Eng wurde es in Palmas Altstadt am vergangenen Sonntag. Der Grund: Eine Großdemonstrationen gegen die Auswüchse des Massentourismus auf Mallorca. | Pilar Pellicer

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Die Veranstalter der Großdemonstration, die am vergangenen Sonntag konservativen Schätzungen zufolge in Mallorcas Hauptstadt Palma rund 20.000 Menschen angelockt hatte, gedenken nach eigenen Angaben nicht, sich auf den jüngsten Lorbeeren auszuruhen. "Für uns ist das nur der Anfang gewesen", sagte die Sprecherin der traditionsreichen Umweltschutzorganisation GOB, Margalida Ramis. In den kommenden Monaten soll es weitere Protestkundgebungen gegen die Auswüchse des Massentourismus auf Mallorca geben.

Die Teilnehmer der Plattform Menys turisme, més vida (Weniger Tourismus, mehr Lebensqualität) trauten der konservativ geführten Landesregierung schlicht nicht über den Weg, zitierte am Dienstag die MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora" Ramis. Diese hatte nach der Mai-Demonstration kleinlaut eingestanden, dass die Inselgruppe in Sachen Tourismus an ihre Grenzen gestoßen sei. Wenige Wochen später setzte Regierungschefin Marga Prohens (Volkspartei PP) diverse Expertengremien in Gang, die Vorschläge zur Neuausrichtung der Urlaubsindustrie ausarbeiten sollen.

Seither spricht die balearischen Landesregierung gerne von einem "großen Sozialpakt", an dem nicht nur Politiker und Wirtschaftsbosse beteiligt sein sollen, sondern auch Kulturschaffende und Gewerkschaften. Prohens wiederholte am Dienstag, dass es mit ihr keine "überstürzten Sofortmaßnahmen" geben werde. Vielmehr setze sie auf "eine seriöse Bestandsaufnahme", die aus Ausgangspunkt für alle weiteren Maßnahmen dienen soll. Sie sei sich durchaus bewusst, dass die Masse an Touristen bei vielen Menschen auf wenig Gegenliebe stoße, sagte Prohens.

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Bei den Aktivisten wittert man indes eine gezielte, von der Landesregierung gesteuerte Kampagne, die zum Ziel habe, den Demonstranten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Dem eingesetzten runden Tisch für einen Nachhaltigkeitspakt schenke man "null Vertrauen", sagte GOB-Sprecherin Ramis. Stattdessen fordern die teilnehmenden Gruppierungen, die übergeordnete Plattform Menys turisme, més vida spricht von bis zu 80 Organisationen und Initiativen, sofortige Maßnahmen, mit denen der Overtourism langfristig in geordnete Bahnen geleitet werden könne. "Aber wir ahnen schon, wohin der Zug gehen soll", äußerte sich Ramis skeptisch.

Rückblickend auf den vergangenen Sonntag zeigte sich die GOB-Aktivistin zufrieden. Mehrere der gesteckten Ziele, die mit der Großdemonstration angestrebt worden seien, hätte man erreicht. Dazu zählten das immense Medieninteresse aus dem In- und Ausland. Ramis zufolge habe man zahllose Interviews mit Pressevertretern aus aller Welt geführt. "Eine deutsche Journalistin hat uns gefragt, was wir uns von den Urlaubern aus Deutschland wünschen", so Ramis. Worauf sie geantwortet habe: "Dass sie unser Anliegen auf Mallorca verstehen."

Vonseiten der Wirtschaft wird den Aktivisten gerne vorgeworfen, leichtfertig mit tausenden von Arbeitsplätzen zu spielen. Schließlich stamme ein großer Anteil des erwirtschafteten Bruttosozialprodukts aus der Urlaubsbranche. Dies wollte ein Sprecher der spanischen Großgewerkschaft CCOO am Dienstag so nicht stehen lassen. "Immer wieder neue Rekorde bei den Fluggastzahlen und Übernachtungen spiegeln sich nicht in besseren Arbeitsbedingungen oder gar einer höheren Lebensqualität der Angestellten wider", sagte ein Gewerkschaftssprecher gegenüber der MM-Schwesterzeitung.

Im Gegenteil, stetig steigende Mieten und Lebenshaltungskosten auf Mallorca führten mittlerweile zu einem akuten Arbeitskräftemangel in der Urlaubsindustrie. Arbeitswillige vom spanischen Festland, aber auch aus nordeuropäischen Ländern würden es sich zweimal überlegen, einen Job auf den Inseln anzunehmen. Die Leidtragenden des Mangels an Arbeitnehmern seien die Mitarbeiter in Hotels und Gastronomie, so der CCOO-Sprecher: zahlreiche Überstunden, zumeist unbezahlt, und eine damit einhergehende höhere Wahrscheinlichkeit, aufgrund von Übermüdung und fehlender Pausen einen Arbeitsunfall zu erleiden.