Hans Joachim Keiter ist zu allem
entschlossen. Im Notfall will er sich sogar den Baggern
entgegenstellen. „Was hier passiert, ist der Wahnsinn”, sagt der
Verwalter einer der Fincas, die direkt an der künftigen Bahnstrecke
Manacor-Artà im Inselosten liegen. Seit Wochen sind Bauarbeiter
damit zugange, das Gleisbett für das Verlegen der Schwellen und
Schienen vorzubereiten.
„Das hier war ein Biotop”, sagt Keiter. „Das haben die einfach
so vernichtet.” Kubikmeterweise Gebüsch, Gehölz und Dickicht sind
in den vergangenen Wochen und Monaten dem Kahlschlag zum Opfer
gefallen. „Und das mitten in der Brutzeit vieler Tierarten.” Keiter
ist aber nicht in erster Linie wegen der Folgen der Bauarbeiten für
die Umwelt so aufgebracht. Schuld sind vielmehr ein paar farbig
markierte Holzpflöcke.
Die zeigen an, wo demnächst eine der Umgehungsstraßen
entlangführen soll, die wegen des Baus der Bahnstrecke nötig werden
– damit die umliegenden Fincabesitzer auch weiterhin einen Zugang
zu ihren Anwesen haben. Den Pflöcken zufolge wird die Straße quer
über das Grundstück von Keiters Chef führen. „Das heißt, die haben
einfach so die Pläne geändert”, sagt er und holt als Beleg den
dicken Ordner mit den Details zum Ausgangsprojekt hervor.
Tatsächlich zeigt die entsprechende Zeichnung einen anderen
Verlauf der Straße an. „Das machen die einfach heimlich. Zackbumm”,
sagt Keiter. „Die müssen uns doch zumindest informieren und die
Möglichkeit geben, Einspruch einzulegen.” Post von der
Eisenbahnbehörde, vom Verkehrsministerium oder der Gemeinde habe er
noch nie bekommen.
Keiters Chef gehört zu den rund 100 Immobilienbesitzern zwischen
Manacor und Artà, die im vergangenen Jahr teilenteignet worden
sind. Unter ihnen sind mehrere Dutzend Deutsche. In manchen Fällen
gingen nur ein paar Quadratmeter in Staatsbesitz über, in anderen
aber auch fast ein Hektar. Keiter: „Einem Nachbarn wollen sie die
Sickergrube wegbaggern. Was soll der machen, wenn sie nicht vorher
für Ersatz sorgen?”
7'50 Euro Entschädigung gibt es pro enteignetem Quadratmeter.
Geld, das den tatsächlichen Wertverlust vieler der Anwesen bei
Weitem nicht ausgleicht. „Diese Finca ist kaputt”, sagt Keiter. Die
Gleise werden das 18-Hektar-Grundstück in zwei Teile schneiden.
Abgefunden hat er sich damit aber noch nicht. Er und seine
Mitstreiter von der Bürgervereinigung „Alternativa al tren”
(Alternative zum Zug) haben Verwaltungsklage eingereicht. Die
Zuggegner sind überzeugt, dass das 190-Millionen-Projekt am Ende
doch nicht realisiert wird. Schon alleine wegen der prekären
Finanzlage auf den Balearen. „Hier sollen jetzt kurzerhand
Tatsachen geschaffen werden”, vermutet Keiter. „Und wenn das Geld
dann alle ist, liegt alles brach.”
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