Der Stiftung Miró Mallorca stehen diesen Freitag, 14. Oktober, um 19 Uhr drei Eröffnungen ins Haus. Zum einen der Ausstellungsraum Espai Estrella im Moneo-Gebäude. Fast ein Jahr lang war er wegen Renovierungsarbeiten für den Publikumsverkehr geschlossen. Seine erneute Freigabe geht einher mit zwei Ausstellungen. „El Miró de Son Boter” heißt die eine. Der Titel sagt es: Die Schau ist ganz dem Schaffen und den Werken Mirós gewidmet, die in Son Boter entstanden sind.
1956 hatte sich Miró auf Mallorca niedergelassen. Auf dem Anwesen Son Abrines in Palmas Vorort Cala Major verwirklichte er seinen Traum eines großen Ateliers: das Taller Sert, benannt nach dem Architekten Josep Lluís Sert, der es entworfen hatte. Doch schon bald wurde ihm das Atelier zu klein. „Er begann, mit großen Formaten zu arbeiten, nicht nur auf Leinwand, sondern auch monumentale Skulpturen für den öffentlichen Raum. Dafür brauchte er entsprechende Räumlichkeiten”, erklärt die Konservatorin und Leiterin der Sammlung der Stiftung, Patricia Juncosa. 1959 erwarb der Künstler deshalb das anliegende Anwesen Son Boter aus dem 18. Jahrhundert. Dort richtete er sich sein zweites Atelier ein.
Bekanntlich hatte es Jahre gedauert, bis Miró sich im Taller Sert so ungezwungen fühlte, dass er dort arbeiten konnte. In Son Boter fühlte er sich dagegen sofort zu Hause. „Durch seine Graffiti an den Wänden verschmolz er mit dem Gebäude und verwandelte es in einen Notizblock, in den er sein eigenes Werk übertrug”, erzählt Juncosa. Entsprechend wirkte sich die Beziehung des Künstlers zu seinem neuen Atelier auf sein Schaffen aus. In Son Boter entfesselte er seine ganze Energie, seine ungestüme Seite, fand aber auch Raum für minimalistischere und gemäßigtere Facetten.
Diese Dualität in der letzten Phase des Künstlers zeigt sich in der Ausstellung. Doch das ist nicht das einzig Besondere dieser Schau. Sie ist darüber hinaus analog zu Son Boter, dem steinernen Notizblock Mirós, angelegt. An den Wänden kann man den ganzen Entstehungsprozess jedes Werkes nachvollziehen, ausgehend von der ersten Skizze oder vom Graffiti über weitere Zeichnungen oder Objekte für Skulpturen, über Modelle und Tafeln mit historischen Fotos, die das jeweilige Werk während seines Entstehens in Son Boter zeigen, bis hin zum finalen Resultat.
Immer wieder faszinierend ist dabei auch, wie Miró aus ganz gewöhnlichen Gesten und Gegenständen des Alltags seine Kunst schöpfte. Da wird ein Handabdruck zum bestimmenden Motiv auf der Leinwand, oder eine Heugabel Teil einer Bronzeskulptur. In Son Boter richtete Miró zudem seine Druckwerkstätten ein. Weshalb in der Ausstellung auch Lithografien gezeigt werden, die eine weitere Seite des Künstlers zeigen. Mithin erweist sich „El Miró de Son Boter” als eine besondere Gelegenheit, Miró und sein Schaffen einmal mehr neu zu entdecken.
„Instant i memòria” (Augenblick und Erinnerung) ist eine weitere Ausstellung überschrieben, die ebenfalls am 14. Oktober eröffnet wird. Sie zeigt Fotografien von Rif Spahni. Der Sohn eines Schweizers und einer Deutschen, der 1972 in Palma geboren wurde und zwischen Mallorca und Barcelona pendelt, wurde 2012 beauftragt, Son Boter mit seiner Kamera zu dokumentieren. Daraus ist über zehn Jahre hinweg eine Werkserie entstanden, die das Atelier als einen magischen Ort erschließen.
Die Schau beginnt mit dem Sonnenlicht, das durch den Baum vor Son Boter ins Atelier fällt. „Wenn es in diesen magischen Raum dringt, scheint es dort ein besonderes Leben zu geben”, sagt Spahni. Im Lauf seiner Arbeit richtete sich seine Aufmerksamkeit auf Dinge, die er zuvor nicht beachtet hatte, Spuren, die nicht so offensichtlich waren wie die Graffiti und Notizen an den Wänden.
Ganz besonders nahm der Fußboden in Son Boter Spahnis Blicke gefangen, vor allem die Farbflecken, die Miró beim Malen hinterließ. „Sie waren der Ausgangspunkt einer Studie, die mich in eine noch imaginärere Welt führte”, erklärt Spahni. „Denn anhand der Flecken konnte ich mir vorstellen, wie der Künstler vor der weißen Leinwand stand und die Farbe vom Pinsel auf den Boden tropfte, während er darüber nachdachte, wie er anfangen sollte, oder während er das Bild betrachtete.”
Noch kurioser war für den Fotografen: „Während einige Flecken auf den Bildern blieben, die in die bedeutendsten Museen der Welt kamen, blieben andere auf dem Boden und in Vergessenheit. Diesen Flecken wollte ich einen Protagonismus verleihen.”
Tatsächlich wirkt es, als hätten die Flecken in den Fotografien Spahnis ein eigenes Leben entwickelt. Obwohl nicht beabsichtigt, wecken sie Assoziationen zu Figuren Mirós. „Ich glaube, wenn sich die Türen von Son Boter schließen, fangen all diese Tiere an zu fliegen”, sagt Spahni mit einem Augenzwinkern. „Und ich versichere, dass ich nichts geraucht habe.” (mb)
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