Flüge von Mallorca aufs spanische Festland dauern meist nicht länger als eine Fahrt mit dem Bus. | Archiv

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Wer schon einmal Südamerika bereist hat, kennt sie – die stets vollgepackten Überlandbusse, in denen neben den Fahrgästen – nicht selten ganze Großfamilien – auch gerne Hunde, Katzen oder Hühner, allerlei Umzugsgut, Kisten voller Wiesen-, Wald- und Feldfrüchte, bunte Rollkoffer und Handwerkszeug in allen Farben und Formen transportiert werden. Die meist in die Jahre gekommenen Fahrzeuge, in deren Fahrerkabinen zahlreiche Rosenkränze, blinkende Jesus-Figuren und Marienbildchen für den Segen von oben sorgen, sind mehr als nur Busse. Sie sind Treffpunkt, zweites Wohnzimmer und das bequemste Fortbewegungsmittel für all jene, die sich kein Auto leisten können.

Wer nicht bis ans andere Ende der Welt fliegen, aber trotzdem gerne einmal eine ähnliche Erfahrung machen möchte, dem sei der Kauf eines Flugtickets von Barcelona nach Palma oder umgekehrt an einem Sonntagabend empfohlen, dann, wenn die Wochenend-Pendler und Familienbesucher nach Hause fliegen. Für Unterhaltung an Bord ist dann in jedem Fall gesorgt. Zum einen, weil sich viele der Reisenden untereinander kennen – Küsschen hier, Handshake dort. „Hola Xisca”, „Hola Joan”. „Wie war das Wochenende?” – „Danke gut!” Es wird sich über ganze Sitzreihen hinweg unterhalten, gescherzt und gelacht, natürlich erst, wenn die mindestens drei Ensaimadas für die Tante in Katalonien oder die Krippenfiguren vom Weihnachtsmarkt in Barcelona neben, unter und über bunten Trolleys, Jacken und Handtaschen verstaut wurden, sodass die Stewardess das Gepäckfach nur noch dank der Anwendung roher Gewalt schließen kann.

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Und warum das Handy in den Flugzeugmodus schalten, wenn man dank der geringen Reisehöhe auf dem halbstündigen Flug doch besten Empfang hat? Da werden beim Überfliegen der Tramuntana schon die ersten Nachrichten in den Gruppenchat versendet oder die neuesten Instagram-Storys geguckt, es ist halt doch irgendwie „nur” wie Bus fahren.

Kaum ist das Anschnallzeichen erloschen, beginnt es, begleitet von einem lauten „Pling”, direkt wieder zu leuchten – schade, die Flugzeit ist viel zu kurz, um über all das Erlebte zu sprechen. Zum Glück ist nach dem Aufsetzen auf der Landebahn genug Zeit für ein kurzes Abschiedsgespräch im Mittelgang ... Beim Verlassen der Maschine glaubt der Autor dieser Zeilen, durch die offene Cockpit-Tür kurz eine blinkende Jesusfigur gesehen zu haben und wischt sich die Augen. Es waren nur die vielen bunten Knöpfe.

(aus MM 49/2018)