"Palma ist zu einem Zielgebiet im Zielgebiet geworden", beschreibt Touristiker Hans Müller den Trend. Müller hat das Ohr am Puls der Zeit, ist bei Reiseveranstalter Thomas Cook verantwortlich für den Hoteleinkauf in Spanien und Portugal und arbeitet von seiner Wahlheimat Mallorca aus. "Diese kleinen Hotels, dazu die Café-Terrassen, tolle Geschäfte, immer mehr große Marken, das gepaart mit gehobener Gastronomie, bringt eine Zielgruppe auf die Insel, die mehr Geld ausgibt, als Pauschaltouristen, die nur an den Strand wollen. Wir profitieren alle davon und können nur hoffen, dass noch einige Hotels dazukommen." Ähnlich positiv sieht die Entwicklung Javier Vich, der Vorsitzende des Hotelverbands "Asociación Hotelera de Palma" (Ashpama). Er beschreibt den neuen Urlaubertypus als Menschen, "die eine großartige Erfahrung machen" möchten und betont, dass die verschiedensten Sektoren allesamt daran arbeiten müssten, die Erwartungen zu erfüllen.
Der Ashpama zufolge werde das neue Angebot vor allem von Gästen aus Schweden, Deutschland, der Schweiz, Großbritannien und Frankreich angenommen, darunter ein großer Anteil von Kurzurlaubern. Während diese City-Trips nach Palma bis 2008 überwiegend von Festlandsspaniern unternommen worden waren, ist deren Anteil seit Beginn der Krise von 80 auf 50 Prozent gesunken.
Laut Verband gibt es im Stadtgebiet von Palma knapp 8000 Hotelbetten in 48 Häusern. Zum Altstadtbereich zählt die Ashpama 18 Hotels mit rund 350 Zimmern. "Das entspricht also etwa einem Strandhotel", so Vich. Die Auslastung der Altstadthotels habe im vergangenen Jahr bei 66 Prozent gelegen. Manche Häuser seien aber auch im ganzen Jahr zwischen 80 und 85 Prozent gebucht gewesen.
Auch deutsche Medien und Reiseführer beschäftigen sich inzwischen häufiger mit den Boutique- beziehungsweise Design-Hotels in der Altstadt von Palma. Immer wieder genannt werden Häuser wie das HM Balaguera, das Puro Hotel, das Convent de la Missió, das Hotel Calatrava oder das Tres. In wohl keiner Liste fehlen das Sant Francesc Singular Hotel (42 Zimmer) und die Posada Terra Santa (26 Zimmer). Die letztgenannte Herberge hat 2014 eröffnet und ist für die Nutzer des Reiseportals Trivago das beste Hotel in Palma. Das Sant Francesc kommt in diesem Ranking "nur" auf Rang drei, hat aber seit der Eröffnung im vergangenen Jahr schon einige internationale Auszeichnungen einsammeln können. Sant-Francesc-Direktorin Ilka Karl meint zum Boom der kleinen Altstadt-Hotels: "Der Trend geht weg von standardisierten großen Hotelbunkern. Man sucht nach kleineren, feineren, besonderen Häusern mit Geschichte. Diese Entwicklung lässt sich ja nicht nur in Palma beobachten, sondern auch in anderen Städten."
Einige Projekte sind noch im Werden. Sieht Karl das als aufkommende Konkurrenz? "Nein, auf keinen Fall. Es sind ja kleine Hotels und alle sehr unterschiedlich. Das dient der Vielfalt. Man wird damit dem Trend gerecht."
Die Investitionen für ein neues Boutique-Hotel liegen zwischen fünf und 15 Millionen Euro. Das Geld kam und kommt zum Teil aus Skandinavien und Deutschland, aber auch von der Insel. Laut Informationen des Hotelverbandes von Anfang dieser Woche sind für die kommenden Jahre die zehn nachfolgend genannten Projekte in der Planung. Einige stehen bereits kurz vor der Fertigstellung, andere befinden sich noch in der Planungsphase.
In der Carrer Concepció soll das Summum Prime Boutique Hotel mit 20 Zimmern eröffnen. Zwei weitere Boutique Hotels sind in der Carrer Sant Jaume geplant. Eines der Häuser soll dem Hotelier gehören, der bereits Can Cera, Calatrava und Can Alomar betreibt. Der Inhaber der Bar Bosch will in der Carrer Brondo ein Hotel mit zwölf Zimmern eröffnen.
Bei dem Sa Gerreria Fabrik Hotel handelt es sich um eine Nobelherberge, die ein katalanischer Geschäftsmann in einer alten Porzellanfabrik eröffnen will. Die Cappuccino-Gruppe baut an der Plaça Cort ihr Hotel. Die Gruppe "Europe Hotels" soll mit dem Europe Cosmo Palma an den Start gehen, ein Fünf-Sterne-Boutique-Hotel mit 32 Zimmern.
Die mallorquinische Hotelkette Protur hat für 6,3 Millionen Euro ein ehemaliges Offiziersheim nahe der Nationalpolizei am Passeig Mallorca ersteigert, das zum Hotel umgebaut werden soll. Ein weiterer Hotel-Standort, der im Gespräch ist, soll die Carrer Piña Grau sein. Man spricht auch darüber, dass die Betreiber des Hotels Mon Port in Port d'Andratx ein Hotel in Palmas Altstadt planen.
Schon wegen seiner Größe nicht ganz als typisches Boutique-Hotel einzuordnen ist das Hotel Nacar an der Avinguda Jaume III, das bereits weitestgehend fertig zu sein scheint. Es gehört in die Kategorie "Vier Sterne superior" und bietet 50 Zimmer.
Laut Ashpama handelt es sich bei den bereits erwähnten 48 Hotels in Palma zu 85 Prozent um Vier- oder Fünf-Sterne-Häuser. Bei den Boutique-Hotels findet man nichts in minderer Kategorie. Dabei dürfte es auch bleiben. Dass sich ein Zwei- oder Drei-Sterne-Angebot in Palmas Altstadt etablieren wird, ist mehr als unwahrscheinlich. Thomas-Cook-Hotelexperte Hans Müller erklärt, warum: "Die Investoren geben viel Geld aus und müssen daher gewisse Preise fordern. Der Trend kann nicht Richtung Drei-Sterne-Hotels gehen. Dazu sind die Immobilienpreise in der Innenstadt von Palma ganz einfach zu hoch."
(aus MM 11/2016)
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