Corinna Graf: Meine Familie hat sich vorher nie mit Häfen beschäftigt. Meine Eltern waren allerdings Meeresliebhaber, sie hatten auch ein kleines Schiff und sind am Wochenende damit hinausgefahren. So entstand aus ihrer Sicht die Notwendigkeit eines Hafens, der mehr ist als nur ein Schiffsanlegeplatz, nämlich ein Hafen, in dem man mal einen Kaffee trinken oder Wasser und Brot kaufen kann. Wenn sie von einem Ausflug zurückkehrten, dann hatten sie auch Lust, irgendwo einzukehren. Und solch ein Angebot, das gab es damals noch nicht. Meine Eltern wollten sich aber nicht nur beklagen, sondern es besser machen. Einfach war das nicht. Irgendwann war die Notwendigkeit da, hier mit anzupacken, und so bin ich als Quereinsteiger im Hafen gelandet. Ich sollte eigentlich nur eine Zeit lang bleiben. Ich war in meinem Job in der Industrie sehr glücklich, ich liebe den Geruch von Edelstahl, Pressen und Maschinen. Aber ich fand die Arbeit hier auch toll und bin geblieben. Ich habe Glück, ich bin immer zufrieden mit dem, was ich mache.
MM: Puerto Portals wurde 1986 eröffnet. Was können Sie über die Gründungsjahre erzählen?
Graf: Meine Eltern haben hart für den Hafen gearbeitet. Es hat allein fünf Jahre gedauert, um die Konzession zu bekommen. Dann dauerte es noch einmal fünf Jahre, bis alle Lizenzen und die Finanzierung beisammen waren. Die Finanzierung war unglaublich schwierig. Denn es war ja wortwörtlich Geld ins Meer zu schütten. Puerto Portals wurde dem Meer abgerungen. An den Klippen sieht man, bis wohin das Meer reichte. So gibt es im Vergleich zu anderen Häfen weniger Liegeplätze, weil mehr Platz für Restaurants und Geschäfte genutzt wird. Überall dort, wo heute das Baiben, das Flanigan, das Diablito sind, bis dorthin hätten die Stege ebenfalls reichen können, und es würde mehr Liegeplätze geben. Meiner Mutter war es aber wichtig, dass es viel Platz für Grünflächen und Gastroterrassen gibt. Das haben die Banken damals gar nicht verstanden. Dann war es noch einmal ein großer Kampf, bis der Hafen bekannt und besucht wurde. Die Widerstände gegen Neues waren damals noch relativ groß.
MM: Man hat den Eindruck, dass immer mehr große Yachten vor Mallorca kreuzen, einige sind 200 Meter lang. Verzeichnen Sie Nachfrage auch von solchen Megayachten?
Graf: Es gibt 680 Liegeplätze, hier können Schiffe bis zu einer Länge von 60 Metern anlegen. Aber es stimmt, es gibt immer größere Yachten. Die Eigner wissen, dass sie hier nicht hineinfahren können, weil wir zu klein sind. Die haben eigentlich alles an Bord, die brauchen keinen Hafen. Das einzige, was sie brauchen ist, dass die Gäste an Land gehen können, und das machen sie oft von Puerto Portals aus. Wir haben eine Docking-Station und wir bieten verschiedene Serviceleistungen an.
MM: Was macht Puerto Portals so exklusiv?
Graf: Ich weiß nicht, warum Puerto Portals als exklusiv gilt. Der Hafen ist beliebt und die Leute fühlen sich wohl, das hängt von vielen Faktoren ab. Wir haben einerseits das große Angebot an Land, wir haben viele Events wie Märkte, Regatten und Sankt-Martins-Umzug für Kinder. Wir bieten sehr vieles. Man kann auch einfach nur zum Joggen herkommen. Das belebt den Hafen. Wir versuchen andererseits exzellent in der Qualität zu sein, und wir wollen ein Hafen für alle sein. Für uns sind alle Kunden wichtig, egal ob es der Megaschiffseigner ist oder der Anwohner, der mit seinen Kindern zum Eisessen herkommt. Für uns ist auch wichtig, dass sich alle wohlfühlen.
MM: Der Hafen zieht viele Prominente an. Wen haben Sie hier schon entlangschlendern sehen?
Graf: Ich habe schon viele Menschen hier entlangschlendern sehen. (lacht) Denn der Hafen gefällt zum Glück vielen. Aber eines unserer Hauptanliegen ist Diskretion ...
MM: Erwarten Prominente von Ihnen, begrüßt zu werden?
Graf: Manche möchten mich kennenlernen und mit mir sprechen, viele nicht. Wir behandeln alle, die zu uns kommen, gleich.
MM: Was muss ein Hafen Yachteignern bieten?
Graf: Es gibt die Standardleistungen, Strom, Wasser, Sicherheit. Wir bieten nur beste Leistungen und Qualität, dazu zählt etwa ein besonderer Sprit, der für Boote geeignet ist. Wir bieten Hilfe beim Andocken. Wir versuchen, für die Nutzer eine positive Rundumerfahrung zu schaffen und haben das Glück, dass wir ausgebucht sind. Für Liegeplätze gibt es eine Warteliste.
MM: Wie weit sind die Umbauarbeiten fortgeschritten?
Graf: Wir haben die Werft ein Stück verlagert, dort, wo sie war, ist ein weiterer kommerzieller Bereich entstanden. In den zwei neuen Gebäuden, die fertiggestellt sind, kommen ein Fitnessstudio, Büros sowie weitere Restaurants und Geschäfte hinein. Auch entstand eine großzügige Tiefgarage. Die älteren Gebäude haben wir energieeffizienter gestaltet, es gibt ein neues Glasfasernetz für schnelleres Internet.
MM: Welche Arbeiten müssen noch ausgeführt werden?
Graf: Die Tankstelle wird erneuert. Wir ändern die Verkehrsführung, um die Straße vor dem Ritzi und dem Spoon in eine Fußgängerzone umzuwandeln. Auch die Einfahrt wird größer und bequemer.
MM: Und die Werft?
Graf: Die Werft wurde saniert, um effizienter und besser arbeiten sowie größere Schiffe bedienen zu können. Wir gestalten den gesamten Hafen um, um so die Boote und das Meer den Menschen näherzubringen. Die gesamte Erfahrung Puerto Portals soll für unsere Kunden runder und schöner werden.
MM: Wie viel wird dafür investiert?
Graf: Wir reden letztendlich von über 40 Millionen Euro über viele Jahre.
MM: Wann soll der Umbau abgeschlossen sein?
Graf: Es gab mal einen strengeren Zeitplan. Dann kam Corona dazwischen. Auch die Genehmigungen werden regelmäßig geprüft, das dauert seine Zeit. Ziel ist es, beim Umbau die Kunden so wenig wie möglich zu stören. Wir sind ja ein Hafen im laufenden Betrieb. Doch viele der Arbeiten sind bereits passiert.
MM: Verfolgen Sie das Ziel, bis zum 40. Hafengeburtstag 2026 alle Arbeiten abgeschlossen zu haben?
Graf: Wir denken langfristig und nicht nur an einen Geburtstag, an dem vielleicht nur ein Foto gemacht wird. Wir setzen uns jährliche Ziele, so bleiben wir immer aktiv und hören nie ganz auf.
MM: Was können Sie als Hafenchefin zum Thema Umweltschutz beitragen?
Graf: Wir möchten die Umwelt und besonders das Meer schützen. Wir möchten dem Planeten mehr zurückgeben, als wir ihm entnehmen. Es gibt verschiedene Säuberungsaktionen, und wir versuchen so wenig wie möglich zu verschmutzen. Auch werden die Kinder in der Segelschule für das Thema Umweltschutz sensibilisiert. Unser Hafen plant eine Entsalzungsanlage, mit diesem Wasser können dann die Grünanlagen bewässert und die Boote gereinigt werden. Darüber hinaus halten wir unsere Gäste und Geschäftsleute zum Recyceln an.
MM: Die Nautikbranche gilt als Domäne der Männer. Müssen Sie sich besonders durchsetzen?
Graf: Ich hatte nie das Gefühl, dass die Nautikbranche in Männerhand ist, vielmehr ist sie in Menschenhand. Ich hatte als Frau nie ein Problem, egal ob es in der Industrie oder im Hafen war. Männer sind in der Nautikbranche eher sichtbar, aber viele Frauen sind hier tätig und bilden ein wichtiges Standbein für die Branche, obwohl sie vielleicht gar nicht so sichtbar sind.
MM: Finden Sie noch Zeit, selbst aufs Meer hinauszufahren?
Graf: Leider mache ich das viel zu selten, und das obwohl ich einen professionellen Bootsführerschein besitze. Aber gerade im Sommer, wenn man vielleicht um 20 Uhr mit der Arbeit fertig ist und es noch hell ist, kann man noch mal zwei Stunden rausfahren – und hat das Gefühl, im Urlaub zu sein.
(aus MM 47/2021)
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.