Ein Lächeln gibt es bei Josefina gratis. Die
stämmige Frau im schmuddeligen Kittel ist mehr als nur die "Tante
Emma" von nebenan, die in ihrem kleinen Lebensmittelladen mitten in
einer von Palmas Altstadtgassen hinter der Theke steht und auf
Kundschaft wartet. Josefina ist auch Kummerkasten und
Seelentröster, immer bereit für ein Schwätzchen und seit vielen
Jahren schlicht und einfach da, wenn überraschend das Mehl zur
Neige geht, keine Dosentomaten mehr im Haus sind oder Waschmittel
fehlt. "Als ich meinen Laden vor 16 Jahren eröffnet habe, gab es
noch sechs andere Geschäfte in der Straße", sagt Josefina. "Heute
bin ich als einzige übrig geblieben."
Das Sterben der kleinen Geschäfte, in denen in der Regel weniger
als zehn Angestellte arbeiten, macht auch vor Palma nicht halt.
Schon im Jahr 2001 stellte Mallorcas Handelskammer in einer Studie
das "Verschwinden der traditionellen Lebensmittelgeschäfte wegen
der Konkurrenz durch große Supermärkte und Einkaufszentren" fest.
Acht solcher "Grandes Superficies" gibt es auf den Balearen. Meist
vor den Toren der Städte gelegen bieten sie im Gegensatz zu
Einkaufsstraßen in den Orten ausreichend Parkplätze und außerdem
die ganze Produktpalette an einem Ort: Bei Carrefour und Alcampo
bekommt der bequeme Kunde alles - vom Scheibenwischer über
Zahnpasta bis zum Frischfleisch. Ein Übriges tun die landesweit
operierenden Supermarktketten, die sich einen Großteil des
mallorquinischen Marktes teilen. Allein Eroski ist auf den Balearen
mit 147 Geschäften vertreten.
"Die kleinen Läden müssen hart um ihr Überleben kämpfen", sagt
Pere Ferrer, Präsident der Vereinigung der kleinen und mittleren
Händler auf Mallorca. Genaue Ziffern über das Ladensterben weiß er
nicht zu nennen, fest stehe aber, dass immer mehr traditionelle
Einzelhändler aufgeben. Im Jahr 2006 erwischte es sogar das älteste
Geschäft Mallorcas: Seit dem Jahr 1510 hatte ein und dieselbe
Familie die Korbflechterei "Ca La Seu" in Palma betrieben. Bis kein
Nachkomme mehr bereit war, den Familienbetrieb zu übernehmen.
Immerhin konnte in diesem Fall ein Käufer gefunden werden.
"Heute wollen die Kinder das Geschäft ihrer Eltern häufig nicht
weiterführen", sagt Ferrer, der deshalb nicht allein die Konkurrenz
der Einkaufszentren für das Ladensterben verantwortlich macht. Auch
die hohen Preise auf Mallorcas Immobilienmarkt setzen vielen
Inhabern kleiner Läden zu. "Es ist in Palma sehr schwer, einen
guten Standort für sein Geschäft zu finden." Manchmal ändert sich
aber auch einfach das Kaufverhalten der Kunden. Früher habe es in
jeder mallorquinischen Ortschaft einen Hutmacher gegeben. Heute ist
nur ein Einziger noch übrig. "Wer trägt heute schon noch Hüte?",
sagt Ferrer.
Mit Sorge betrachtet die Entwicklung auch Joan Pascual von der
Vereinigung zur Restaurierung der Altstadt Palmas (Arca). "Wir
wollen keine Geisterstadt, wir wollen, dass Menschen in Palmas
Zentrum leben. Dabei ist ganz entscheidend, dass es Läden gibt",
sagt Pascual. Er sei in höchster Sorge wegen der aktuellen
Entwicklung.
Diesen Pessimismus teilt Verbandschef Ferrer dagegen nicht. Die
Situation des Einzelhandels sei zwar schwierig, aber nicht
aussichtslos. "Die Kunden wollen Qualität und gute Beratung!", sagt
er. "Die bekommen sie in keinem Supermarkt, sondern nur bei uns.
Wenn wir uns auf diese Stärken besinnen, dann können wir es
schaffen."
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