Nicht nur im Urlaub gehört Mallorca zu den beliebtesten Zielen
der Deutschen. Immer mehr Menschen wählen die Insel auch als
Lebensmittelpunkt. Die Zahlen der spanischen Sozialversicherung
belegen das. So sind in den Sommermonaten regelmäßig mehr als
10.000 Deutsche auf Mallorca als Arbeitnehmer und Selbstständige
gemeldet – in den verschiedensten Berufen. Die Mehrheit ist zwar im
Tourismus tätig, jedoch finden heute auch Bäcker, Friseure,
Tischler oder gar Masseure einen Job im Süden. Arbeiten unter
Palmen – immer wieder entpuppt sich diese Kombination jedoch als
tückisch.
Der deutsche Malermeister Xaver Edgar Weiss aus Peguera hat das
am eigenen Leib erfahren. Regelmäßig flattern ihm Bewerbungen aus
Deutschland ins Büro, die er mittlerweile aber meistens ablehnt.
„Vor Jahren haben wir es mal mit Gesellen aus Deutschland versucht,
die Erfahrungen waren aber nicht so gut.” Die jungen Männer hätten
sich allzu leicht vom lockeren Leben im Süden verleiten lassen.
Sonne, Strand und Ferienstimmung wirkten sich nicht gerade
förderlich auf die Arbeitsmoral aus. Heute beschäftigt Weiss in
seinem Familienbetrieb nur noch Spanier.
Auch für Oliver Wienrich ist Mallorca keine reine
Erfolgsgeschichte: Seine Ehe ist hier zerbrochen. Schuld waren die
„unterschiedlichen Adaptationsgeschwindigkeiten”, sagt der
43-Jährige, der seit 2003 „Lackdoktor” in Manacor ist und vor allem
die zerbeulten Autos von Spaniern wieder zum Glänzen bringt. „Ich
lebe einen sehr spanischen Rhythmus”, sagt Wienrich, während seine
Frau mit dem Leben im Süden eben nicht zurechtgekommen sei. „Viele
Auswanderer leben hier in einer deutschen Enklave und integrieren
sich nicht. Der Schlüssel ist, Spanisch zu lernen.”
Die Sprache ist auch für Stefan Werner das entscheidende
Kriterium. Der Friseurmeister sucht bereits seit Längerem
Verstärkung für seinen Salon in Santa Catalina, hat bisher aber
niemanden gefunden, der die Anforderungen erfüllt. „Er muss gute
Qualität abliefern und mehrere Sprachen beherrschen”, sagt Werner.
Spanisch, Deutsch und Englisch sind wegen der internationalen
Zusammensetzung seiner Kundschaft Pflicht.
Gerade Selbstständige haben auf Mallorca aber noch mit ganz
anderen Problemen zu kämpfen. Deutsche, die ein Geschäft auf
Mallorca gründen wollen, müssen sich zunächst einmal in Geduld
üben. Laut einer Studie der Weltbank zum weltweiten Prozedere im
Falle einer Firmengründung liegt Spanien klar hinter den anderen
europäischen Ländern. In Spanien müssen Unternehmer 233 Tage auf
ihre Lizenzen warten und elf verschiedene Genehmigungen einholen.
Sogar im als besonders bürokratisch verschrieenen Deutschland geht
es schneller: Die zwölf nötigen Genehmigungen liegen dort nach
durchschnittlich 100 Tagen vor. Auch Friseurmeister Stefan Werner
hat diese Erfahrung gemacht. „Hier bekommt man erstmal eine
vorläufige Lizenz, die endgültige wird meist erst viel später
erteilt”, sagt er. „Man lernt eine andere Art der Geduld: poc a
poc.”
Nicht jeder will sich darauf einlassen und so ist Spanien nach
wie vor nicht das liebste Ziel auswanderungswilliger Deutscher.
Laut dem Statistischen Bundesamt zieht es die meisten von ihnen in
die Schweiz, die USA und Österreich. Spanien ist noch immer vor
allem bei älteren Deutschen beliebt. In der Auswanderer-Gruppe der
Über-50-Jährigen liegt Spanien weiter an der Spitze.
Berufstätige müssen sich mit den Gegebenheiten des spanischen
Arbeitsmarktes arrangieren – und das fällt gerade an deutsche
Standards gewöhnten Menschen nicht immer leicht. So liegen die
Gehälter in vielen Bereichen deutlich unter mitteleuropäischem
Niveau. Für den gleichen Job 500 Euro weniger zu verdienen als in
der Heimat ist keine Ausnahme. Laut Angaben des spanischen
Statistikamts liegt der durchschnittliche Verdienst im
Tourismussektor auf den Balearen bei rund 1000 Euro netto. Aber
auch wer eine besser bezahlte Stelle findet, muss die
vergleichsweise hohen Lebenshaltungskosten in Kauf nehmen. Eine
Wohnung in Palma kann gut und gerne die gleiche Miete kosten wie in
Düsseldorf. „Den Schritt ins Ausland sollte man sich in jedem Fall
gründlich überlegen”, sagt Daniela Ruhrmann von der Arbeitsagentur
in Bonn.
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