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In der Lobby des Strandhotels sitzt ein älteres Ehepaar und schlürft durch einen Strohhalm einen giftgrünen Cocktail. Das Paar starrt auf einen TV-Bildschirm, auf dem ein Mann zu sehen ist, der seinem Studiopublikum offensichtlich etwas Lustiges erzählt. Ganz genau ist das nicht auszumachen, denn der Ton ist abgedreht. Durch die offene Terrassentür dringt das Rauschen der Wellen. "Ab Mitternacht sind hier nur noch 70 Dezibel erlaubt", sagt Miguel, einer von zwei Polizisten, die in dieser Nacht für Ruhe sorgen an der berüchtigten Playa de Palma. 70 Dezibel, das ist nur wenig mehr als Gesprächslautstärke.

Der Ballermann - das bedeutet eigentlich Sonne, Strand, Sangria und Party bis zum Umfallen. Singen, Tanzen, laute Musik und all das unter freiem Himmel. Für viele deutsche Touristen sieht so der Traum vom idealen Urlaub aus und so machen sich alljährlich Millionen mit dieser Erwartungshaltung auf den Weg nach Mallorca. Die Realität aber sieht längst anders aus. Denn Palmas Polizei hat in den vergangenen Jahren das geschafft, was niemand für möglich gehalten hätte, als das Eimersaufen und endlose Partys unter freiem Himmel noch Mallorcas massenwirksamste Reize waren.

Die Polizei hat der Partymeile den Saft abgedreht und auf diese Weise so manchem Touristen den Urlaub vermiest - ganz zur Freude der Anwohner, die es auch an der Playa de Palma gibt. Um Mitternacht wird es schlagartig still, dann ist nur noch das Stimmengewirr Tausender Urlauber in Feierlaune zu hören. Obwohl die Nacht angenehm lau ist, geht die Party nur noch hinter verschlossenen Türen weiter. "Also mich seht ihr hier nicht so bald wieder", schimpft ein junger Mann, der sich nur noch mit Mühe auf seinem Hocker halten kann. "Nächstes Mal fahre ich nach Bulgarien."

Ein paar Schritte weiter stimmt eine Gruppe junger Männer ein Fußball-Lied an. "Die machen jetzt selbst Musik", sagt Miguel und blickt zufrieden in die Runde. Die Wirte halten sich an diesem Freitag ausnahmslos an die Vorschriften. Auch in dem Hotel in erster Meereslinie, in dessen Lobby das deutsche Ehepaar einen unverhofft ruhigen Fernseh-Abend verbringt, hat der Barmann rechtzeitig die Lautstärke reduziert. Etwas haben Miguel und sein Kollege Salvador aber doch zu beanstanden: Mitten im Raum steht ein Schild, das auf den offenbar erst gerade zu Ende gegangenen Live-Auftritt eines Alleinunterhalters hinweist. Auf der schritthohen Bühne steht noch die Lichtorgel. Miguel macht von dem Ensemble mehrere Fotos.

"Haben Sie eine Lizenz dafür?", fragt er den Barmann. Der blickt verunsichert und verweist auf den Chef des Hotels. Der ist aber erst am nächsten Morgen wieder da. Also schreiben Miguel und Salva einen Bericht. Der Hoteldirektor wird die Lizenz zum Musikmachen nachreichen müssen, andernfalls droht ihm ein Bußgeld - mindestens. "Seit die Strafen für Lärm verschärft wurden, werden die Regeln eingehalten", sagt Miguel. Heute droht widerspenstigen Playa-Wirten die mehrtägige Schließung ihres Lokals, während sie früher bloß eine Geldstrafe bezahlen mussten. "Mittlerweile geht es in anderen Ecken Palmas schlimmer zu", sagt Miguel. Viel zu tun haben die Wächter der Nachtruhe an diesem Freitagabend wahrlich nicht.