Der Aufschrei in Deutschland war groß nach dem Massenaufmarsch
in Palmas Altstadt. Die Berliner „BZ” etwa titelte: „50.000
Mallorquiner demonstrierten gegen Urlauber. Warum wollen sie uns
nicht mehr?”. Die Nachricht von dem Protestzug schaffte es aber
nicht nur in die Boulevardblätter, selbst in der Internet-Ausgabe
des Spiegel war die Rede von der „größten Anti-Touristendemo der
Geschichte”.
Urlauberfeindliche Spruchbänder waren jedoch gar nicht zu sehen
am vergangenen Samstag. Der Protest richtete sich vielmehr gegen
die Baupolitik der Balearen-Regierung. Ziel der Umweltschützer ist
es, konkrete Bauprojekte zu verhindern, wie etwa die zweite
Stadtautobahn rund um Palma, das neue Krankenhaus auf unberührter
Fläche nördlich der Stadt. Auch ein inselweiter Baustopp gehört zu
den Forderungen. „Prou – Es reicht” lautete das Motto der
Demonstranten.
Viele Mallorquiner trieb die Sorge auf die Straße, die Angst vor
einem ähnlich rasanten Wachstum wie in den vergangenen Jahren. Die
in der aktuellen Legislaturperiode gebauten Autobahnen etwa sorgen
im Inneren der Insel für einen wahren Bauboom. Orte, die nun von
Palma aus bequem erreichbar sind, werden plötzlich zu begehrten
Objekten der Immobilienbranche. Ganze Dörfer hatten sich so auf den
Weg nach Palma gemacht, um zu fordern: „Rettet Mallorca!” Zur
Verschärfung beigetragen hat in den vergangenen Wochen auch der
Korruptionsskandal von Andratx. Der ehemalige Bürgermeister des
auch bei vielen Deutschen beliebten Küstenortes sitzt noch immer in
Untersuchungshaft, weil er Schmiergeld angenommen und dafür
Baulizenzen vergeben haben soll – sogar in Naturschutzgebieten.
Allerdings ist nicht zu leugnen, dass der Tourismus zum Bauboom
beiträgt: Das Wachstum des „Residenzialtourismus” führt zur
zunehmenden Bebauung der Insel. Immer mehr Menschen realisieren
ihren Traum von der Finca im Süden. „Mallorca wird der
Zweitwohnsitz Europas”, sagt Miquel Ángel March, Sprecher des
Naturschutzverbandes GOB (Grup Balear d'Ornitologia i Defensa de la
Naturalesa), der neben rund 160 anderen Gruppierungen zu der
Demonstration aufgerufen hatte. „Die Regierung hat durch die neuen
Autobahnen die Voraussetzung für die zukünftige Entwicklung in
diese Richtung geschaffen”, sagt March.
Kritik an der derzeitigen Baupolitik üben aber längst nicht nur
die Umweltschützer. Selbst Álvaro Middelmann, Chef der hiesigen
Tourismusförderung, hat sich schon vor Monaten dafür ausgesprochen,
„die Bebauung zu bremsen”. Es müsse all das geschützt werden, „was
Mallorca von anderen Urlaubszielen unterscheidet”.
Die Demonstration gewann noch durch die Tatsache an Brisanz, dass
die balearischen Regionalwahlen kurz bevorstehen. Während sich die
Linksparteien allesamt in den Protestzug einreihten, bekräftigte
anschließend auch die regierende konservative Volkspartei (PP)
ihren guten Willen: „Wir werden die Forderungen genau prüfen”,
versprach PP-Sprecher Miquel Ramis.
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