Die Lust am Wettstreit liegt in der menschlichen Natur. Davon waren schon die alten Griechen überzeugt. Ihre ganze Kultur war von diesem Geist geprägt. Sie waren sich gewiss, dass Konkurrieren und Rivalisieren positive, innovative und dynamische Kräfte freisetzen konnte. Das klingt wie ein neoliberales Credo des 21. Jahrhunderts. Doch während heute der Individualismus viele Aspekte des Lebens dominiert, stellte der Wettbewerb im alten Griechenland den kollektiven Charakter der Gesellschaft und ein Element ihres Zusammenhalts dar.
Dem Wettstreit im alten Griechenland ist die gleichnamige Ausstellung „La competición en la antigua Grecia“ im Caixa Forum in Palma gewidmet, die diesen Donnerstag, 13. Dezember beginnt. In der Schau werden 161 Meisterwerke gezeigt. Sie sind Teil der renommierten Sammlung des British Museum, das mit mehr als 100.000 Objekten über eine der größten und vollständigsten Sammlungen der Antike verfügt.
161 dieser Exponate werden fern des Londoner Museums erstmals gemeinsam ausgestellt, von einem Dutzend großer Statuen über kleine Figuren bis hin zu Münzen. Es ist auch das erste Mal, dass viele dieser Werke das British Museum verlassen. Darunter befinden sich auch Statuen und der Teil eines Frieses, die einst das Mausoleum von Halikarnassos zierten. Das Grab des Königs Mausolos galt in der alten Welt als eines der sieben Weltwunder. Das British Museum hat diese berühmten Skulpturen, die eigens für diesen Anlass restauriert wurden, noch nie zuvor verliehen.
Kurator der Schau ist Peter Higgs. Er ist beim British Museum Experte für Skulpturen und Architektur. Die Ausstellung im Caixa Forum hat er thematisch gegliedert, mit der Siegesgöttin Nike als einer Art überirdische Empfangsdame. In der Antike war sie eine der meistdargestellten Gottheiten und verband die Welt der Sterblichen mit dem Reich der Götter. Dargestellt wurde sie mit Flügeln, mitunter auch fliegend, oder einen Pferdewagen steuernd.
In der griechischen Mythologie legte Nike an der Seite von Zeus die Sieger fest, sowohl auf dem Schlachtfeld als auch bei sportlichen Wettkämpfen. In vielen Darstellungen sieht man sie Siegeskränze, Diademe und Trophäen verteilen. Bei den Preisen ging es nicht um den pekuniären Wert, sondern um den Ruhm. Wer beim Messen der Kräfte schummelte, konnte bestraft werden, sogar mit dem Tod.
Schon die Kinder wurden zum Konkurrieren erzogen. Um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, basierten ihre Spiele auf dem Prinzip von Sieg und Niederlage. Das sportliche Training der Jungen begann mit dem Schulalter. Ein versierter Athlet zu werden, war Teil des Übergangsritus vom Jungen zum Mann. Mit entsprechenden Unterschieden in den jeweiligen Stadtstaaten: Während in Athen auch auf die Entwicklung des Intellekts Wert gelegt wurde, stand in Sparta die körperliche Ertüchtigung im Vordergrund. Dort hatten auch die Mädchen Zugang zu öffentlichen Schulen. In den meisten anderen Stadtstaaten wurden sie dagegen zu Hause von männlichen Familienangehörigen unterrichtet, mit Ausnahme des Tanz- und Musikunterrichts.
Die alten Griechen waren das, was man heute als Sportfanatiker bezeichnen würde. Ein Paradebeispiel dafür sind die Panhellenischen Spiele. In regelmäßig wiederkehrenden Abständen wurden sie an den großen Heiligtümern Olympia, Delphi, Isthmos und Nemea ausgetragen und standen allen Athleten der griechischen Welt offen. Wie heute die Fußball- und Tennisstars wurden die Gewinner dieser Spiele als wahre Helden verehrt. Leben konnten Berufsathleten, die es schon damals gab, nur von ihren Gewinnen bei weniger bedeutenden Wettbewerben. Die Siegestrophäe bei den Spielen von Olympia dagegen war ein Olivenkranz oder ein Stirnband – und Ruhm fürs restliche Leben.
Die sportlichen Veranstaltungen zogen große Mengen von Zuschauern an. Aber auch zu den Theater- und Musikwettbewerben kamen Tausende von Besuchern, um die Werke der großen Dramaturgen wie Euripides, Sophokles und Aristophanes zu sehen. Während im Publikum Frauen, Männer und sogar Sklaven saßen, was das Darstellen, auch von weiblichen Rollen, reine Männersache.
Ein weiterer Bereich, in dem sich der Wettbewerbsgeist manifestierte, war der Krieg. Die zahlreichen griechischen Stadtstaaten und Königreiche lebten in fast ständigem Konflikt untereinander und mit ihren Nachbarn. Entsprechend häufig finden sich in der griechischen Kultur Kampfszenen, sowohl reale als auch imaginäre.
Auch in den Mythen schlug sich der griechische Kampfgeist nieder. Eines der bekanntesten Beispiele ist neben den zwölf Aufgaben des Herakles der Krieg von Troja mit all seinen Heldenkämpfen, bei dessen Vorspiel drei Göttinnen wetteifern, welche von ihnen die Schönste ist.
Selbst das gesellschaftliche Leben war von Konkurrenzdenken durchzogen. Bei diesen Wettkämpfen war der Preis, den es zu gewinnen galt, die soziale Anerkennung durch die anderen. Die Arenen waren bei diesen Rivalitäten öffentliche Plätze, von der Agora, also der Volksversammlung auf dem Marktplatz, über die Kultstätten bis hin zum Friedhof. Um nicht in Vergessenheit zu geraten, leistete sich die Elite Begräbniszeremonien und Monumente. Teilweise waren diese so prunkvoll, dass sie schließlich mit Gesetzen eingeschränkt wurden.
Die Ausstellung dauert bis Sonntag, 31. März 2019. Die Öffnungszeiten des Caixa Forums sind montags bis samstags von 10 bis 20 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 14 Uhr. Der Eintritt beträgt 5 Euro, Caixa-Kunden erhalten 50 Prozent Ermäßigung.
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