Der CDU-Spitzenpolitiker Thomas de Maizière im Gespräch mit Moderatorin Sabine Christiansen. | PAUL SCHIRNHOFER

TW
0

Auch der zweite Tag des 7. Wirtschaftsforums Neu Denken, das vom 23. bis zum 25. Mai im Castillo Hotel Son Vida auf Mallorca stattfindet, stand unter dem Motto "Jammern ist keine unternehmerische Aktivität."

Nach einem morgendlichen Briefing durch den Journalisten Michael Bröcker, Chefredakteur von Table Media, in dem die Frage aufgeworfen wurde, wie Deutschland in der durch China und die USA dominierten globalen Dynamik schneller mitspielen kann, trat der frühere Bundesverteidigungsminister, Dr. Thomas de Maizière (CDU) ans Rednerpult.

Mit seiner Kernaussage "Niemand ist nicht verantwortlich" appellierte der einstige Spitzenpolitiker an den einzelnen Bürger und die Macher in der Wirtschaft, noch mehr zu wagen und zu leisten, um Deutschland aus der gegenwärtigen Wirtschaftskrise heraus zu manövrieren, anstatt die Schuld an der Misere auf die große Politik abzuwälzen. Im Gegensatz zu deutschen Startup-Gründern hätten Jeff Bezos und Mark Zuckerberg ihre Unternehmen nicht gleich nach den ersten Gewinnen verkaufen wollen, um Millionen einzukassieren – stattdessen hätten sie den Anspruch gehabt, weiterzuwachsen und die Nummer Eins auf dem Markt zu werden. Dieser Ehrgeiz und Hunger auf Erfolg sei Deutschland abhandengekommen, so die kritischen Worte de Maizières.

Dem schloss sich ein glänzender Impulsvortrag von Philipp Justus, Zentral-Europa-Chef bei Google, zum Thema "KI als Motor für Innovation und Wachstum" an. Gegenüber MM sagte Justus: "Wir sind ganz am Anfang der KI-Revolution und Deutschland hat all die Voraussetzungen und sehr viel Potenzial, um dabei erfolgreich zu sein. Zwar haben wir hervorragende Universitäten, die sehr gute Forschung betreiben. Doch müssen wir in der Umsetzung der Produkte und in der Anwendung wesentlich schneller werden.

Philipp Justus, der Vice President Central Europe von Google, erklärte anschaulich, wie KI praxisnah zur Anwendung kommen kann. (Foto: Paul Schirnhofer)

Alexander Birken, CEO der Otto Group, erklärte anschließend in einer spannenden Rede, dass sein Konzern zwar durch den Versandhaus-Katalog bekannt geworden sei. Doch – und das sei etwas, was er von Michael Otto, dem früheren Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens gelernt habe, sei es essenziell, sich immer auch mit den neuesten Technologien auseinanderzusetzen.

Aus diesem Grund seien die Kataloge nach 68 Jahren bereits 2018 verschwunden. Und nun setze man stark auf KI-Technologien wie Gemini oder GPT. Schließlich, so lautete Birkens nachdenkliches Fazit, würden viele nicht verstehen, was die neue Künstliche Intelligenz ausmacht – doch entscheidend sei, diese neue "gigantische Welle" zu reiten, anstatt sich davon erschlagen zu lassen.

Ähnliche Nachrichten

S.D. Prinz Max von und zu Liechtenstein erklärte den geladenen Gästen aus Wirtschaft, Sport und Politik in englischer Sprache, wie die LGT-Bank, deren CEO er ist, es schaffen konnte, sich als einer der ganz wenigen europäischen Finanzdienstleister durch langfristige und gute Management-Strategien in Asien zu profilieren.

Gegen die Mittagszeit diskutierten Kurt Zech, Vorsitzender des Vorstands der Zech Group SE, Jan-Hendrik Goldbeck, geschäftsführender Gesellschafter des Bauunternehmens Goldbeck und Nico Nusmeier von der Schörghuber Unternehmensgruppe am runden Tisch über das Thema "Eiszeit am Immobilienmarkt – Was wird aus Wohnen und Arbeiten in der Zukunft?".

Sodann ergriff der frühere luxemburgische Außenminister (bis 2023) Jean Asselborn das Wort. In seinem Vortrag "Bürokratisch, blass und blind? Wie Europa nach der Wahl attraktiver wird und global an Macht gewinnt" griff er darin auch den Ukraine-Krieg auf, was er MM gegenüber kurz und präzise auf den Punkt brachte: "Das Blut, das die Menschen in der Ukraine vergießen, ist eigentlich das Blut der Demokratie. Denn durch ihre Verteidigung kämpfen sie auch für unsere ureuropäischen Werte."

Weitere wichtige Inhalte zum Thema Ukraine-Krieg und den Konsequenzen für Europa präsentierte der frühere slowenische Staatspräsident Borut Pahor in seiner scharfsinnigen Analyse. Wie Pahor anmerkte, wurde er früher, in den Jahren vor der kriegerischen Auseinandersetzung in Osteuropa, wegen seines politischen Kurses stark kritisiert. Der Politiker, der zu dem damaligen Zeitpunkt Putin selbst getroffen hatte, habe stets beobachtet, wie besessen der russische Machthaber von der Ukraine gewesen sein. Der Ausgang des Krieges hänge jetzt von vielen Faktoren ab, auch sei Serbien dabei ein wichtiger Player.

Im letzten Teil des Tages standen die USA und die transatlantischen Beziehungen im Fokus. Neben der früheren Beraterin von US-Präsident George W. Bush, Pippa Malmgren, erörterte David Knower, Leiter der Cerberus Deutschland Beteiligungsberatung, was bei den US-Wahlen im November 2024 zu erwarten ist. Auch der frühere deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der lange Jahre in Übersee lebte, analysierte die Chancen der drei Präsidentschaftskandidaten Robert Fr. Kennedy Jr., Joe Biden und Donald Trump.

Last but not least sprachen die Moderatoren Michael Bröcker und die Medienunternehmerin Sabine Christiansen das Wahljahr 2024 an. Da die frühere Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht, die eine eigene Partei gründete, sich derzeit im Wahlkampf in Deutschland befindet und daher nicht nach Mallorca kommen konnte, musste der Schatzmeister und Bundesvorstand des BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht), Ralph Suikat, Frage und Antwort stehen.