Wer zahlen muss – und warum das nicht durchdacht ist
Die geplante Steuer richtet sich gegen Fahrzeuge, die nicht auf den Balearen zugelassen sind und sich bis zu sechs Monate auf Mallorca aufhalten. Betroffen sind damit nicht nur spanische Festlandtouristen, sondern auch deutsche Langzeiturlauber und Zweitwohnsitzbesitzer, die sich plötzlich in einer neuen Kostenfalle wiederfinden. Ebenso ins Visier genommen: Mietwagen, sofern sie nicht im regionalen Rent-a-Car-Register geführt werden.
Offiziell dient die Abgabe dem Kampf gegen Emissionen und Verkehrschaos. Der Betrag soll zwischen 30 und 80 Euro liegen, abhängig vom CO₂-Ausstoß des Fahrzeugs. Doch schon hier beginnt das Chaos: Wer bestimmt, ob ein Auto besonders umweltschädlich ist? Und wie genau soll das geprüft werden? Die Regierung schweigt zu diesen Fragen – vielleicht, weil sie selbst noch keine Antworten hat.
Kontrolle durch die Fährunternehmen? Ein Schildbürgerstreich
Doch es kommt noch dicker: Die Balearenregierung will die Steuer direkt bei der Überfahrt kassieren lassen – und die Fährgesellschaften in die Pflicht nehmen. Sie sollen nicht nur die Gebühren eintreiben, sondern auch überwachen, welche Autos wie lange auf der Insel bleiben. Eine absurde Vorstellung, findet Adolfo Utor, Präsident der Fährgesellschaft Baleària. „Wir sind kein Finanzamt!“, poltert er. Sein Unternehmen soll künftig nicht nur Passagiere befördern, sondern auch Steuerakten verwalten und Urlauber kontrollieren. „Wer denkt sich so etwas aus?“
Der Verband der Schifffahrtsunternehmen APEAM spricht von einer „unpraktikablen und wirtschaftsfeindlichen“ Regelung. Die Fährunternehmen befürchten einen erheblichen Einbruch ihrer Einnahmen, wenn Touristen und Zweitwohnsitzbesitzer künftig auf Alternativen ausweichen. „Das ist Bürokratie-Irrsinn in Reinform“, wettert ein Branchenvertreter. „Die Regierung schaufelt sich ihr eigenes Grab.“
Widersprüchliche Regeln, fragwürdige Umsetzung
Abgesehen von den organisatorischen Albträumen bleibt die Frage: Ist die Steuer überhaupt durchsetzbar? Die Kontrolle der Fahrzeugemissionen gleicht einer Farce, denn anders als bei der regulären Kfz-Steuer gibt es keine einheitlichen europäischen Standards für Umweltklassen in solchen Sonderfällen. Zudem bleibt ungeklärt, wie sichergestellt werden soll, dass ein Auto nicht längst die Insel wieder verlassen hat, bevor es zur Kasse gebeten wird.
Rechtlich könnte das Vorhaben ebenfalls bröckeln. Kritiker sehen in der Steuer eine Diskriminierung ausländischer Fahrzeughalter, die möglicherweise gegen EU-Recht verstößt. Ähnliche Maßnahmen in anderen Regionen Spaniens wurden bereits vor Gericht zu Fall gebracht. Doch die Balearenregierung scheint auf Krawall gebürstet: „Die Steuer soll abschrecken, nicht einnehmen“, verkündet Vizepräsident Antoni Costa. Eine Aussage, die wenig zur Beruhigung der Fährunternehmen beiträgt.
Steuer-Chaos mit Ansage
Während Umweltschützer applaudieren und hoffen, dass sich weniger Autos auf die Straßen Mallorcas quälen, wächst in der Tourismusbranche die Angst vor einer neuen Hürde für Urlauber. Besonders Langzeitgäste könnten sich von der Abgabe vergrault fühlen – eine Ironie, wenn man bedenkt, dass es oft gerade diese Gruppe ist, die auf nachhaltigen Individualtourismus setzt.
Ob die Steuer wirklich kommt, bleibt abzuwarten. Die Regierung hat angekündigt, auf einen breiten politischen Konsens zu setzen – doch angesichts des wachsenden Widerstands scheint dieses Vorhaben bereits ins Schlingern zu geraten. Sollte der Druck weiter steigen, könnte sich die Balearenregierung am Ende selbst ausbremsen – bevor die ersten Autos überhaupt zur Kasse gebeten werden.
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