn über die Eigenmarke "Vermutortilleria" bis hin zu preisgekrönten Tropfen wie dem roten "Miró" des katalanischen Sternekochs Paco Pérez.

Auch in Palmas Zentrum sieht man Menschen bei Wermut und Tapas, wie beispielsweise samstags im "Llonja Café 9" nahe des Paseo del Borne, wo sich zwischen 12 und 16 Uhr "Vermouth y Música en Vivo" etabliert haben. Und sogar Gourmetkoch Santi Taura aus Lloseta hat die Witterung aufgenommen: Vor seinen Menüs serviert er neuerdings einen selbst kreierten Wermut-Cocktail, der in einem kleinen Bierglas mit Orangenschaum serviert wird und von Weitem eher an ein Altbier erinnert als an einen erfrischenden Drink vor dem Essen.

Die Erfolgsgeschichte des Bittergetränkes beruht übrigens auf einem Trick: Als der Italiener Antonio Benedetto Carpano 1786 den Wermut erfand, und dazu vor allem das Wermut-Kraut verwendete, diente der Zusatz von Kräutern ursprünglich dem Maskieren unangenehmer Aromen billiger Weine, die die Grundlage des Getränkes waren. Doch mit diesem aromatisierten Fusel haben laut Kennern die meisten Wermut-Marken, die heute verkauft werden, nichts mehr zu tun.

"Sehen Sie sich zum Beispiel den Wermut der französischen Firma Noilly Prat an. Der wird auf der Basis zweier hervorragender Weißweine aus Südfrankreich hergestellt und in Eichenfässern gelagert, sogar ein Jahr lang unter freiem Himmel", schwärmt Sara Sánchez, die im San-Juan-Markt Wermut serviert. Seine weltweite Berühmtheit habe der Wermut zunächst im Martini-Cocktail erlangt, obwohl darin der Anteil des Bitterweines im Laufe der Zeit immer mehr schwand.

Bei guten Barkeepern sei dafür vor allem der "French Extra Dry" von Noilly Prat beliebt. Ein klassischer "Dry Martini" - nicht zu verwechseln mit der italienischen Vermouth-Marke "Martini" - enthalte Gin und trockenen Wermut im Verhältnis sechs zu eins - "in jedem Falle mit möglichst wenig Wermut", erklärt Sánchez.

Zitronenzeste und eine Olive ergänzen den berühmten Cocktail, bei dem der Gin auch durch Wodka ersetzt werden kann (Wodka-Martini), und den Filmheld James Bond gerne geschüttelt, nicht gerührt bestellt. Und über den schon Winston Churchill gesagt haben soll: "Der trockenste Martini ist eine Flasche guten Gins, die mal neben einer Wermutflasche gestanden hat."

So minimalistisch wie Churchill geht man auf Mallorca indes nicht mit dem Wermut um, im Gegenteil, hier wird er - zumindest in den lieblichen Varianten - gerne pur getrunken. Das bemerkten auch einheimische Hersteller und brachten vor Kurzem die Sorte "Muntaner" auf den Markt. "Es ist eine Welle, die vor zwei, drei Jahren von Katalonien auf die Insel schwappte", erklärt Patrick Paulen.

Der Sommelier arbeitet als Weinexperte für die Bodega Tianna Negre in Binissalem, dessen Inhaber-Familie Morey auch die Firma "Antonio Nadal" gehört. Die wiederum stellt seit Jahren Kräuter-Destillate wie Túnel oder Palo her, und seit Mitte dieses Jahres auch den Wermut "Muntaner".

"Wir haben gemerkt, dass die Nachfrage steigt und konnten relativ schnell auf diesen Zug aufspringen", sagt Patrick Paulen. Das Ergebnis sind ein weißer und ein roter Wermut, die in Palma unter anderem im "Can Gourmet" in der Calle Verí verkauft werden. "Der Weiße ist etwas trockener und schmeckt gut mit Orangenschale oder als Longdrink mit Tonic", erklärt Can-Gourmet-Inhaberin Sandra Lohfink.

Zum roten Wermut passe gut etwas Zitronenschale und Eis. Gewöhnlich trinkt man beide Sorten pur als Aperitiv. Der weiße Muntaner-Wermut bestehe aus Weinen der Prensal-Blanc-Traube, der rote werde auf der Basis von Manto-Negro hergestellt, erklärt Patrick Paulen weiter.

Dass bei der Herstellung des Wermuts sogenannter aufgespriteter Wein verwendet werde, sei übrigens keinesfalls ein negatives Qualitätsmerkmal. "Das hört sich für Laien vielleicht merkwürdig an, ist aber eine gängige Methode, um beispielsweise Likörwein herzustellen." Dabei werde der Gärprozess unterbrochen, indem der Wein mit Alkohol angereichert - aufgespritet - werde. "Diese Weine sind dann entsprechend alkoholstark und haben eine Restsüße, können aber auch trocken hergestellt werden." Wichtig für den Geschmack seien letztlich die Kräuterextrakte, die für den Muntaner-Wermut eigens auf der Insel hergestellt würden.