Einst, als Eselskarren das Straßenbild der meisten
Inselgemeinden prägten und die Fahrt vom einen zum anderen Ende des
Eilands selbst für stolze Besitzer eines Autos eine Tagesreise
bedeutete, da war Mallorca noch die Insel der Langsamkeit. Der Rest
der Welt galt ohnehin als unerreichbar. Mallorca war sich selbst
genug. Einen Eindruck, wie die Insel damals aussah, vermitteln die
historischen Luftaufnahmen, die die Balearen-Regierung jetzt im
Internet der Öffentlichkeit präsentiert.
Was dabei vor allem ins Auge springt, ist der rasante Wandel,
den die Insel seitdem durchgemacht hat. Wo einst unberührte Buchten
waren, ist heute Beton. Statt staubiger Landstraßen ziehen sich
asphaltierte Autobahnen vielspurig durch die Landschaft. Allein die
Einwohnerzahl Palmas hat sich in den vergangenen 50 Jahren
verdreifacht. Die Zahl der in Son Sant Joan abgefertigten
Flugpassagiere ist gar zwanzigmal so groß. Mallorca hat in den
zurückliegenden Jahrzehnten einen unvergleichlichen Wachstumsschub
erfahren.
Das hat seine guten Seiten. Viele Inselbewohner verdanken dem
Tourismus und der Einwanderung zigtausender „Klimaflüchtlinge” aus
Nordeuropa ihren Wohlstand. Mallorcas Boomjahre hatten aber auch
negative Folgen – und das beklagen keineswegs nur umweltbewegte
Inselaktivisten. Es ist offensichtlich, dass der schnellen
wirtschaftlichen und demografischen Entwicklung Mallorcas ein
Mangel an politischer Weitsicht gegenüberstand.
Jahrzehntelang konnte sich der Bauwahn praktisch ungehemmt
entfalten, was sich vor allem entlang der Küste und in Palma
beobachten lässt. Tourismus – das ist jahrelang nicht mehr als eine
schier unerschöpfliche Geldmaschine gewesen. Ein weiteres Beispiel:
Der Verkehr in Palma. Ein nachhaltiges Nahverkehrskonzept, das
nicht beim nächsten Regierungswechsel wieder umgestoßen wird, gibt
es bis heute nicht. Was Mallorca fehlt, sind Visionen. Da zwei der
drei wichtigsten Parteien nach wie vor damit beschäftigt sind, ihre
jeweiligen Korruptionsskandale aufzuarbeiten, stehen die Chancen
nicht gerade gut, dass sich daran bald etwas ändern könnte.
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