Graffiti an einer Wand in Palma. | Lokalpolizei Palma

TW
0

Während die Stadtverwaltung von Palma einen zunehmend erbitterten Kampf gegen die Graffiti und deren Urheber führt, entwickelt sich die Street- Art mehr und mehr zur Attraktion. So wirbt etwa das Kinder- und Jugenddezernat für einen Rundgang durch die Stadt, der zu den bedeutendsten Wandbildern führt, die es in Palma zu sehen gibt ( www.palmajove.es , Suchbegriff: Mapa de Arte Urbano). Die Grenzziehung zwischen Kunst und Schmiererei aber ist nicht immer einfach.

Die Stadt selbst weist zur Unterscheidung in erster Linie auf die Legalität hin. Jegliche Graffiti und Malereien seien verboten, es sei denn, sie seien zuvor von der Stadtverwaltung beziehungsweise dem Eigentümer der Immobilie genehmigt worden und beeinträchtigten nicht das „historische und künstlerische Erbe der Stadt”.

Für eine Regulierung der Szene spricht sich auch der Denkmalschutzverband Arca aus. Für „künstlerisch wertvolle” Arbeiten könnte die Stadt durchaus öffentliche Bereiche zur Verfügung stellen. Auch Hauswände, die nackt bleiben, weil die umliegenden Gebäude nicht mehr in derselben Höhe gebaut werden dürfen, könnten auf diese Weise durchaus aufgewertet werden. In der Regel würden sich Street-Art-Künstler auch dadurch auszeichnen, dass sie eben nicht wahllos Hauswände beschmieren, sondern ihre Werke etwa an zugemauerten Türen leerstehender Gebäude anbringen, erklärte Arca-Vizepräsidentin Àngels Fermoselle. Sie verschönern mithin die Umgebung.

Kulturmanager Daniel Mora wiederum vertritt folgenden Standpunkt: „Die Street-Art hat eine künstlerische Intention, auch wenn sie in Vandalismus münden kann, wenn sie auf fahrlässige und unverantwortliche Weise ausgeführt wird und gegen Gesetze oder zivile Normen verstößt.” Die Graffiti-Szene dagegen definiere sich über den Vandalismus. Ihre Angehörigen sähen sich eben gerade nicht als Künstler.

Mehrere Erfolge konnte die Polizei zuletzt im Kampf gegen die Graffiti-Szene in Palma vermelden. So wurde etwa ein 28 Jahre alter Mann identifiziert, der zuvor einen enormen Schriftzug am Bahnhofsgebäude des Sóller-Zuges hinterlassen hatte – das unter Denkmalschutz steht. Da die Tat also den Straftatbestand der Beschädigung des historischen Erbes erfüllen könnte, droht dem Mann zumindest eine empfindliche Geldstrafe von bis zu 30.000 Euro. Glimpflicher davon kommen könnten dagegen die beiden Sprayer, die sich kürzlich auf frischer Tat dabei ertappen ließen, wie sie die alte Stadtmauer in Palma beschmierten – sie sind noch minderjährig.

Ähnliche Nachrichten

Nach vielen Jahren der Untätigkeit und einer zuletzt nicht mehr zu übersehenden Zunahme der Graffiti in Palma, geht die Stadtverwaltung nun offenbar strenger gegen die Täter vor. Das bekräftigte kürzlich auch Sicherheitsdezernentin Joana Maria Adrover, als sie gemeinsam mit dem zuständigen Beamten der Lokalpolizei Pressevertretern das Vorgehen gegen die Angehörigen der Szenen erläuterte. „Wir nutzen alle rechtlichen Möglichkeiten, um die Täter zu verfolgen”, sagte Adrover. Außerdem sei das Vorgehen der Polizei nun klar geregelt. Diese führt seit mehr als einem Jahrzehnt eine Datenbank, die unzählige Graffiti enthält, mit deren Hilfe die Beamten versuchen, die Autoren der Schmierereien zu identifizieren. In aufwendiger Detailarbeit werden Schriftproben miteinander verglichen, bis diese dann irgendwann möglicherweise aufgrund eines Ermittlungserfolges einer Person zugeordnet werden können.

Das typische Profil der Sprayer ist laut Polizei folgendes: Es handelt sich in der Regel um relativ junge Leute, unter denen Studenten kreativer Berufe wie Grafikdesign und Kunst stark vertreten sind. Meist seien sie nachts aktiv und an gut sichtbaren Orten, damit ihr Werk viel Aufmerksamkeit erhält. Zwischen den einzelnen Gruppierungen herrsche große Rivalität. Wem es gelingt, seinen Schriftzug an besonders exponierten Orten zu hinterlassen, der kann sich der Bewunderung der Szene sicher sein. Auch aus dem Ausland kommen immer wieder Sprayer angereist, heißt es, die sich auf der Insel verewigen wollen. 13 Verfahren seien in diesem Jahr bereits gegen konkrete Personen eingeleitet worden, so der Beamte, der um Anonymität bat, um seine Ermittlungsarbeit nicht zu gefährden.

Dass die Schmierereien an den Hauswänden ein wachsendes Problem in Palma darstellen, sehen offenbar viele Bürger so. Zumindest ergab eine von der Tageszeitung „Ultima Hora” jüngst in Auftrag gegebene Umfrage, dass 67 Prozent der Einwohner der Meinung sind, die Stadtverwaltung lasse sich zu viel Zeit mit dem Entfernen von Graffiti. Das sieht auch Àngels Fermoselle so, Vizepräsidentin des Denkmalschutzverbandes Arca, der sich seit Jahren für ein härteres Durchgreifen in Sachen Graffiti einsetzt. Palma müsse dem Beispiel anderer Großstädte folgen und vor allem schneller reagieren: Schmierereien müssten noch am selben Tag wieder entfernt werden. „Das würde zwar eine Zeit lang hohe Kosten und großen Arbeitsaufwand bedeuten, aber es würde das Problem lösen.” Denn wenn ihre Werke sogleich wieder verschwinden, verlören die Sprayer gewiss rasch die Lust an ihrem Tun. Ohne umgehende Reaktion sei dagegen das Gegenteil der Fall: „Unzivilisiertheit zieht weitere Unzivilisiertheit an”, sagt Fermoselle.

Den Zustand der Stadt beschreibt sie derweil in düsteren Farben. „Ich habe schon viele Leute sagen gehört, dass es eine Schande ist, wie die Altstadt aussieht.” Palmas Erscheinungsbild sei schwer beschädigt. „Dreck und Unordnung triumphieren.”

Nachdem die Stadt jahrelang die Zügel hat schleifen lassen, scheint sich nun zumindest ein gewisses Bewusstsein für das Problem entwickelt zu haben, bestätigt auch Fermoselle. Bürgermeister José Hila jedenfalls wird nicht müde zu betonen, wie ernst es ihm mit dem Kampf gegen die Graffiti sei. Dieser habe absolute Priorität, sagte er kürzlich im Rahmen einer Pressekonferenz, in der er das Vorgehen der Stadtwerke in diesem Bereich erklärte. 3600 Reinigungsaktionen habe es in diesem Jahr bereits gegeben. Dass Palma dennoch voller Schmierereien ist, liegt auch daran, dass die Stadt Graffiti nicht einfach so, ohne Genehmigung der Eigentümer von den Hauswänden privater Gebäude entfernen kann. Deshalb bietet die Stadtreinigung Immobilienbesitzern seit einiger Zeit ihre Dienste bei der Entfernung an – für einen symbolischen Preis in Höhe von zwei Euro pro Quadratmeter.