xVON ALEXANDER
SEPASGOSARIAN
D eutsche Immobilienkäufer entdecken wieder ihr Herz für Mallorca.
Eine Ferienwohnung im Südwesten der Insel, ein Appartement in einer
Luxusanlage, eine Finca mit Pool und Heizung auf dem Lande liegen
wieder hoch im Kurs. Die Nachfrage nach den eigenen vier Wänden im
Süden zieht nach Angaben der deutschprachigen Immobilienmakler
gegenüber MM wieder deutlich an. „Juli und August waren
ganz, ganz starke Monate, wie wir sie in zehn Jahren zuvor nicht
erlebt haben”, sagt Lutz Minkner von Profikonzept in Santa Ponça.
Das Immobilienunternehmen habe sogar Mitarbeiter aus dem Urlaub
zurückholen müssen, um die Kaufinteressenten betreuen zu können.
Der Andrang kam überraschend. „Normalerweise sind Juli und August
Monate, in denen nicht allzu viel läuft.” Normalerweise sei es
vielen zu heiß, um sich Wohnungen anzusehen. „Aber in diesem Jahr
war es ganz anders.” Erstmals sei das Geschäft wieder in allen drei
Preissegmenten „gut”, sagt Minkner. In den vergangenen zwei Jahren
hatte vor allem im mittleren Bereich – also bei Immobilien im Wert
von ein bis zwei Millionen Euro – Flaute geherrscht. „Der
Mittelmarkt hat sich wieder belebt.” Der deutsche
Immobilienunternehmer Matthias Kühn stellte ein Anziehen der
deutschen Nachfrage bereits im Frühjahr fest. „Seitdem der
Irak-Krieg zu Ende ging, haben wir einen kontinuierlichen Strom von
Interessenten registriert.” Nach seinen Worten kommen wieder mehr
Bundesbürger auf die Insel, in Deutschland scheine die Talsohle der
wirtschaftlichen Krise durchschritten zu sein. „Sobald der Dax
hochgeht, sobald die Konjunktur hochgeht, belebt sich auch das
Intereesse für Mallorca.” Kühn lehnt in diesem Zusammenhang den
Begriff „Mallorca-Krise” rundheraus ab. In den vergangenen ein,
zwei Jahren habe es weltweit eine wirtschaftliche Krise gegeben.
„In Europa ist Deutschland Schlusslicht.” Der Immobilienunternehmer
Günter Pölzelmayer von Casas & More in Peguera spricht
ebenfalls von einer Rückkehr der Deutschen. „Wir haben den besten
Sommer, seit wir vor drei Jahren das Unternehmen gründeten.”
Pölzelmayer nannte es „unglaublich”, dass gerade in den heißen
Monaten so viel verkauft werden konnte. Dadurch belebe sich der
Markt. „Die Briten haben die Lücken, die die Deutschen hinterlassen
haben, nie ausfüllen können.” Ein wachsendes Interesse potentieller
Käufer aus dem deutschsprachigen Raum registrierte auch das
Immobilienunternehmen Engel & Völkers. „Im Südwesten wird gut
verkauft. Es sind wieder mehr Deutsche da als früher, aber man kann
nicht von einer Verdopplung sprechen”, sagt er Direktor des Büros
in Palma, Terence Panton.
Heidi Stadler von First Mallorca sieht den deutschen Markt im Aufbau. „Er wird stetig gesünder”, sagt die Immobilienhändlerin. Zum Vergleich: In den Boomjahren betrug der Anteil der Deutschen an der internationalen Kundschaft des Unternehmens 50 bis 60 Prozent. Auf dem Höhepunkt der Krise – also in den zurückliegenden ein– bis eineinhalb Jahren – sank er auf 15 bis 20 Prozent. Derzeit beträgt der Marktanteil bereits wieder 25 bis 30 Prozent, so Stadler. „Und in sechs bis zehn Monaten sehen wir einen Anteil von 30 bis 40 Prozent voraus.” Die von MM befragten Makler sind sich weitgehend einig darin, dass sich das Klima für Investitionen auf der Insel deutlich gebessert hat. Das hängt nach Lutz Minkners Einschätzung zum einen mit dem Wechsel der Balearen-Regierung zusammen. „Ich hätte nicht erwartet, dass auch bei mittleren Privatanlegern derart stark eine Rolle spielt, welche Regierung dran ist.” In Gesprächen mit den Klienten sei aber deutlich geworden, dass das im Mai abgewählte Regierungsbündnis des links-regionalistischen Pacte de Progrés bis dahin sehr wohl eine Hemmschwelle für einen Immobilienerwerb dargestellt habe.
Ein zweiter Grund für den Wandel ist laut Minkner, dass die Käufer den Schock des 11. September überwunden haben. Unter dem Eindruck der Terroranschläge und der als unsicher empfundenen Weltlage sei vielen die Lust vergangen, sich auf die Anschaffung einer Immobilie im Ausland einzulassen. „Die Leute haben ihr Geld zusammengehalten und abgewartet.” Sparen allein habe jedoch nicht viel Lebensfreude aufkommen lassen. Nun zeichne sich Nachholbedarf ab. „Viele sagen: Wir wollen jetzt wieder leben. Das Motto ,Geiz ist geil!* ist out.” Günter Pölzelmayer spricht ebenfalls von „wild entschlossenen” Immobilienkäufern. „Ich bin jetzt da und will jetzt kaufen”, habe er in den vergangenen Wochen häufiger gehört. Die Menschen haben nach seinen Worten ihre Investitionen zwei, drei Jahre lang zurückgehalten, aus Furcht vor Krieg und wirtschaftlicher Krise. Nun sei ihnen klar geworden, dass sie dadurch auch zwei, drei Jahre auf eine höhere Lebensqualität verzichtet haben. Hinzu komme, dass bereits die ersten Aktivitäten der neuen Regierung auf den Inseln dazu beitrugen, das bisher negative Mallorca-Image in den deutschen Medien über Nacht aufzuweichen und ins Gegenteil zu verkehren. Es gebe derzeit wieder eine „sehr, sehr freundliche, pro-Mallorca-Stimmung”. Pölzelmayer ist davon überzeugt, dass diese Entwicklung erst an ihrem Anfang stehe. „Im kommenden Jahr, spätestens 2005, ist die traditionelle Liebe der Deutschen zu Mallorca wieder voll erblüht.” Das Käuferprofil ist den Maklern zufolge das klassische Publikum: der gut situierte Mittelstand, Menschen um die 50, die sich langsam auf ihren Ruhestand vorbereiten, den Betrieb an die nachrückende Generation übergeben wollen oder mitunter auch nur für ein Wochenende zum Golfen auf die Insel fliegen möchten. Gefragt sind bei diesen Kunden „schöne Ferienwohnungen” mit ordentlichen Installationen. Die Wohnungen müssen gut angebunden sein an Geschäfte und Dienstleistungen und nicht zu weit weg von Palma liegen. Nach Pölzelmayer sind solche Wünsche, etwa nach einem Appartement mit zwei Schlafzimmern, ab 170.000 Euro zu verwirklichen. Das Häuschen rückt ab 450.000 Euro in die Nähe des Greifbaren.
Für Matthias Kühn hatte die Kaufzurückhaltung der Deutschen nichts mit der Insel an sich zu tun. „Ich habe immer gesagt: Die Deutschen kaufen nicht auf Mallorca. Die Deutschen kaufen nirgendwo.” Der nunmehr registrierte Wandel habe eine Vielzahl von Gründen. Neben dem Regierungswechsel habe auch der Irakkrieg und die Börsenentwicklung eine Rolle gespielt. Für Mallorca kommt nach seinen Worten der Aspekt Sicherheit immer mehr zum Tragen. „Die Leute hauen in Scharen ab aus Südfrankreich und vom spanischen Festland.” Dort haben Kriminalität und das daraus resultierende Unbehagen stark zugenommen. Mallorca weise als Insel deutliche Vorteile auf. „Wenn die neue Regierung die Sicherheitsfragen richtig anpackt, sind wir auf Mallorca langfristig die Gewinner.”
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