Es ist nicht das erste Mal, dass Angela Merkel sich die
Südeuropäer vorgeknöpft hat. Die deutsche Bundeskanzlerin genießt
in Spanien mittlerweile den Ruf einer eisernen Lady, die mit den
europäischen Partnern keine Gnade kennt. Mit ihrer jüngsten
Aufforderung, Spanier, Portugiesen und Griechen müssten mehr
arbeiten, löste sie massive Proteste aus. Die spanischen Medien
kommentierten Merkels polemische Aussagen ausführlich.
Gesagt hatte die Kanzlerin Folgendes: „Es geht auch darum, dass
man in Ländern wie Griechenland, Spanien, Portugal nicht früher in
Rente gehen kann als in Deutschland, sondern dass alle sich auch
ein wenig gleich anstrengen – das ist wichtig.” Und weiter: „Wir
können nicht eine Währung haben, und der eine kriegt ganz viel
Urlaub und der andere ganz wenig.” Im Hinblick auf die
Finanzprobleme der angesprochenen Länder sagte sie: „Ja,
Deutsch-land hilft, aber Deutschland hilft nur dann, wenn sich die
anderen wirklich anstrengen, und das muss nachgewiesen werden.”
Merkel löste in Spanien vor allem deshalb Entrüstung aus, weil
sie indirekt das Klischee vom „faulen Südeuropäer” bediene, das
nicht der Realität entspreche. Ein Blick in die Statistiken gibt
den Merkel- Kritikern recht.
Rente
Spanier gehen nicht früher in Rente als Deutsche. Das
durchschnittliche Renteneintrittsalter ist in beidenLändern exakt
identisch, liegt hier wie dort bei 61'8 Jahren (laut der
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung,
OECD). Wie in Deutschland ist in Spanien das reguläre
Renteneintrittsalter kürzlich von 65 auf 67 Jahre angehoben
worden.
Urlaub
Spanier haben nicht mehr, sondern weniger Urlaub als Deutsche.
Die Zahl der Urlaubstage liegt in Spanien bei durchschnittlich 22,
in Deutschland dagegen bei 30 (laut der EU-Stiftung zur
Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, Eurofound). Selbst
wenn man die Feiertage hinzurechnet, stehen die Deutschen besser
da: In Spaniens Regionen gibt es in der Regel 14 gesetzliche
Feiertage, dazu kommen zwei weitere, die die Gemeinden festlegen
können. Im ebenfalls katholischen Bayern gibt es 12 gesetzliche
Feiertage. Der EU-Durchschnitt liegt bei 10'5.
Arbeitszeit
Rein statistisch betrachtet arbeiten Spanier mehr als Deutsche.
Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit liegt in Spanien bei 38'4
Stunden, in Deutschland dagegen bei 37'7 Stunden (laut Eurofound).
Über die Arbeitseffizienz in Spanien sagt dies jedoch nichts aus.
Hier schneidet Spanien eher schlecht ab: Im Bericht über die
Wettbewerbsfähigkeit von 139 Staaten, den das Weltwirtschaftsforum
veröffentlicht hat, landet Spanien in Sachen Produktivität
lediglich auf dem 109. Platz.
Gehalt
Spanier verdienen deutlich weniger als Deutsche. Das
durchschnittliche Jahres-Nettoeinkommen liegt in Spanien bei
15.551'11 Euro, in Deutschland dagegen bei 24.450'22 Euro (Daten
für das Jahr 2009 vom Statistikamt der EU, Eurostat). Verschärft
wird dieser Unterschied noch durch die Verschiebung bei den
Verbraucherpreisen, die in den vergangenen Jahren stattgefunden
hat: Das Preisniveau liegt in Spanien mittlerweile über dem in
Deutschland. Die Kaufkraft eines Euros liegt für deutsche
Verbraucher in Spanien bei nur 96 Cent (laut Daten des
Statistischen Bundesamts, Destatis, aus dem Jahr 2009)
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