Landesministerpräsidentin Marga Prohens (M.) im Mai vergangenen Jahres bei der Ankündigung zu Schaffung eines Nachhaltigkeits-Paktes. | Jaume Morey

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Eigentlich war die Idee nicht schlecht: Angesichts wachsender Kritik am Massentourismus auf den Balearen kündigt die Regionalregierung unter Präsidentin Margalida Prohens im Mai 2024 die Schaffung eines politischen und sozialen Pakts für die wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit der Inseln an. Ziel ist es, den Tourismus nachhaltiger zu gestalten und die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft zu minimieren. Doch wer genau steckt hinter dem Pakt, der Mallorcas Tourismusbranche in eine bessere Zukunft führen soll?

Den Vorsitz des technischen Ausschusses übernahm Antoni Riera, Professor für angewandte Ökonomie an der Universität der Balearen und technischer Direktor der Stiftung Impulsa Balears. Riera gilt als Experte für regionale Wirtschaftsentwicklung und nachhaltigen Tourismus. Unter seiner Leitung wurden zwölf thematische Arbeitsgruppen eingerichtet, die sich mit verschiedenen Aspekten der Überfüllung durch Touristenströme befassen. Diese Gruppen decken Bereiche wie Qualität, Ausbildung und Soziales, soziale Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit des Tourismus, touristische Dienstleistungen und Infrastrukturen, natürliche Ressourcen, Luft- und Hafenverkehr, Innovation und Digitalisierung, kulturelles Erbe, ökologische Nachhaltigkeit, Tourismusstrategie, nachhaltige touristische Nachfrage und Landverkehr ab.

Jede Arbeitsgruppe wird von einem Generaldirektor der Regionalregierung koordiniert, der die Debatten moderiert. Die Regierung betont die Bedeutung einer breiten Beteiligung aller Interessengruppen, darunter Vertreter von Arbeitsagenturen, Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften, Universitäten und Tourismusorganisationen. So sind beispielsweise in der Arbeitsgruppe für Qualifikation, Ausbildung und Sozialfürsorge unter anderem die regionale Sozialbehörde, der Unternehmerverband CAEB, die Gewerkschaften, die Balearen-Uni UIB sowie der Hoteliersverband FEHM vertreten.

Trotz dieses inklusiven Ansatzes kam es zu Differenzen. Das „Forum für Bürgerinteressen” setzte Ende November 2024 seine Teilnahme am Nachhaltigkeitspakt aus und forderte eine „partizipative, strenge und transparente Methodik”. Anfang Dezember verließ die Umweltorganisation Grup d’Ornitologia Balear (GOB) ebenfalls den Pakt. Die damalige Sprecherin des GOB, Margalida Ramis, kritisierte den Ausschuss als „nicht glaubwürdig” und bemängelte, dass die tatsächliche Politik in eine entgegengesetzte Richtung zur Nachhaltigkeit gehe. Auch der Anwohnerverband von Palma unter Vorsitz von Maribel Alcázar zog sich zurück.

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Die Kritik dieser Organisationen spiegelt die wachsende Unzufriedenheit mit dem aktuellen Tourismusmodell wider. Im Jahr 2024 kam es auf Mallorca vermehrt zu Protesten gegen die negativen Folgen des Massentourismus. Im Juli demonstrierten in Palma bis zu 20.000 Menschen gegen steigende Mieten, Lärm und Umweltverschmutzung infolge des Tourismus. Die Demonstranten beklagten, dass nur eine Minderheit vom Tourismus profitiere, während die Mehrheit unter niedrigen Löhnen und hohen Lebenshaltungskosten leide. Zudem führe die Überfüllung zu Staus, Lärm und Schmutz, was die Lebensqualität der Einheimischen beeinträchtige.

Die Regierung reagierte auf die Proteste, indem sie die Bevölkerung zur Beteiligung am Nachhaltigkeitspakt aufrief. Über die Website pacteperlasos tenibilitat.org konnten Bürger zwischen dem 1. Juli und dem 31. Oktober 2024 ihre Vorschläge einreichen. Insgesamt gingen 576 Beiträge ein, wobei Themen wie Umwelt, Verkehr und nachhaltiger Tourismus mit 42 Prozent den größten Anteil ausmachten. Konkret wurden 96 Vorschläge zur ökologischen Nachhaltigkeit, 84 zum Landverkehr und 63 zur nachhaltigen Tourismusnachfrage eingereicht. Weitere Beiträge betrafen natürliche Ressourcen (61), soziale Nachhaltigkeit (58) und Tourismusstrategie (55). Zudem gab es 39 Vorschläge zum Luft- und Hafenverkehr, 34 zur Wettbewerbsfähigkeit des Tourismus und 33 zu touristischen Dienstleistungen und Infrastrukturen. Bereiche wie Qualifikationen, Ausbildung und soziale Wohlfahrt erhielten 19 Beiträge, während Innovation und Digitalisierung sowie kulturelles Erbe jeweils 17 Vorschläge verzeichneten.

Aktuell befinden sich die Arbeitsgruppen in der Analysephase, um strategische Leitlinien und Aktionspläne zu entwickeln, die in den kommenden Monaten die Agenda für den Übergang zu einer wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltigen Zukunft der Balearen gestalten sollen. Die Arbeit des von Antoni Riera koordinierten Expertenausschusses wird dabei als entscheidend angesehen.

Dennoch bleibt abzuwarten, ob die Regierung die Bedenken der ausgetretenen Organisationen adressieren und konkrete Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen des Massentourismus umsetzen kann. Die Forderungen nach einer partizipativen und transparenten Vorgehensweise sowie nach einer echten politischen Verpflichtung zur Nachhaltigkeit stehen im Raum. Die kommenden Monate werden zeigen, ob der eingeschlagene Weg zu einer nachhaltigen und ausgewogenen Tourismusstrategie führt, die sowohl den Bedürfnissen der Einwohner als auch den Anforderungen des Tourismussektors gerecht wird.