Antonia Durán ist Mallorcas
erfolgreichste Glücksfee. Ihr gehört die Lottobude in Coll d'en
Rabassa und sie war es, die 1995 einen Großteil der Lose mit der
Siegernummer verkaufte. Insgesamt 200 Millionen Euro gingen an
mehrere Dutzend Losbesitzer.
Auch wenn Durán auf den Archivfotos ein strahlendes Lachen zeigt
und sich ganz offenbar ausgiebig mit den Siegern von damals freute,
hat sie jenen 22. Dezember 1995 doch nicht in besonders guter
Erinnerung. „Es war schrecklich”, sagt Durán, die noch immer Tag
für Tag in ihrer Lottobude steht. „Wir hatten so viel Arbeit wie
noch nie.”
Als sich die Siegernummer herumgesprochen hatte – was bei der
Weihnachtslotterie traditionell sehr schnell geht, da Radio sowie
Fernsehen die Ziehung live übertragen und viele Zeitungen
Extraausgaben drucken – versammelten sich spontan Hunderte
Gewinner, Anwohner und Neugierige vor Duráns Losbude. „Die Straße
musste für den Verkehr gesperrt werden”, erinnert sie sich.
Auch die Inhaberin eines Juweliergeschäftes an der Ecke hatte
damals Glück. „Das war wie ein Volksfest hier”, sagt sie. Ihren
Namen, wie viel sie damals genau gewonnen hat und was sie mit dem
Geld gemacht hat, will sie nicht verraten. Geändert habe sich für
sie durch den Gewinn nicht viel. „Wir haben ganz normal
weitergearbeitet. Es gab aber auch Leute, die ganz verrückte Sachen
gemacht haben.” Wie etwa der Blumenhändler von nebenan, der vor
Freude kurzerhand all seine Blumen verschenkte. Oder der Mann, der
seinen kompletten Gewinn innerhalb weniger Tage im Casino
verzockte.
Alles in allem war der Riesengewinn von Coll d'en Rabassa für
Antonia Durán ein Glücksfall. Denn wo einmal die Lose mit dem
Hauptgewinn verkauft wurden, wollen von da an Menschen aus ganz
Spanien ihre Lose erstehen. Das soll Glück bringen. Und so kann sie
sich auch in diesem Dezember nicht über fehlende Kundschaft
beklagen – obwohl diesmal krisenbedingt insgesamt weniger Lose
verkauft werden als in anderen Jahren, wie die Lottogesellschaft
mitteilt.
Allerdings geben die Balearenbewohner auch in diesem Jahr im
Schnitt 42 Euro für Lose der Weihnachtslotterie aus. Die
alljährlich am 22. Dezember stattfindende Ziehung bannt
traditionell das ganze Land. Die Jagd auf den Hauptgewinn – „el
Gordo: der Dicke” genannt – ist ein Gemeinschaftserlebnis. Denn die
Gewinne der staatlichen Lotterie sind breit gestreut: Gezogen
werden fünfstellige Losnummern zwischen 00001 und 85000 –
traditionell werden die Siegerzahlen in Madrid von Schülern der
Lehranstalt San Ildefonso vorgesungen. Jede Gewinnzahl gibt es in
195 Serien, von denen jede in zehn Gewinnscheine unterteilt ist
(„décimos”). Diese kosten 20 Euro.
Wer ein solches Zehntellos besitzt, kann im günstigsten Fall
300.000 Euro gewinnen, da der Hauptgewinn pro Serie drei Millionen
Euro beträgt. Insgesamt werden in diesem Jahr mehr als 2'3
Milliarden Euro ausgespielt. Oft sind die Gewinne aber viel
geringer als 300.000 Euro, weil es üblich ist, die Zehntellose
weiter zu stückeln und an Freunde zu verschenken, beziehungsweise
an Kollegen oder Kunden weiterzuverkaufen – auf dass sich möglichst
viele freuen können, wenn die richtige Loszahl gewinnt.
Selbst in Coll d'en Rabassa aber gibt es Lotto-Muffel. Wie etwa
den Fotografen, der sein Atelier nur wenige Schritte von Antonia
Duráns Losbude entfernt hat. Schon 1995 hatte er kein Los. Und auch
diesmal denkt er nicht daran, Geld ins Glücksspiel zu investieren.
„Letzten Endes kassieren ohnehin die Banken all die Kohle”, sagt
er. Tatsächlich mussten die Geldinstitute wegen des enormen
Ansturms an jenem 22. Dezember 1995 in Coll d'en Rebassa
Überstunden machen.
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