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Deutschland bezieht Prügel. Im Einklang mit den betroffenen spanischen Bauern kritisieren Politiker und Medien das deutsche EHEC-Krisenmanagement aufs Heftigste. Tenor: Es gab keinen Anlass, vor dem Verzehr spanischer Gurken zu warnen.

Die Reaktionen sind angesichts des immensen Schadens, den die Landwirtschaft erleidet, zwar verständlich, aber nicht wirklich begründet. Was hätten die deutschen Gesundheitsbehörden denn tun sollen, nachdem ein Anfangsverdacht bestand? Ihn verschweigen? Man stelle sich doch folgendes Szenario vor: Die Verantwortlichen verschweigen einen Verdacht, der sich Tage später bewahrheitet. Irgendwann kommt es heraus: Die Behörden waren früh informiert, haben aber die Bevölkerung nicht gewarnt ... Da würden Köpfe rollen, und zwar zu Recht.

Hinzu kommt, dass nicht nur Spanien den Schaden hat. Auch ohne ausdrückliche Warnung vor spanischen Produkten wäre der Absatz eingebrochen. Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) wiederholte auch am Mittwoch die generelle Warnung, keine Gurken, keine Tomaten und keinen Blattsalat roh zu essen – „wo auch immer sie herkommen“. Wer will ihr das übelnehmen?

Man muss den Sturm der medialen Entrüstung in Spanien wohl auch vor dem Hintergrund stehen, dass sich das Land in letzter Zeit von Deutschland gegängelt fühlt. Die Regierung Zapatero wird in der Wirtschaftspolitik gerne als Marionette Merkels dargestellt, und der kürzliche Hinweis, die Spanier würden zu früh in Rente gehen und zu lange im Urlaub weilen, war auch nicht gerade eine vertrauensbildende Maßnahme. Und jetzt das noch ...

Die Beziehungen der beiden Länder sind zu gut, um unter den jüngsten Ereignissen dauerhaft Schaden zu nehmen. Aber nicht zum ersten Mal gibt es in einem Krisenfall im Gesundheitswesen Missverständnisse und Misstöne. Schon bei der Schweinegrippe dominierte das gegenseitige Misstrauen. Zwischen befreundeten EU-Staaten müsste eigentlich eine bessere und vertrauensvollere Zusammenarbeit möglich sein.