Festivaldirektorin Sandra Lipski: "Die Basis für alles ist der menschliche Kontakt." | Patricia Lozano

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Mallorca Magazin: Für die 13. Ausgabe erhielt Evolution Mallorca mehr als 1200 Bewerbungen aus 80 Ländern. Was bedeutet das für Sie?
— Sandra Lipski: Es gibt mehr als 12.000 Festivals, die die Plattform „Film Freeway” nutzen. Von diesen Festivals sind etwa 3500 aktiv und rufen jedes Jahr zu Einsendungen auf. Dass man dann von über 1200 Menschen ausgesucht wird, die über die ganze Welt verstreut in 80 Ländern sitzen, ist natürlich toll. Wenn Leute einen Film einreichen, müssen sie auch einen kleinen Fragebogen ausfüllen. Eine Frage ist, wie sie von uns gehört haben. Und bestimmt bei jedem Dritten ist die Antwort: Mundpropaganda.

MM: Bei der Präsentation des diesjährigen Festivalprogramms sangen die Vertreter der öffentlichen Institutionen ein wahres Loblied, um nicht zu sagen ein Liebeslied auf Evolution.
— Lipski: Ich glaube, wir waren alle überrascht, dass sie so positiv und gefühlvoll gesprochen haben. Das hat schon gutgetan. Man darf aber nicht vergessen, dass die Basis für alles der menschliche Kontakt ist. Ich wurde jetzt oft auf offizielle Events eingeladen. Da kommt man ins Gespräch und es entsteht ein Respekt. Ich bin auch zu allen mallorquinischen Meetings gegangen, obwohl ich vielleicht nicht immer alles verstanden habe. Aber es war mir wichtig, zu zeigen, ich meine es ernst. Und ich glaube, das hat sich ausgezahlt. Besonders freue ich mich über die super Unterstützung durch die Fundació Mallorca Turisme.

MM:Sie haben inzwischen auch Estrella Damm und Engel & Völkers als Sponsoren gewonnen. Warum dauert es so lange, Unternehmen dieses Kalibers an Bord zu holen?
— Lipski:
Das ist wie eine Beziehung, du musst erst einmal auf ein paar Dates gehen. Ich bin ja früher ganz anders in Meetings gegangen und habe mit der Zeit gelernt, gute Pitches zu machen. Jeder Sponsor will ja auch etwas anderes angeboten haben, und ich kann nichts verkaufen, was ich nicht habe. Wir haben auch eine Kooperation mit Real Mallorcca angefangen. Das dauerte ebenfalls einige Monate, bis wir einen gemeinsamen Weg gefunden hatten. Wir machen jetzt beim RCD einen Runden Tisch mit Dokufilmern zum Thema „Kino und Sport”. Grundlage ist die Dokumentation, die Marcos Cabotà über den Club gedreht hat. Sie ist noch nicht fertig, aber im Rahmen des Runden Tisches wird der Trailer gezeigt. Und ich bin schon gespannt, weil das ja eine Nische für sich ist.

MM:Jedenfalls scheint die 13 für Sie keine Unglückszahl zu sein.
— Lipski:
Überhaupt nicht! 13 bedeutet für mich, dass die Kinderzeit vorbei ist. Wir sind jetzt ein Teenager. Teenager sind nicht immer einfach und haben auch neue Probleme, aber sie werden zu einem erwachsenen Menschen. Das Festival hat sich Jahr für Jahr stetig entwickelt, und ich glaube, die nächsten zwei Jahre sind sehr entscheidend dafür, wo wir langfristig hingehen. Deswegen haben wir dieses Jahr mit dem neuen Logo und der neuen Website auch ein anderes Auftreten. Dieses Jahr ist der Startschuss für eine neue Ära.

MM: Wohin wollen Sie denn langfristig?
— Lipski:
Ich hätte gerne, dass wir irgendwann auch bei spanischen Premieren eine Chance haben. Natürlich gehen die nach San Sebastián oder Valladolid. Diese Festivals dort gibt es seit 60 Jahren, und die Filmemacher haben gelernt, dass es ein ganz anderes Auftreten ist, wenn ihr Film dort Premiere hat. Dahin möchte ich gerne kommen, aber da muss man sich erst einmal durchboxen. Spanien ist das Land in Europa mit den meisten Filmfestivals.

MM:Immerhin gibt es am 2. November mit „Amanece en Samaná” von Rafa Cortés sogar die Weltpremiere eines spanischen Films, zu der die ganze Mannschaft anrückt, auch Luis Tosar, einer der besten spanischen Schauspieler.
— Lipski: Dazu hat der Regisseur Rafá Cortés viel beigetragen. Er lebt zwar in Madrid, ist aber Mallorquiner und wollte die Weltpremiere gerne hier machen. Am Anfang hieß es, da kommt keiner, weil sie am 5. November ihre Premiere in Madrid haben. Dann kam auf einmal eine Zusage nach der anderen rein, und jetzt werden sie alle da sein! Aber so etwas kann man nicht Monate vorher klarmachen. So etwas passiert dann einfach. Oder nehmen Sie Ruben Östlund. Im August hatte er gesagt, dass er zum Zeitpunkt der Eröffnungsgala wahrscheinlich in der Vorproduktion für seinen neuen Film und zu beschäftigt sei, um zu kommen. Jetzt schrieb er auf einmal: Sandra, ich bin da, sag mir, was ich machen soll. Er ist zweifacher Cannes-Gewinner und sitzt dort in der Jury, er müsste das nicht machen. Aber er hatte halt auch eine gute Zeit bei uns und findet es gut, dabei zu sein. Das ist doch was! Aber das sind tausend kleine Puzzleteile, die am Schluss nach unglaublich viel Arbeit, aber auch mit viel, viel Glück zusammenpassen müssen.

MM: Im vergangenen Jahr hatten Sie angekündigt, das Wort „Evolution” aus dem Namen des Festivals zu tilgen, weil es sich so weit konsolidiert habe, dass es nun Mallorca International Film Festival heißen könne. Warum dominiert ein Jahr später der Schriftzug „Evolution Mallorca” den Namen des Festivals?
— Lipski: Alles war schon mit dem neuen Namen versehen. Aber an dem Punkt, „Evolution” auszuradieren, wurde mir ganz schlecht. Ich dachte, der neue Name gehört zur Internationalisierung des Festivals und ärgerte mich immer, wenn alle vom „Evolution” sprachen. Aber ich wusste die ganz Zeit: Irgendetwas stimmt da nicht. Dann habe ich die Änderung gestoppt und den Namen behalten. Ich glaube, ich musste mich einfach dazu bekennen. Manche Dinge brauchen halt ihre Zeit.

Das Interview führte
Martin Breuninger

Tickets und Programm: 
www.evolutionfilmfestival.com