F üllt man Wein aus der Flasche in eine Karaffe, nennt man das
dekantieren. Man dekantiert Weine aus mehreren Gründen. In der
Hauptsache ist das Dekantieren ein Hilfsmittel, um einem noch
jungen Wein Luft zuzuführen. Davon profitieren zuallererst
Rotweine. Das will aber nicht heißen, dass man nicht auch einen
erstklassigen, noch jungen Weißwein dekantieren kann.
Das ideale Gefäß dafür ist eine großvolumige Glaskaraffe in der
bekannten Tellerminenform, um der Luft möglichst viel
Angriffsfläche auf den Wein zu bieten. Setzt man auf die Karaffe
beim Umfüllen zusätzlich einen Trichter mit eingebautem Filter auf,
schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe, denn man verhindert das
Einfließen von Rückständen bei modernen ungefilterten
Rotweinen.
Bei hochwertigen, reifen Weinen sollte man Belüftungsaktionen
allerdings nach Möglichkeit vermeiden, denn ein alter Wein kann bei
schockartiger Luftzufuhr schnell wegkippen. Ich dekantiere alte
Rotweine grundsätzlich nicht, sondern bemühe mich, sie ohne größere
Hektik vorsichtig ins Glas zu bekommen, um das eventuelle Depot
nicht aufzurühren und gleichzeitig den alten Wein so schonend wie
nur möglich mit der Luft in Kontakt zu bringen.
Ein Rotwein, der sorglos mindestens eine Stunde vor Verzehr
dekantiert werden kann und soll, ist der Vall del Calas aus dem
Hause Capcanes bei Tarragona. Er besteht aus Merlot, Garnacha und
Tempranillo. Ausdrucksstarkes Aroma von reifen Johannisbeeren geht
einher mit Würzigem, auch Duft nach feinem Leder ist vorhanden. Die
Toastnoten des Eichenfasses runden das Bukett ab. Im Abgang lang
anhaltend macht er Lust auf ein weiteres Glas und lässt uns schon
von kühlen Temperaturen und unserem ersten Kaminfeuer nach diesem
endlos heißen Sommer träumen. Zirka 13 Euro werden für diesen
Rotwein im Handel verlangt.j
Der Autor, Norbert Deingruber, ist Inhaber der Weinhandlung Casa
del Vino in Manacor
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