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Für viele Tausend Autofahrer waren am vergangenen Freitagmorgen die kilometerlangen Staus in und um Palma das größte Ärgernis – Miquel Ángel March vom Umweltverband GOB dagegen sieht das anders: „Das Verkehrschaos war nun wirklich nicht das Hauptproblem. Die Folgen für die Natur sind viel schwerwiegender.”

30.000 Liter Diesel liefen aus, nachdem um 7.10 Uhr ein Tanklaster im Kreisverkehr von Son Castelló umgekippt war. Stundenlang mühten sich die Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr, die Folgen in Grenzen zu halten. Dennoch war nicht zu verhindern, dass ein Großteil der flüssigen Fracht im Boden versickerte und in die Kanalisation gelangte.

„Der Boden an der Unfallstelle ist verseucht”, sagt March. „Die Auswirkungen davon werden erst in Monaten oder Jahren klar sein. Die Brunnen in der Gegend müssen jetzt genau kontrolliert werden.” Durch den Einsatz von Spezialsand konnte zwar ein Teil des Diesels aufgesogen werden, mehrere Tausend Liter verbreiteten sich jedoch unterirdisch und gelangten zum Teil auch ins Meer, wie die Feuerwehr bestätigt. Beim balearischen Umweltministerium heißt es dazu, die Schäden für die Natur seien „gering” gewesen.

In Palmas Innenstadt musste ein Justizgebäude geräumt werden, weil sich giftige Dämpfe ausbreiteten. Mehrere Personen wurden wegen Schwindelgefühls, Kopfschmerzen und Übelkeit ärztlich behandelt.

Dennoch bestreiten Verantwortliche und Experten, dass es eine Gefährdung der Bevölkerung gegeben habe. Die Expertin für Toxikologie der Balearen-Universität, Antónia Costa Bauzá, betonte etwa, dass nur das dauerhafte Einatmen von Diesel-Dämpfen gefährlich wäre. Auch bestreitet sie, dass der Treibstoff den Boden dauerhaft verseuche: „Die meisten Inhaltsstoffe sind biologisch abbaubar.” Die Gefahr einer Explosion wiederum war laut Feuerwehr gering. „Eine Zigarettenkippe reicht nicht aus, um Diesel zu entzünden”, sagt Palmas Feuerwehrchef Manuel Nieto. Trotzdem setzten seine Männer vorsichtshalber Löschschaum ein. Dass sich solche Unfälle vermeiden lassen, glaubt er nicht: „So etwas kommt halt vor.”

Die Umweltschützer vom GOB (Grup Balear d'Ornitologia i Defensa de la Naturalesa) fordern dagegen Konsequenzen. Statt nur durch eine etwa vier bis fünf Zentimeter dicke Aluminiumschicht müssten Tankfahrzeuge doppelt oder sogar dreifach geschützt sein, fordert Miquel Ángel March. „Solche Transporte sollten in Zukunft außerdem nur in der Nacht stattfinden dürfen, wenn es nicht so viel Verkehr gibt.”

Den Unfall hätte aber auch das wohl nicht verhindert. Denn die Ursache war laut Polizei zu hohe Geschwindigkeit. Mit 80 km/h soll der Lkw in den Kreisverkehr gerast sein – bei diesem Tempo konnte der Fahrer den Tankwagen in der Kurve nicht kontrollieren. Zumindest der Einsatz der Rettungskräfte aber wäre bei Nacht einfacher gewesen: Das Verkehrschaos in und um Palma erschwerte die Arbeit von Polizei und Feuerwehr erheblich.

„Der Notfallplan hat versagt”, räumt denn auch der balearische Bauminister Antoni Pascual i Ribot ein. Es sei nicht gelungen, den Verkehr großräumig umzuleiten und die zum Teil kilometerlangen Staus zu verhindern. „Ich bin mir aber sicher, dass dieser Unfall als Erfahrungswert dienen wird.”

Die Unfallstelle konnte am folgenden Tag wieder für den Verkehr freigegeben werden. Wer für den Schaden verantwortlich gemacht werden kann, ist noch unklar – ebenso die Höhe der entstandenen Kosten. Der Fahrer des Lasters blieb unverletzt.