Spanien ist ein sportverrücktes Land,
Mallorca eine sportverrückte Insel. Gemessen am Medienecho gibt es
kaum ein anderes Thema, das die Leute mehr bewegt. Dabei ist
Fußball zwar die klare Sportart Nummer eins, aber auch Basketball,
Handball, Tennis und Motorsport haben enorme Zugkraft. In den
beiden letztgenannten Sportarten feiern Mallorquiner Woche für
Woche große internationale Erfolge – für die Inselbewohner ein
steter Quell der Selbstbestätigung.
Die beiden Vorzeige-Athleten der Insel sind Tennis-Ass Rafael
Nadal und Motorradpilot Jorge Lorenzo. Während der
Weltranglistenerste aus Manacor zum zweiten Mal das Rasenturnier in
Wimbledon gewinnen konnte (er setzte sich im Finale mit 6:3, 7:5
und 6:4 gegen den Tschechen Tomas Berdych durch), gelang Jorge
Lorenzo in der Königsklasse des Motorradsports ein souveräner Sieg
beim Großen Preis von Katalonien.
Welche Bedeutung das auf Mallorca hat, lässt sich unschwer am
Medi-enecho ablesen. „Nadal, der Gigant”, titelt etwa die
Tageszeitung „Ultima Hora” am Montag – illustriert mit einem
überdimensionalen Foto des Wimbledon-Siegers. Etwas kleiner, aber
doch an prominenter Stelle würdigt das Blatt Jorge Lorenzos
Leistung. Im Sportteil folgen dann neun Seiten Nadal und vier
Seiten Lorenzo. Dazwischen liegen sieben Seiten
Fußball-Berichterstattung – Real Mallorcas neuer Trainer und das
Abschneiden des spanischen Nationalteams bei der Weltmeisterschaft
in Südafrika.
Der Bedarf an Heldentaten, an Erfolgsstorys, an Vorbildern, an
Geschichten von Menschen, die es bis an die Spitze geschafft haben,
ist offenbar kaum zu befriedigen. Die meistgelesene Tageszeitung
Spaniens ist ein Sportblatt – in dem es von vorne bis hinten um
nichts anderes geht als um die Stars des Sports und jedes noch so
abwegige Detail aus ihrem Wirken.
Vielen Inselbewohnern, die sich in Spanien ja oft genug
benachteiligt und an den Rand gedrängt fühlen, scheint es eine
besondere Genugtuung zu sein, dass zwei Mallorquiner Woche für
Woche Leistungen auf internationalem Spitzenniveau abliefern. Dann
scheint plötzlich die ganze Menschheit nach Mallorca zu blicken;
dann ist die Insel für ein paar Stunden nicht mehr nur ein
entlegenes Eiland irgendwo im Mittelmeer, sondern der Mittelpunkt
der Welt – der Welt des Sports zumindest.
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