Daniel Wahl: Der Export des amerikanischen Traums – der für immer mehr Amerikaner zum verzweifelten Versuch geworden ist, mit Konsumwahn eine innere Leere und Sinnlosigkeit zu betäuben – ist sowohl mit Bezug auf Umweltauswirkungen als auch auf die sozial-ökonomische Auswirkungen mit Skepsis zu betrachten. Forschungen haben zudem dokumentiert, dass ein Anstieg des Konsumvermögens nur bis zu einem bestimmten Punkt mehr Wohlbefinden und Gesundheit schafft. In Ländern wie den USA und in West-Europa ist das Bruttosozialprodukt seit den 1950er Jahren stark gestiegen, aber die Leute sind nicht glücklicher.
MM: Warum erfreuen sich solche Verkaufstage besonderer Beliebtheit?
Wahl: Die Leute wollen sich durch ihre Produktwahl ihre Individualität zum Ausdruck bringen, angezogen werden sie von Billigangeboten. Doch dann sitzen wir alle zwischen Ikea-Möbeln in Klamotten der Gruppe Inditex und teilen unsere Konsumeskapaden über ein iPhone oder einem Samsung-Handy auf Facebook mit.
MM: Was sagt es über die moderne Freitzeitgestaltung aus, dass man Shoppen als Hobby angibt?
Wahl: Es ist mehr als nur ein Hobby, Konsum ist zu einer Sucht geworden. Wie bei jeder Sucht oder Droge führt der Konsum nur kurzfristig zu einer Befriedigung und verstärkt oft die Abhängigkeitsspirale.
MM: Derzeit entstehen auf Mallorca weitere Einkaufszentren: Braucht Mallorca solche Shoppingcenter oder gibt es bereits ein Überangebot?
Wahl: Es werden ein paar Billigarbeitsplätze geschaffen und dann gehen nach und nach lokale Unternehmer an der Konkurrenz zu Grunde. Meiner Meinung nach gibt es auf Mallorca schon mehr als genug solcher Großverkaufsflächen und es wäre besser, die lokale Wirtschaft mit mehr lokaler Produktion für lokalen Konsum anzuregen.
MM: Was ist aus Ihrer Sicht die größte Konsumsünde?
Wahl: Sich nicht bewusst zu sein, dass wir zu den glücklichen Wenigen gehören, die im oberen Achtel der Menschheit Privilegien genießen.
Der deutsche Nachhaltigkeitsforscher und Biologe Daniel Wahl lebt seit 2010 in Palma.
(aus MM 47/2015)
2 Kommentare
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Wie Recht der Herr Wahl hat. Was bitte ist ein Einkaufserlebnis? Ich kaufe etwas, weil ich es brauche. In diesen Superkaufcentern komme man mit Sicherheit mit mehr Waren raus, als man eigentlich wollte. Erst zu Hause merkt man, dass man das Zeug eigentlich nicht braucht. Ich kaufe da nichts. Bevorzuge den kleinen Laden im Dorf und obs teurer war? Man merkt das spätestens, wenn es zum Reparaturfall kommt. Bei Lebensmitteln bin ich im Dorf auf jeden Fall besser dran. Ich weis 1. wo sie herkommen und 2. sind oft viel preiswerter. Neulich Orangen beim Supermarkt: Oferta 1,37 €/Kg. Hier im Dorf 0,55 €/Kg ! von den Feldern direkt ums Dorf.
Obwohl es eigentlich genug Verkaufsflächen gibt, erwartet der Konsument heute ein anderes Einkaufserlebnis, die neuen Center werden das anbieten. Es werden übrigens Hunderte Arbeitsplätze geschaffen. Den Trend hier aufhalten zu wollen gleicht dem Versuch, mit Anhalten der Uhr Zeit zu sparen...