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Im letzten Abokonzert des OSIB in dieser Saison geht’s noch einmal richtig zur Sache. Erst mit Mozarts „Linzer Sinfonie“, danach mit den „Sinfonischen Tänzen“ von Rachmaninoff, von ihm selbst als sein bestes Werk angesehen. Den Taktstock schwingt als Gastdirigent Joshua Weilerstein. Über seine Karriere informiert das Programmheft.

Die Mozarts waren im Herbst 1783 nach Salzburg gereist, Vater Leopold sollte Konstanze kennen lernen und endlich als Schwiegertochter akzeptieren. Aber er konnte seine Vorurteile gegen die „Weber’sche“ nicht überwinden. Wolfgang und Konstanze traten „not amused“ die Rückreise an und machten in Linz für drei Wochen Station. Vielleicht half ja eine große Akademie, die Mozart dort veranstaltete, den Frust über Daddys kühlen Empfang zu verdrängen. Da er keine Sinfonie im Handgepäck hatte, schrieb er innerhalb weniger Tage eine neue, seine Nummer 36, die später die KV-Nummer 425 erhalten sollte. – Von dem Zeitdruck, unter dem Mozart beim Komponieren stand, merkt man dem Werk nichts an. Es war ja auch nicht das erste Mal, dass er im High Speed-Tempo ein Meisterwerk schuf. Der Dirigent Ivor Bolton hält sie für eine seiner größten Sinfonien überhaupt. Sie steckt voller neuer Ideen und genialer melodischer Einfälle. Die Besetzung ist opulent, Pauken und Trompeten sieht die Partitur vor. Neu ist auch gleich der Anfang: zum ersten Mal beginnt Mozart eine Sinfonie mit einer Adagio-Einleitung nach dem Vorbild Haydns. Nach dieser feierlich-heroischen Einstimmung kommen mit einem Allegro spirituoso Drive und ungestüme Heiterkeit in die Sache. – Das Thema des Andante ist von kantabler Schönheit, wie sie eben nur einem Mozart einfallen konnte. Der dritte Satz ist ein Menuett, das mit seinem Eröffnungsthema erneut pompöse Festlichkeit ausstrahlt. Im Kontrast dazu steht das anmutige Trio. Das Finale besticht durch seinen vorwärtsdrängenden Impetus im Hauptthema. Auf ihm basiert auch der strahlende Schluss. In einer Folge des BR-Podcasts „Das starke Stück“ erläutert Ivor Bolton seine Sicht auf die „Linzer Sinfonie“.

„Die Musik eines Komponisten sollte sein Geburtsland ausdrücken, seine Liebesaffären, seine Religion, die Bücher, welche ihn beeinflusst haben, die Bilder, die er liebt. Sie sollte das gesamte Produkt der Erfahrungen des Komponisten sein.“ Dieses große Wort sprach der große Komponist Sergej Rachmaninoff, nicht zuletzt im Hinblick auf sein eltztes Werk, die Sinfonischen Tänze. Anders als Schostakowitsch, dessen letzte Sinfonie wir vor einer Woche erleben durften, war er 1917 dem Sowjet-Terror entflohen und in die USA emigriert, wo er die Freiheit hatte, sich im Zweiten Weltkrieg klar gegen Stalin und sein totalitäres System zu positionieren. Und so ist seine Musik auch eine andere als die des unglücklichen Kollegen. Sie ist, bei aller Liebe zu seiner Heimat, westlich beeinflusst. Das gefiel nicht allen. Richard Strauss sprach abfällig von „gefühlvoller Jauche“! Schön, mögen seine Klavierkonzerte vielleich tatsächlich einen Hauch von Hollywood verströmen, in den Sinfonischen Tänzen ist davon nichts zu spüren. Sie sind so etwas wie ein Opus summum, in gewisser Weise eine Lebensbilanz. Und das haben sie mit Schostakowitschs letzter Sinfonie gemeinsam. Rachmaninoff schrieb zwei Fassungen. Die eine ist für zwei Klaviere konzipiert und war nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Er spielte sie nur privat, wobei kein Geringerer als der große Horowitz am zweiten Klavier saß. Sie können sich diese Version mit Martha Argerich und Nelson Goerner auf YouTube ansehen. – Die Orchesterfassung beginnt so. Dann wird die Instrumentierung dichter, die Lautstärke steigert sich, ein energischer Rhythmus setzt sich durch. – Das Werk könnte mit seinen drei Sätzen auch als Sinfonie durchgehen. Der zweite Satz ist von einem Walzerrhythmus geprägt, zart und piano zunächst, später gewinnt er dann an Power. Der Anfang des Finales erinnert vage an den Ungarischen Tanz Nr.6 von Brahms. Später sorgt eine Fanfare für eine etwas martialische Stimmung. Gegen Ende zieht Rachmaninoff noch einmal alle Register. Der letzte, lang ausklingende Tam-Tam-Schlag klingt fast wie eine Totenglocke. – Auch zu diesem Werk gibt es einen sehr informativen Podcast aus der Reihe „Klassik to go“. Das ganze Werk können Sie hier mit dem hr-Sinfonieorchester erleben. – Karten gibt’s wie immer auf der Webseite des Auditoriums.