Mit dem erfolgten Jahreswechsel haben die
beiden deutschen Schulen auf Mallorca noch ein Jahr Zeit, sich zu
überlegen, welche von ihnen sich am ehesten berufen fühlen darf,
die Tradition – „ein Jahrhundert deutsche Ausbildung auf Mallorca”
– für sich zu beanspruchen. Denn im Jahre 2012 wird sich zum 100.
Male jähren, dass eine deutsche Schule auf Mallorca gegründet
wurde.
Wie bitte? Schon 1912 soll es auf der Insel eine deutsche Schule
gegeben haben? Für viele ist es unvorstellbar, dass der Einfluss
der „Alemanes” auf Mallorca nicht erst mit dem Massentourismus der
1970er Jahre begann, und auch nicht mit dem unseligen Wirken von
Hitlers „Legion Condor”.
Ein Novum war der deutsche Einfluss auf dem Eiland selbst 1912
nicht. Man erinnere sich nur an den deutschen Uhrmacher Wilhelm
Krug, der sein Geschäft in der Calle Colón in Palma bereits im
Jahre 1879 eröffnet hatte.
Anders als bei der „Relojería Alemana”, die noch heute
existiert, ist die Erinnerung an die erste deutsche Schule in Palma
gänzlich verblasst. „Wir wissen, dass es hier einmal eine ,escuela
alemana' gab”, sagt der Mönch Pere Ballestir vom Kloster Sant
Francesc, der wie kein anderer die Geschichte des Konvents kennt,
„aber wir wissen nicht warum, wann und wie lange.”
Durch Recherchen des Mallorca Magazins ist es nun gelungen, ein
wenig Licht in das Dunkel zu bringen. Gegründet wurde die Schule im
Mai 1912, treibende Kraft war ein spanischer Marineoffizier, dem
eine große Vorliebe für Deutschland nachgesagt wurde. Gemeinsam mit
interessierten Eltern rief er eine Schule ins Leben, in der die
Kinder neben den üblichen spanisch-katholischen Lehrplänen auch die
deutsche Sprache erlernen sollten, und das schon im
Kindergartenalter. Zu diesem Zweck wurden dort drei deutsche
Grundschullehrerinnen eingestellt.
Im März 1913 wurde Otto Boelitz, Direktor der 1894 gegründeten
Deutschen Schule in Barcelona, von dem Marineoffizier und dem
damaligen deutschen Konsul Alfred Müller nach Palma eingeladen, um
die neue Schule und deren Ausbildung zu begutachten.
Die „Escuela Católica Alemana de Palma” hatte in der höheren
Gesellschaft guten Anklang gefunden und zählte bereits 79 Schüler,
davon 78 Spanier und ein Franzose. „Die Schule ist vorläufig mit
drei Klassenzimmern, einem Turnraum, einem Lehrerzimmer und dem
nötigen Zubehör in einem alten Franziskanerkloster eingerichtet,
das dem Schulverein von der Regierung (– das Ex-Convento de San
Francisco ist Monumento nacional – ) kostenlos zur Verfügung
gestellt wurde”, hielt Boelitz damals fest.
Die heutige Schule von Sant Francesc, die sich neben der
gleichnamigen Kirche im Osten der Altstadt von Palma befindet, ist
erst im Jahre 1952 gegründet worden. Der Franziskanermönch und
Religionslehrer Pere Ballestir weiß jedoch aus eigener Forschung,
dass einer seiner Vorgänger, Pater Ramón, bereits vor dem Ersten
Weltkrieg Schüler unterrichtete. Der Geistliche verfügte über gute
Deutschkenntnisse hatte ein großes Interesse an deutscher Kultur.
„Die frühesten Fotografien, die wir aus jener Zeit besitzen,
stammen aus dem Jahre 1913. Da muss es sich um eben jene deutsche
Schule gehandelt haben.”
Otto Boelitz notierte, dass der Spielplatz für die Kinder – „der
Innenhof des Klosters” – groß genug sei und schönes Sonnenlicht
gewähre. „Für Regentage und bei großer Hitze bieten die
prachtvollen Säulengänge hinreichend Platz.”
Boelitz äußerte sich zufrieden über die Sprachkenntnisse der
kleinen Kinder. „Der Gesang deutscher Lieder macht ihnen besondere
Freude.” Sein Urteil über die Schule war in allem recht
positiv.
Wie lange die Deutsche Schule in Palma existierte, ist unklar.
Vermutlich bereiteten ihr die Wirren des Ersten Weltkrieges und die
Niederlage des Kaiserreichs ein baldiges Ende.
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