Es war mehr oder weniger eine Wette: Der erfolgreiche Filmproduzent Jo Kastner wollte es seinen Töchtern und sich beweisen, dass er etwas bewegen kann. Der Mittvierziger hatte sich bis dahin vor allem mit Finanzierungen herumgeschlagen, aber weniger mit Kreativität. Sein Traum war Buch und Regie zu führen.
Die Story war schnell gefunden, es war das Lieblingsbuch seiner Kindheit: Tom Sawyer & Huckleberry Finn. "Ich wollte eine moderne Version machen. Coole Jungs, mehr Tempo", erinnert er sich an die Anfänge vor sechs Jahren. Ein Jahr brauchte er, um das Drehbuch zu schreiben, dann fing die schwierige Zeit an: Den Film zu produzieren. "Ich habe als Regisseur ja noch nie etwas gemacht, daher wusste ich, dass ich erstmal kein Geld bekommen werde", sagt er.
Der Österreicher Kastner entschied, einen Trailer zu drehen, und zwar in seiner Wahlheimat Mallorca. Er fand den in Palma arbeitenden deutschen Producer Mario Krsek, der mit ihm und einigen Schauspielern bei zum Teil abenteuerlichen Bedingungen in Esporles den Trailer drehte. Es goss in Strömen und nach dem ersten Tag war das Filmmaterial aufgrund eines technischen Defekts zerstört.
"Wir drehten die ganze Zeit unter einem Butterfly, ein drei mal drei Meter großes Zelt, das ein weiches Licht machen soll, wegen des Regens aber auch als Dach diente", erzählt Krsek. Drei Drehtage mussten nach dem Verlust in zwei gesteckt werden. "Es war der Wahnsinn, ein reines Durchpeitschen. Das letzte Bild haben wir mit dem letzten Tageslicht gedreht. Tom Saywer und Huckleberry Finn rennen in den Wald", erzählt Krsek. Alle seien am Ende durch den Wind, aber happy gewesen.
Das Mini-Budget von 5000 Euro verbraucht, aber den Trailer im Kasten, fuhr Kastner nach Los Angeles, um ihn vorzuführen. Er hatte bewusst auf Englisch gedreht. "Ich wollte an den amerikanischen und internationalen Markt. Wenn du privat finanzierst, musst du den Weltmarkt ansteuern, Deutschland ist zu klein." Seine Töchter hatten ihm eine Liste mit Teenager-Stars gemacht und tatsächlich kamen einige zum Casting. Der Kinderstar Jake T. Austin bekam eine der Hauptrollen.
Kastner bekam 1,5 Millionen Dollar zusammen, ein kleines Budget für einen Kinofilm. "In Deutschland würde so ein Film vier Millionen kosten", sagt er. Gedreht wurde in Bulgarien, das Donau-Delta hielt als Mississippi-Kulisse her. "Dort sah es noch so aus wie vor 200 Jahren."
Auch dort fiel der erste Drehtag aus: wegen der Aschewolke kam der Schauspieler Martin Semmelrogge nicht rechtzeitig an den Set. Dafür brachte er Kastner mit Sonja Kirchberger zusammen, welche die Witwe Douglas spielen sollte. Kirchberger sagte zu Kastners Überraschung zu, obwohl es nur drei Drehtage waren.
"Ich hatte so viel Respekt, vor dem was Jo macht: Regie, Autor, Produzent. Der sich das alles zutraut und mit einer irren Verantwortung da hineingeht. Ich mag Menschen, die etwas versuchen und riskieren und sich nicht immer in der Sicherheitszone bewegen. Das Leben ist sonst total langweilig", sagt die Schauspielerin.
Kastners Abenteuer erinnert sie an ihr eigenes, als sie vor einem Jahr das Restaurant C'an Punta in Palmas In-Viertel Portitxol übernahm. "Ich hatte sowas ja noch nie gemacht, und dann hatte ich plötzlich zehn Leute, die ich leiten und motivieren musste. Du hast ja dann Verantwortung, dass du sie auch bezahlen kannst", sagt Kirchberger, die nach einer Zeit in Berlin wieder mit ihrem jüngsten Sohn auf der Insel lebt.
"Ich bin ein Produzent im Gastgebewerbe. Kein Gericht geht raus, dass ich nicht Probe gegessen und fotografiert habe, um zu schauen, wie es am Platz aussieht. So wie Jo etwas entwickelt und ins Leben gerufen hat, mache ich das auch in der Küche." Als sie kürzlich unter der Regie von Dieter Wedel Theater spielte, fragte der sie, ob sie frisch verliebt sei. "Weil ich immer mit dem Handy herumgelaufen bin. Ich sagte ihm: Nein, das ist meine Küche mit zehn Jungs", sagt sie und lacht.
Aktuell dreht sie einen Krimi in Wien, will sich ansonsten aber vor allem auf ihr Restaurant konzentrieren. Kurioserweise verbindet die Gastronomie die drei Filmschaffenden: Auch Kastner wird in Kürze ein Lokal in Molinar eröffnen, Krsek ist nicht nur Inhaber der Produktionsfirma e-clips.tv sondern auch Teilhaber des Café Cinema am Cineciutat in Palma.
Ihr gemeinsames Abenteuer ist mittlerweile erfolgreich von China bis Australien und Südamerika angelaufen, nicht zuletzt, weil auch noch Superstar Val Kilmer die Rolle des Mark Twain übernommen hatte. Für Deutschland hat das ZDF die Rechte gekauft, sendet den Film vielleicht an Weihnachten.
Würde Kastner das alles nochmal machen? "Sofort, aber nicht so. Der Prozess war schon sehr schwer. Es hat aber viel Spaß gemacht." Sonja Kirchberger hätte schon eine Idee für ein gemeinsames Projekt auf Mallorca. "Man müsste ein morbides Mallorca erzählen, im El Terreno vielleicht. Ein schöner Krimi, wie ihn die Norweger machen", sagt sie. Kastner wäre dabei. Vielleicht besucht man sich zu einem Austausch mal gegenseitig im Restaurant.
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