Patrick John lebt in den Bergen Mallorcas. | GSP

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Irgendwo in der Serra de Traumuntana, auf einer Finca zwischen Andratx und Estellencs, hat Patrick John sein Zuhause gefunden. Nicht Fuchs und Hase sagen sich hier gute Nacht, sondern Schafe, Hühner, Gänse, Hund und Katz. Hier lebt der gebürtige Sachse zurückgezogen und fast autark, mit eigenem Grundwasser und einem Dieselmotor, der den Strom erzeugt. Und wenn er mit dem Smartphone telefonieren will, muss er erst ein paar Kilometer laufen, um Empfang zu haben.

Ein Aussteiger, wie er im Buche steht, könnte man meinen. Doch der Blick in sein Studio belehrt eines Besseren. Vier Türme aus Synthesizern und Effektgeräten ragen da in die Höhe. Und in die Breite zieht sich ein Regiepult mit zahlreichen Knöpfen und Reglern, mit einer langen und einer kurzen Klaviatur. Hier laufen die Geräte zusammen, und von hier aus werden sie mit einem Rechner angesteuert.

Das Studio ist das Reich von Semitoo. Unter diesem Namen veröffentlicht John seit 2013 House- und Dancepop-Tracks. Seine Releases heißen „Holiday”, „One Kiss”, „With You”, „We Own The Night” oder „Temporary”. Regelmäßig rangieren sie auf den oberen Plätzen der DJ- und Dance-Charts und zählen zu den Highlights von erfolgreichen Kompilationen.

Mit „Heaven” hat Semitoo am 5. April eine neue Single vorgelegt. Und das ist nicht nur wegen des eingängigen Dancepop eine Meldung wert. Denn diese Single ist bei RCA Deutschland erschienen, dem Pop-Label von Sony Music. Erst kürzlich hat der Weltkonzern den Songwriter, Produzenten und Musiker unter Vertrag genommen. Künftig muss Semitoo also möglicherweise häufiger seine geliebte Bergwelt verlassen, für Interviews, Promo-Auftritte und Live-Shows.

Ein Aussteiger steigt richtig ein, ist man versucht zu sagen. Doch das ist Quatsch. In der Abgeschiedenheit der Serra de Tramuntana könne er gut denken und kreativ sein, rückt Semitoo das Bild zurecht. Natur und elektronische Musik, das sind für ihn zwei unverzichtbare Pole: „Ich brauche diese beiden Seiten”, sagt er.

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Diese beiden Seiten fügen sich in den Musikvideos von Semitoo zusammen. Da profitiert er von seinen vielen Streifzügen über die Insel. Ob der Torrent de Pareis, das alte Waschhaus in Pina oder die leer stehende alte Weinkooperative Es Sindicat in Felanitx, die Insel bietet ihm die besten Locations.

„Ich habe immer versucht, Mallorca von seinen schönsten Seiten zu präsentieren”, sagt er. Zusammen mit seiner Freundin Britt Liebl entwickelt er die Storyboards und bereitet die Shootings vor. Und nicht selten sind es die Orte, die den Fluss der Ideen in Gang setzen, deren Ergebnisse man auf seiner Website (www.semitoo.com) streamen kann.

Seit 1997 produziert John, der 1981 in Freital bei Dresden geboren wurde, eigene Musik. Vor elf Jahren verliebte er sich in Mallorca und ließ sich auf der Insel nieder. Hier begann er 2013 als Semitoo sein neues Musikprojekt. „Ich habe verschiedene Stile ausprobiert, bis ich dann letztes Jahr im Herbst dahin gekommen bin, wo ich eigentlich hinwollte”, beschreibt er die Entwicklung vom Clubstil zum massentauglichen Dancepop. Dass das Projekt Semitoo solche Ausmaße annehmen würde, war nicht geplant. „Das hat sich einfach Stück für Stück so entwickelt.”

Mallorca hat John Glück gebracht, und auf Mallorca ist er glücklich. „Ich kann mir als Home-Base nichts anderes vorstellen”, sagt er. Sogar Mallorquín hat er gelernt. Aus einem triftigen Grund: „Integration ist für mich wichtig, sonst kann ich mich nicht zu Hause fühlen.”

(aus MM 18/2019)