E inst leuchtendes Vorbild der deutschen Tourismusbranche, ist
die TUI in der letzten Zeit etwas heruntergekommen. Schlechte
Buchungszahlen, Verluste, hohe Schulden, Billigreisen beim
Qualitätsanbieter, die sich überschlagenden Gerüchte über einen
neuen Großaktionär, mögliche Zukäufe. Kein Wunder, dass alle nach
Palma schauen, wo der größte Reisekonzern der Welt in dieser Woche
eine Aufsichtsratssitzung am Montag und Dienstag, einen
Analystentreff am Mittwoch, eine Medienrunde am Donnerstag und ein
Bankers-Meeting am Freitag und Samstag absolvierte.
Konzernchef Michael Frenzel war im Keller – das bezieht sich
aber zunächst nur auf den Sitzungssaal im Hotel Valparaiso Palace.
Ansonsten versuchte er klarzumachen, wohin der TUI-Weg führt.
Deswegen die gute Nachricht: Es geht wieder aufwärts, „die Talsohle
ist durchschritten”, wie er mehrfach betonte. In diesem Jahr wird
die TUI AG das Tourismusgeschäft, das mittlerweile 75 Prozent des
Konzernumsatzes ausmacht, mit einem nur noch dreiprozentigen
Umsatzminus abschließen. Für 2004 erwartet Frenzel einen Zuwachs
von fünf Prozent, unter dem Strich soll vor Steuern und
Abschreibungen ein „deutlich positives Ergebnis” herauskommen.
Dazu stelle sich die TUI in allen Bereichen den veränderten
Markterfordernissen. Da sind zum einen Einsparungen, zum anderen
neue Geschäftsmodelle, um sich der Konkurrenz, vornehmlich der
Billigflieger und der Internet-Portale zu erwehren. In Deutschland
wird der TUI-eigene Low-Cost-Carrier Hapag-Lloyd-Express ausgebaut,
aber nach wie vor nicht nach Palma fliegen. Hier verdient die
„alte” Hapag-Lloyd nach Frenzels Aussage durch die hohen Volumina
Geld, die Kostenstruktur sei ähnlich gut wie bei Low-Cost-Fliegern.
Dessen ungeachtet laufe bei der Hapag-Lloyd ein strammes Programm,
um die Gesamtkosten um 70 Millionen Euro pro Jahr auf
konkurrenzfähige Höhen zu senken.
Nach Mallorca kommen werden aber die britischen
Britannia-Flieger, die nach dem Vorbild der Air Berlin nach und
nach von einem klassischen Charter-Produkt zu einer
Low-Cost-Airline umgemodelt werden sollen. Neu im Flugbereich ist
auch der Plan, die gesamten Flugkapazitäten des TUI-Konzerns, der
insgesamt 99 Flieger sein Eigen nennt, auch in den bisherigen
Reisezielen an den Kunden zu bringen. Innerhalb der nächsten zwölf
Monate sollen in Spanien über www.tui.es sämtliche Tickets buchbar
sein.
Im Internet will TUI ab November das so genannte dynamische
Reisepaket anbieten, bei dem die einzelnen Bausteine zu
tagesaktuellen Preisen zu einem Urlaub zusammengeschnürt werden. In
einem Hotelmodul, das „demnächst” vorgestellt werden soll, werden
laut Frenzel auch solche Hotels buchbar sein, an denen der Konzern
nicht beteiligt ist.
Trotz aller Bemühungen, die Schulden bis zum nächsten Jahr auf
drei Milliarden Euro zurückzufahren (es waren schon sieben
Milliarden), wird die TUI die Hotelbeteiligungen künftig sogar
ausbauen: „Das ist das Rückgrat unseres Geschäfts”, erklärte
Frenzel dazu. Allerdings werde im Hotelbereich durch strenges
Cash-Management auch Geld eingespart.
Alle Projekte sind vom Aufsichtsrat genehmigt worden, teilte
Frenzel mit. Inwiefern die Entwicklung von dem Einstieg eines neuen
Investors beeinflusst werden könnte, vermochte er nicht zu sagen.
Nach der Erklärung von Hauptaktionär West LB, seinen
31-Prozent-Anteil verkaufen zu wollen, waren die Spekulationen über
mögliche Käufer ins Kraut geschossen.
Frenzen dementierte Bemühungen, einen Management-Buyout
durchzuführen. Er erklärte, mit der Bank einen Meinungsaustausch
über etwaige Käufer vereinbart zu haben. „Aber entscheiden können
wir nichts, das letzte Wort hat der Shareholder.”(blu)
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