Die von der Guardia Civil beschlagnahmte Motoryacht "La Luna" im Hafen von Porto Cristo. | M. A. Cañellas

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Im Fall um den tödlichen Unfall zwischen einer in Deutschland registrierten Motoryacht und einem dreieinhalb Meter langen Fischerboot vor der Ostküste von Mallorca, bei dem am Freitag ein 20-jähriger Mallorquiner ums Leben kam, sind immer noch viele Fragen offen. Unter anderem ist nicht offiziell bekannt, wer der Besitzer der Yacht ist, wer die Yacht zum Zeitpunkt des Unfall steuerte und wer letztendlich für die Tragödie zur Verantwortung gezogen werden kann.

Wer ist der Besitzer der Yacht "La Luna"?

Nach MM-Informationen handelt es sich bei dem Eigentümer der etwa 20 Meter langen Yacht "La Luna" um den deutschen Unternehmer K.V. aus Mönchengladbach. V. gehört einer Familie an, die Ende der 1990er Jahre mit dem Verkauf ihres Großhandelsunternehmens ein Vermögen machte. Die vier Söhne des einstigen Gründers investierten ihre Anteile anschließend in eigene Unternehmen, K.V. betreibt unter anderem die nach eigenen Angaben größte Indoor-Skihalle Europas in Neuss.

Aber auch auf der Insel ist V. geschäftlich tätig. In Puerto Cristo gründete er vor mehr als zehn Jahren zusammen mit einem mallorquinischen Teilhaber ein Bau- und Immobilienunternehmen. Mallorca ist somit sein Zweitwohnsitz.

Wer war beim Unfall an Bord?

Nach Aussagen der Guardia Civil befanden sich zum Zeitpunkt des Unglücks sechs Personen an Bord, darunter der 35-jährige Sohn D.V., ein Pilot. Die Gruppe soll nach Augenzeugenberichten bereits seit Tagen mit der Yacht durch rücksichtsloses Verhalten an verschiedenen Küstenabschnitten aufgefallen sein, unter anderem soll die "La Luna" andere Boote bedrängt haben.

Wer steuerte die Yacht zum Zeitpunkt des Unglücks?

Diese Frage dürfte entscheidend sein. Verantwortlich für alle Vorkommnisse an Bord ist nach internationalen Seerecht immer und ausschließlich der Kapitän. Dem Eigentümer kann im Höchstfall eine Teilschuld zugesprochen werden, wenn ihm nachgewiesen wird, dass er einen Kapitän, der bereits wegen vorheriger Fahrlässigkeiten bestraft wurde, ans Ruder gelassen hat. Ansonsten kann er nicht zur Rechenschaft gezogen werden, außerdem hielt sich K.V. zum Zeitpunkt des Unglücks in Deutschland auf.

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Doch wer hatte dann das Kommando an Bord? Theoretisch ist es Vorschrift, dass der Name des verantwortlichen Bootführers in einem Logbuch an Bord vor jedem Ablegen schriftlich festgehalten wird. In der Regel wird das von Freizeitskippern nicht befolgt. Da D.V. am Mittwoch vor Gericht in Palma erschien, um auszusagen, ist anzunehmen, dass er der Kapitän an Bord war.

Waren Alkohol und Drogen im Spiel?

Augenzeugenberichten, nach denen die Crew Stunden vor dem Unglück beim Feiern auf der Yacht gesehen worden sind, reichen als Beweis, dass der Kapitän Alkohol und Drogen konsumierte nur bedingt bis gar nicht für eine Schuldzuweisung aus. Unverständlich ist, warum die Guardia Civil die Crew-Mitglieder am nächsten Tag nicht sofort einem Alkohol- und Drogentest unterzogen hat. Auch das in den Medien verbreitete Argument, dass die Besatzungsmitglieder "Beweismittel" vernichten wollten, indem sie Mülltüten mit Schnaps- und Bierflaschen entsorgten und das Deck reinigten, steht auf sehr wackligen Beinen. Jede Crew räumt nach einem Törn das eigene Boot auf, bringt Abfall von Bord und wäscht das Deck mit Süßwasser gründlich ab.

Fuhr die Yacht zu schnell?

Auch hier gestaltet sich die Beweisfindung mehr als schwierig – aus mehreren Gründen. Ab einer Distanz von 200 Metern zur Küste, dürften Motoryachten so schnell fahren, wie sie möchten, sofern sie sich in einem ausreichenden Abstand zu anderen Wasserfahrzeugen befinden. Es gibt keine Geschwindigkeitsbegrenzung auf hoher See. Genauso wenig wie es Radarfallen gibt. Yachten verfügen auch nicht wie Lastkraftwagen, Busse oder gar Flugzeuge über eine Black Box, die Strecken und Geschwindigkeiten aufzeichnen.

Welche Positionslichter müssen Boote bei Nacht führen?

Nach internationalem Seerecht müssen Boote, die nach Sonnenuntergang auf dem Meer manövrieren, verschiedene Positionslichter bei sich führen, um von anderen Fahrzeugen gesehen zu werden. Dazu gehören am Bug ein grünes Licht auf Steuerbordseite sowie ein rotes Licht auf Backbordseite. Das Heck muss mit einem weißen Licht gekennzeichnet sein. Alle Lichter müssen aus einem Abstand von mindestens zwei Seemeilen (1,8 Kilometer) erkannt werden können. Ankert das Boot oder bleibt es stehen, muss ein sogenanntes Top-Licht am Mast oder an der obersten Stelle des Decks anzeigen, dass das Boot nicht in Fahrt ist. Der Onkel des ums Leben gekommenen Mallorquiners soll nach Medienberichten ausgesagt haben, es habe „Beleuchtung“ an Bord gegeben. Auf dem Foto des zurück in den Hafen geschleppten und fast unversehrt gebliebenen Bootes ist jedoch ganz klar zu erkennen, dass es keinerlei Vorrichtungen zum Anbringen einer vorgeschriebene Nachtbeleuchtung besitzt. Nur mit einer Laterne oder Taschenlampe auf einem dreieinhalb Meter langen Boot nachts hinaus aufs Meer zu fahren, ist fahrlässig.

Kann eine Yachtcrew einen Zusammenstoß mit einem anderen Wasserfahrzeug nicht bemerkt haben?

Jeder Wellenschlag ist an Bord grundsätzlich spürbar, je nach Größe der Yacht kann sich die Wahrnehmung ändern. Anders sieht es aus, wenn Kapitän und Crew unter Einfluss von Alkohol und Drogen stehen, den Autopiloten betätigt haben und vielleicht auch noch laut Musik hören. Aber selbst dann dürfte der Zusammenprall, bei dem der Außenborder aus seiner Heck-Verankerung gerissen wurde, von irgendeinem an Bord bemerkt worden sein. In diesem Fall wäre der Kapitän verpflichtet, dass Boot zu stoppen, umzudrehen und nach möglichen Beschädigungen, Opfern Ausschau zu halten. Alles andere ist unterlassene Hilfeleistung. Auf See kommt das fahrlässiger Tötung gleich.