Tino Kroll, Katja Schrapel und Sohn Leonardo. Die Familie wohnt im El-Terreno-Viertel in Palma.

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Mama werden ist nicht schwer, Mama sein dagegen sehr. Auch als deutsche Mutter auf Mallorca, das sehen alle drei Frauen ziemlich ähnlich: Katja Schrapel, Sabrina Kolbe und Ylva Langhoff. Sie alle besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit und haben auf Mallorca eine Familie gegründet. Keine von ihnen bereut es, einfach war es aber auch nicht.

"Ich hatte überhaupt keine Ahnung, wie das hier funktioniert", erzählt Schrapel. Die 38-Jährige hat ihren Sohn Leonardo im Januar 2013 in einer Privatklinik zur Welt gebracht. Damals war sie gerade dabei, sich im El-Terreno-Viertel in Palma im Immobiliensektor selbstständig zu machen. "Leo war zwar geplant, aber ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht."

Als Privatpatientin konnte Schrapel sich einen Gynäkologen aussuchen. Im fünften Monat empfahl er der jungen Frau, die seit zwölf Jahren auf Mallorca lebt, einen Geburtsvorbereitungskurs in einem staatlichen Krankenhaus. Dort sprach die Gruppe allerdings nur Mallorquinisch, Schrapel verstand kein Wort: "Auf einmal wurde das Licht ausgemacht und ich wusste nicht, was ich machen soll. Dann habe ich eine Stunde gewartet und geatmet." Aufgrund der Sprachbarrieren suchte sie im Internet nach Hilfe und stieß auf die "Inselhebamme", eine deutsche Geburtshelferin auf Mallorca, die den Müttern vor und nach der Geburt zur Seite steht.

Schwangere, die nicht privat versichert sind, bekommen ein Krankenhaus und eine Hebamme zugeteilt. Dann gibt es Sprechstunden, aber keine Hausbesuche und nach der Geburt keine Hilfestellung. "Da fühlte ich mich unglaublich alleine gelassen", so Ylva Langhoff. Ihr Sohn Nael hat im September 2015 in einem staatlichen Krankenhaus das Licht der Welt erblickt. Vor der Geburt war die 36-Jährige in der Gastronomie tätig und sozialversichert: "Im staatlichen System gibt es auch keinen festen Gynäkologen. Man kriegt den, der eben im Krankenhaus gerade Schicht hat", so Langhoff. Bis zum siebten Schwangerschaftsmonat befand sie sich in einem Angestelltenverhältnis, dann lief der Saisonvertrag aus. Seit zehn Jahren lebt sie mit ihrem Lebensgefährten auf Mallorca und hat auch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld und auf die Leistungen während des Mutterschaftsurlaubs, der sogenannten "maternidad".

Erwerbstätige Mütter haben in Spanien ein Recht auf diese viermonatige Pause. "In diesen 16 Wochen bekommt die Angestellte das Gehalt zu 100 Prozent überwiesen. Das übernimmt die Sozialversicherung", erklärt Langhoff. Darüber hinaus gibt es noch weitere 14 Tage extra, die sich Frauen auch stundenweise nehmen können, zum Beispiel, um zum Stillen nach Hause zu fahren. Sobald die Mutter wieder ins Berufsleben einsteigt, wird eine Art Kindergeld gezahlt. Das sind 100 Euro monatlich, drei Jahre lang. Für die deutsche Mutter ist diese Regel unverständlich: "Du wirst dafür belohnt, gleich nach der Geburt wieder arbeiten zu gehen. Das widerspricht total der Natur."

Zum Vergleich: In Deutschland beträgt der Mutterschaftsurlaub 14 Wochen. Dazu kommt aber die Elternzeit, die 2015 neu geregelt wurde: Jedem Elternteil stehen 36 Monate unbezahlte Auszeit vom Job zu. In Spanien gilt seit Anfang des Jahres auch eine neue Regelung: Vätern stand zuvor eine zweiwöchige Elternzeit zu, jetzt sind es vier Wochen. Das Kindergeld in Deutschland beträgt seit dem 1. Januar dieses Jahres 192 Euro pro Monat für die ersten beiden Kinder. Gezahlt wird bis zum 18. Lebensjahr des Kindes, oder bis zum 25., sollte sich dieses noch in der (Schul-)Ausbildung befinden.

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Langhoff ist nach der Geburt nicht wieder ins Berufsleben eingestiegen, sie erwartet jetzt ihr zweites Kind. Die Schwangerschaft mit Sohn Nael hat sie als sehr schöne Zeit in Erinnerung. Erst ab dem Moment der Geburt änderte sich das schlagartig. Der Kreißsaal im Son Espases sei einem OP-Raum ähnlich, sehr steril, grell und ungemütlich. Auch das Personal sei unherzlich gewesen. Niemand habe sich an den Geburtsplan gehalten. Dann musste die Geburt eingeleitet werden: "Das war für mich alles ein sehr traumatisches Erlebnis."

Dass die Familie in einem anderen Land lebt, habe sie zuvor nicht belastet, erst nach der Geburt fühlte sie sich haltlos: "Es gab auch keine Unterstützung von den Hebammen oder den Ärzten, lediglich eine Stunde, in der mir jemand das Stillen beibringen wollte." Ylva Langhoff erlitt nach der Geburt eine schwere Wochenbettdepression, erst nach einem halben Jahr ging es ihr besser. Bei der zweiten Schwangerschaft entschied sie sich für eine private Krankenversicherung.

Sabrina Kolbe hat beides ausprobiert. Als Privatversicherte hatte sie Anspruch auf einen Gynäkologen ihrer Wahl, wollte sich aber auch im staatlichen Gesundheitszentrum (PAC) beraten lassen: "Am Ende hat mir dort die Hebamme einfach besser gefallen, also blieb ich für den Geburtsvorbereitungskurs dort." Zur Geburt von Sohn Gil Nikolás im April 2016 ging es in die Privatklinik Palmaplanas: "Mit dem Krankenhaus war ich sehr zufrieden, vor allem in der Zeit vor der Entbindung", so Kolbe. Nur sechs Stunden hat die Geburt gedauert, allerdings gab es Komplikationen, die sie beinahe umbrachten. Sie hatte keine Nachgeburt, unter Vollnarkose wurde die Plazenta abgelöst. Es kam zum Blutsturz. Erst einige Tage später erzählte man ihr, was passiert war.

Die Münchnerin blieb nach der Geburt ein Jahr zu Hause. Zuvor hatte sie die meiste Zeit als Selbstständige gearbeitet. Auch dann gibt es in Spanien einen Anspruch auf Leistungen während der 16 Wochen Mutterschafturlaub. Diese sind allerdings von verschiedenen Faktoren abhängig, dazu gehören die Höhe des Einkommens, die Höhe der Sozialabgaben und auch die Zeit der Selbstständigkeit. Jetzt hat Kolbe eine Halbtagsstelle und Sohn Gil besucht eine private Krippe: "Da kommen vier Betreuer auf 15 Kinder, bei der staatlichen waren es 20 Kinder bei zwei Betreuern." 350 Euro kostet so ein privater Krippenplatz in Palma halbtags ohne Mittagessen mindestens, andere kosten auch 600 Euro im Monat. "Die staatlichen kosten bis zu 300 Euro, aber da laufen eben auch 80 Kinder über den Hof."

Der vierjährige Sohn von Katja Schrapel ist in einem internationalen privaten Kindergarten, außerdem kümmert sich eine Nanny um den Jungen. Schrapel erinnert sich vor allem noch an die Zeit direkt nach der Geburt, als es darum ging, mit Leonardo die Behörden abzuklappern. Noch in der ersten Woche mussten sie zum deutschen Konsulat, um das Kind anzumelden und einen Ausweis zu machen: "Da brauchten wir dieses biometrische Bild! Schon mal einem Säugling gesagt, er soll sich nicht bewegen und in die Kamera gucken? Das war ganz schön anstrengend."

Die wichtigsten Schritte nach der Geburt:

  • Zum Standesamt (Registro Civil) für das Familienbuch und die Anmeldung. Die Frist: 24 Stunden bis acht Tage nach der Geburt.
  • Im INSS (Instituto Nacional de la Seguridad) das Kind im staatlichen Gesundheitssystem registrieren
  • Im Gesundheitszentrum (PAC) der Eltern die Gesundheitskarte beantragen.
  • Je nach Staatsangehörigkeit: Im deutschen Konsulat die Geburt im deutschen Standesamt nachbeurkunden lassen und den Ausweis beantragen.
  • Beim Einwohnermeldeamt der Gemeinde das Kind anmelden.
  • Weitere Informationen gibt es beim deutschen Konsulat: www.palma.diplo.de.

(Aus MM 17/2017)