Mallorcas Berge locken jährlich viele Zehntausend Wanderer an. | Klaus Siepmann

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Als die Unesco am 27. Juni 2011 ihre Entscheidung bekannt gab, der Tramuntana den Welterbestatus zu verleihen, da war die Freude groß auf Mallorca. Politiker aller Parteien bejubelten die Nachricht. „Dies ist ein fantastischer Tag für die Insel”, sagte die damalige sozialistische Inselratspräsidentin Francina Armengol. „Es ist eine historische Entscheidung und die internationale Anerkennung unseres größten Schatzes.”

Die Erwartungen hätten nicht höher sein können. Die Tramuntana würde noch besser geschützt sein, das archäologische und ethnologische Erbe würde bewahrt werden, Bauern und Fincabesitzer endlich die Unterstützung bekommen, die sie brauchen, um die Kulturlandschaft zu erhalten, die Massifizierung würde eingedämmt werden und allen Gebirgsbewohnern würde es besser gehen, am besten schlagartig. Um all das zu erreichen, legte der Inselrat einen 130 Seiten langen Aktionsplan voller Vorhaben, Projekte und guter Ideen vor.

Sieben Jahre später ist nicht nur die anfängliche Euphorie verflogen. Ein Großteil der angekündigten Maßnahmen ist bis heute nicht umgesetzt und von allen Seiten hagelt es Kritik. Gemeinden und Fincabesitzer klagen über mangelnde Unterstützung, Umweltschützer laufen Sturm wegen der Touristenmassen im Gebirge und wegen eines Neubauprojektes in Deià. Im vergangenen Sommer konnten sich Balearen-Regierung und die Gemeinde Escorca wochenlang nicht einigen, wer für die Beseitigung der Abfälle im Torrent de Pareis zuständig sei. Das Resultat: Der Müll häufte sich in der sonst so malerischen Schlucht.

Der negative Höhepunkt war ein Schreiben des International Council on Monuments and Sites (Icomos), der für die Unesco den Zustand der Welterbestätten überwacht und sich im Februar an die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol gewandt hatte, um „einer gewissen Sorge” angesichts der zunehmenden Kritik Ausdruck zu verleihen. Immer wieder spukten zuletzt auch Gerüchte durch die Medien, der Welterbe-Status könnte der Tramuntana wieder entzogen werden.

Ganz spurlos geht das alles nicht vorbei an Miquel Vadell von der Inselratsbehörde, die für das Management der „Welterbestätte Tramuntana” zuständig ist. „Da ist schon einiges auf uns eingeprasselt zuletzt”, sagt er und seufzt. Dabei sei in den zurückliegenden Jahren einiges geschehen – viel mehr, als dass jetzt in den Tramuntana-Gemeinden große Schilder stehen, die Besucher auf den Welterbestatus aufmerksam machen.

Mehr als 3,1 Millionen Euro Subventionen seien an Gemeinden, Bauern und Fincabesitzer geflossen. 225 land- und forstwirtschaftliche Projekte beziehungsweise Instandsetzungsarbeiten habe man auf diese Weise finanziert. Es gebe Kooperationen mit mehreren Schulen, um den Nachwuchs für die Bedeutung der Tramuntana zu sensibilisieren, in das Informationszentrum in der historischen Finca Raixa würden 500.000 Euro investiert. Auch das Müllproblem im Torrent de Pareis sei behoben, man habe zu diesem Zweck eine zusätzliche Subventionslinie für die Gemeinden geschaffen.

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Die wohl am weitesten reichende Maßnahme aber betrifft die Zufahrtsbeschränkungen zu einigen von besonders vielen Menschen besuchten Orten. Schon im Juli und August soll es tagsüber nicht mehr möglich sein, mit dem Auto zum Leuchtturm auf der Formentor-Halbinsel zu fahren. Außerdem gibt es in diesem Sommer Beschränkungen für Firmen, die Busausflüge nach Valldemossa anbieten. Im kommenden Jahr könnten auch Restriktionen in Sant Elm anstehen. Diese Neuerungen gehen letztendlich auf die Initiative des Tramuntana-Konsortiums zurück.

Dieses war nach der Welterbe-Erklärung geschaffen worden, um sämtliche Aktivitäten zu koordinieren. Mittlerweile hat das Konsortium jedoch seinen Geschäftsführer eingespart, Miquel Vadell macht den Job so nebenbei. Auch daran hat es reichlich Kritik gegeben. Vadell beteuert aber, dass das Konsortium eigentlich besser aufgestellt sei als zuvor. Statt eines Geschäftsführers und eines Angestellten gebe es jetzt sechs hauptamtliche Mitarbeiter. Das jährliche Budget liege bei 1,5 Millionen Euro.

„Es ist schon richtig”, sagt er: „Die ursprünglichen Pläne waren sehr ehrgeizig.” Welcher Anteil des Tramuntana-Aktionsplanes mittlerweile umgesetzt ist, traut er sich nicht zu schätzen. Dass es nur ein Bruchteil sein dürfte, wird aber auf den ersten Blick klar: In dem Maßnahmenkatalog ist die Rede von mehreren Informationszentren, Parkplätzen, von denen aus Kleinbusse ins Gebirge pendeln sollen, um den Autoverkehr zu reduzieren, einer eigens geschaffenen Marketingabteilung und vielem, vielem mehr, das bis heute nicht umgesetzt wurde.

Kein Wunder also, dass die Kritik zunimmt. Fernando Fortuny etwa nimmt kein Blatt vor den Mund: „Es ist ein Desaster. Es ist nichts geschehen”, sagt der Vorsitzende des Großgrundbesitzerverbandes. „In den Dörfern stehen jetzt die Schilder mit der Aufschrift ,Welterbe’, das sieht schön aus, sonst aber auch nichts.” Er hätte sich vor allem mehr Subventionen erhofft. Die Hälfte der Million, die in diesem Jahr verteilt wird, gehe an die Gemeinden. Das Limit für Privatleute betrage 10.000 Euro. Damit sei kaum etwas zu machen.

Auch Mallorcas Umweltschützer erhöhen den Druck. Ende Januar schickte der Umweltverband GOB einen Brief an die Unesco, in dem er den Bau der Luxussiedlung „Petit Deià” in dem Bergdorf scharf kritisiert. Fälle wie dieser könnten sich an anderen Stellen der Tramuntana wiederholen, was dem Welterbestatus widerspreche, hieß es darin. Der Inselrat hat das Vergabeverfahren der Baulizenz jedoch genau geprüft. Es gab nichts zu beanstanden und deshalb auch keine Handhabe.

Trotz aller Schwierigkeiten bleibt Miquel Vadell Optimist. Dass es zum schlimmsten Szenario kommen könnte – der Aberkennung des Welterbestatus –, hält er für ausgeschlossen. Das sei erst zweimal vorgekommen, in Dresden („Waldschlösschenbrücke”) und im Oman, und die beiden Fälle seien nicht mit der Tramuntana vergleichbar. So dramatisch sei die Lage nun wirklich nicht.

(aus MM 24/2018)