Die Finca Galatzó liegt im Gemeindegebiet von Calvià uns ist im Besitz des Rathauses. | Anna Chumachenko
Eine Schafherde galoppiert blökend und bimmelnd davon. An die Nähe von Menschen haben sich die Tiere offenbar bisher nicht gewöhnt. Dabei kommen hier in Binifaldó tagtäglich unzählige Besucher vorbei, Schulklassen vor allem und Wanderer. Mallorcas öffentliche Landgüter wie dieses bei Lluc hoch oben in den Bergen, gehören zu den gefragtesten Ausflugszielen der Insel, zumindest in der kühleren Jahreszeit, wenn die Strandsaison noch nicht begonnen hat.
Insgesamt befinden sich auf Mallorca mehr als 30 Landgüter mit mehr als 10.000 Hektar Fläche im Besitz der öffentlichen Hand. In den meisten Fällen ist die Autonome Gemeinschaft der Eigentümer, verwaltet werden sie vom balearischen Landwirtschafts- und Umweltministerium. Der Inselrat wiederum besitzt ein halbes Dutzend Landgüter. Auch mehrere Gemeinden verfügen über solcherlei Grundbesitz.
Den Behörden geht es in erster Linie um die Bewahrung der Natur und des kulturhistorischen Erbes. In vielen Fällen dienen die öffentlichen Landgüter zum Erhalt einheimischer Arten oder besonderer Ökosysteme. Der ökologische Wert ist in der Regel das Hauptkriterium beim Erwerb der Flächen. Aber auch die Bewahrung architektonischer und ethnografischer Elemente spielt eine wichtige Rolle.
Nicht zuletzt erfüllen die öffentlichen Landgüter aber auch eine Funktion als Naherholungsgebiete. Häufig gibt es Picknickplätze und Spazierwege, Wanderhütten und Infozentren, in denen Ausstellungen oder Kurse stattfinden. Ganz billig ist das nicht. Denn häufig gehen die Anschaffungskosten in die Millionen und auch der Unterhalt verschlingt jährlich eine Millionensumme.
Daher geht das zuständige Ministerium nun neue Wege. Erstmals wird die landwirtschaftliche Nutzung eines der Landgüter öffentlich ausgeschrieben. Es handelt sich um das fast 500 Hektar große Landgut Sa Duaia, das sich im Levante-Naturpark bei Artà befindet. Neben Weideflächen gibt es dort auch Mandelbäume. Man wolle die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor verstärken, so Landwirtschaftsminister Joan Simonet.
Auch in Zukunft sollen Ländereien in den Besitz der Allgemeinheit übergehen. So bemüht sich der Inselrat schon seit Jahren, eines der bedeutendsten Grundstücke der Insel zu kaufen: das Gelände, auf dem sich die Ruinen des Castell d’Alaró befinden. Grundsätzlich ist das möglich, weil das spanische Recht ein Vorkaufsrecht der öffentlichen Hand vorsieht, wenn ein Grundstück zum Verkauf steht, das eine gewisse Mindestgröße überschreitet.
Flamingos, paradiesische Strände und eine Baumschule
Albufera
Das größte öffentliche Landgut der Insel ist das Feuchtgebiet Albufera, das auf dem Gemeindegebiet von Muro und Sa Pobla liegt. Das mehr als 2000 Hektar große Gelände ist der älteste Naturpark auf den Balearen (seit 1988). Es gibt mehrere Spazier- und Radwege, Aussichtspunkte zur Vogelbeobachtung und ein Informationszentrum (Can Bateman). Letzteres ist täglich von 9 bis 16 Uhr geöffnet. Der Park kann von 9 bis 17 Uhr (1. Oktober bis 31. März) beziehungsweise 9 bis 18 Uhr (1. April bis 30. September) besucht werden. Wenn man Glück hat, kann man hier sogar Flamingos beobachten. Allerdings bedrohen Versalzung und Verschmutzung das Vogelparadies.
Planícia
Die meisten der öffentlichen Landgüter befinden sich im Tramuntanagebirge. Planícia etwa liegt zwischen Banyalbufar und Estellencs bei Kilometer 90 der Landstraße Ma-10. Balearen-Regierung und spanisches Umweltministerium kauften das 442 Hektar große Landgut im Jahr 2009 für elf Millionen Euro. Drei ausgeschilderte Spazierwege führen über das Grundstück, dazu der Fernwanderweg GR221. Das alte Herrenhaus ist nur von außen zu besichtigen, es gibt Pläne, dort eine Wanderherberge unterzubringen.
Galatzó
Neun Millionen Euro ließ sich die Gemeinde Calvià im Jahr 2006 das Landgut Galatzó kosten, das an der Landstraße von Es Capdellà nach Galilea liegt. Der Zugang zur Finca ist von 8 bis 17 Uhr gestattet. Das alte Herrenhaus, in dem es unter anderem eine restaurierte Ölmühle zu sehen gibt, ist täglich von 9.30 bis 14.30 Uhr, wochenends und feiertags von 10 bis 17 Uhr zu besichtigen. Neben der Variante Es Capdellà-Estellencs des Fernwanderwegs GR 221 führen mehrere ausgeschilderte Spazierwege über das Landgut. Im ehemaligen Schweinstall ist eine Wanderherberge untergebracht.
Raixa
Für viel Wirbel sorgte seinerzeit der Kauf des emblematischen Landguts Raixa an der Landstraße Palma-Sóller (km 12,2). Die öffentliche Hand nutzte 2002 ihr Vorkaufsrecht, um den Verkauf des Landgutes an die deutsche Modedesignerin Jil Sander zu verhindern. Inselrat und Umweltministerium in Madrid zahlten seinerzeit 8,4 Millionen Euro für das Landgut, dessen Geschichte bis in die muslimische Zeit zurückreicht. Die neoklassizistische Villa mit ihren malerischen Gärten kann dienstags bis samstags von 10 bis 15 Uhr besichtigt werden.
Son Real
Gar 17,3 Millionen Euro ließ sich die Balearen-Regierung 2004 den Kauf des 400 Hektar großen Landguts Son Real in Santa Margalida kosten. Das Geld stammte aus der damals erhobenen Urlaubersteuer. Über das Gelände führen mehrere ausgeschilderte Spazierwege. Das Museum zur Geschichte des Landguts ist täglich von 9.30 bis 15.30 Uhr geöffnet, außer am 24., 25., 31. Dezember, 1. und 6. Januar. Der Eintritt ist frei. Das Landgut liegt bei Kilometer 17,7 der Landstraße Alcúdia-Artà.
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Mondragó
Vor allem seiner paradiesischen Strände wegen zieht es in den Sommermonaten unzählige Badegäste in den Naturpark Mondragó in Santanyí, der sich zum Teil im Besitz der Balearen-Regierung befindet. Etwas weiter im Hinterland gibt es mehrere ausgeschilderte Spazierwege, auf denen man einen guten Einblick in die traditionelle Bewirtschaftung dieses Küstenabschnittes bekommt.
Menut und Binifaldó
Bereits seit dem Jahr 1927 befinden sich die beiden nebeneinanderliegenden Landgüter Menut und Binifaldó in Staatsbesitz. Sie sind damit die ältesten öffentlichen Landgüter auf Mallorca. Menut beherbergt seit den 1940er Jahren eine Baumschule, in der vor allem Bäume zur Wiederaufforstung der umliegenden Eichenwälder herangezogen werden. Auf der knapp 360 Hektar großen Finca, die in Escorca zwischen Kilometer 18 und 17 der Landstraße Ma-10 von Lluc nach Pollença liegt, befinden sich mehrere Picknickplätze und Wanderwege. Im ehemaligen Herrenhaus des knapp 380 Hektar großen Landguts Binifaldó befindet sich heute ein Tagungszentrum, das vor allem Schulen nutzen. Über das Landgut führt der Fernwanderweg GR 221, und auch den Gipfel des Tomir erreicht man von hier aus.
Cúber-Stausee
Während der Cúber-Stausee im Besitz der Stadt Palma ist, die ihn zur Trinkwasserversorgung seiner Bürger nutzt, gehören die umliegenden Ländereien der Balearen-Regierung. Neben mehreren Rastplätzen gibt es auf dem Landgut Cúber auch eine nicht bewirtschaftete Wanderhütte. Der Zugang zur Finca befindet sich zwischen Kilometer 33 und 34 der Landstraße Ma-10.
Fonts d’Ufanes
Eines der ungewöhnlichsten Naturereignisse der Insel spielt sich nach ausgiebigen Regenfällen in einem Waldstück unweit von Campanet ab. Dort sprudeln dann die Quellen Fonts d’Ufanes. Diese befinden sich auf dem knapp 45 Hektar großen Landgut Gabellí Petit, das die Balearen-Regierung im Jahr 2005 mit Unterstützung der EU kaufte. Ein Rundwanderweg führt über das dicht mit Eichen bewachsene Gelände. Gleich nebenan liegen die sehenswerten Höhlen Coves de Campanet und die nur von außen zu besichtigende Einsiedelei Sant Miquel. Sprudeln die Quellen, strömen die Menschenmassen und es bricht das Parkchaos aus. Der direkteste Weg zum Ziel: Ausfahrt 37 der Autobahn Palma-Inca. Die Finca ist täglich von 10 bis 17 Uhr zugänglich.
Arenalet des Verger
Der Strand Arenalet des Verger im Nordosten der Insel liegt mitten im Levante-Naturpark an einem der entlegensten Küstenabschnitte Mallorcas. Auf dem öffentlichen Landgut Albarca-Es Verger-S’Alqueria Vella, das mehr als 1500 Hektar groß ist, gibt es mehrere Wanderwege und -hütten. Am Haupteingang zum Naturpark befindet sich ein kleines Info- und Ausstellungszentrum, das täglich von 9 bis 16 Uhr geöffnet ist.
Zum Wohle der Allgemeinheit
Während die allermeisten der öffentlichen Landgüter erst im Laufe des 20. und 21. Jahrhunderts in den Besitz der öffentlichen Hand übergingen, gibt es auf Mallorca auch noch eine viel ältere Tradition. Mehrere Gemeinden Mallorcas verfügen bis heute über eine sogenannte Comuna, ein Grundstück – Wald in der Regel –, das im Besitz der Allgemeinheit ist und dessen Nutzung dieser auch zugute kommt.
Wer beispielsweise mal in Lloret de Vistalegre vorbeikommt, der sollte unbedingt einen Abstecher in den dortigen Kommunalforst machen. Das mehr als 130 Hektar große Gelände umfasst Wald- und Weideflächen, einen Picknickplatz, Spazierwege, eine bronzezeitliche Grabhöhle, eine Kapelle sowie Infotafeln zu Flora und Fauna. Eine Steinstele markiert obendrein den – angeblichen – Mittelpunkt Mallorcas. Riesige Kiefern wachsen hier, dazwischen wilde Olivenbäume und dichtes Buschwerk. Der Gemeindeforst befand sich historischen Unterlagen zufolge schon im Jahr 1767 im Besitz der öffentlichen Hand. Traditionell wurde die Comuna zur Holzgewinnung genutzt. Heute vergibt die Gemeinde noch Konzessionen an Viehzüchter und Jäger, die das Gelände nutzen.
Auch in Muro gibt es eine solche Comuna, Es Comú genannt. Diese wurde der Überlieferung zufolge seit der Eroberung Mallorcas durch aragonesisch-katalanische Truppen im 13. Jahrhundert von den Bewohnern der Gemeinden Muro und Santa Margalida genutzt – zur Jagd und zum Holzfällen. Gleichzeitig gehörte der Küstenstreifen zum Landgut Son Sant Martí, der einst größten Besitzung Muros. Jahrhundertelang kam es zwischen Gutsherren und Gemeinde immer wieder zu Konflikten um das Nutzungsrecht des Forstes – bis im Jahr 1929 Muros damaliger Gemeinderat den Kauf des Geländes beschloss. Eigentümer sind seitdem die Einwohner Muros. Heute umfasst Es Comú neben der Feriensiedlung Casetes des Capellans auch eines der letzten noch intakten Dünengebiete Mallorcas und gehört zum Albufera-Naturpark.
Eines der größten öffentlichen Landgüter der Insel ist mit 716 Hektar der Gemeindeforst von Bunyola, der seit Menschengedenken den Einwohnern der Gemeinde gehört und einen der ältesten und am besten erhaltenen Eichenwälder Mallorcas umfasst. Über Jahrhunderte hinweg kamen die Einkünfte, die die Nutzung des Waldes abwarf, der Gemeinde zugute. Allein 130 Köhlerplätze gab es hier einst. Dazu kamen Dutzende Kalköfen und auch die Jagd brachte Geld ein. Dank dieser Einkünfte konnte sich Bunyola als erste Gemeinde nach Palma eine Kanalisation leisten, wie es heißt.
Die Überreste jener Vergangenheit sind in dem oberhalb Bunyolas gelegenen Waldgebiet noch gut zu sehen. Vor allem Köhlerplätze mit restaurierten Hütten, in denen die Köhler samt Familie über Wochen lebten, bevor sie wieder ins Dorf zogen. Auf dem südlichen Gipfel des Penyal d’Honor wiederum befindet sich eine betonierte Plattform, die einst zu einer Seilbahnkonstruktion gehörte, mit der Baumstämme ins Tal transportiert werden konnten. Heute nutzen vor allem Wandersleute und Bergsportler das Gelände. Es gibt zwei ausgewiesene Kletterwände und eine Startrampe für Gleitschirmflieger. Besonders sonntags bevölkern Ausflügler den Grillplatz am Forsthaus.
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