Auf den ersten Blick wirken sie wie eine
seimige, hautfarbene, undefinierbare Masse. Doch diese besteht aus
Hunderten aneinanderklebenden Minifischchen: Jonquillo (auch
Jonquet oder Chanquete genannt). Mit einer Schöpfkelle füllt Juan
Antonio Calafat von „Peixos Blanco“ in der Markthalle Olivar in
Palma die Fischmasse vorsichtig in durchsichtige Plastikschalen ab
– Glasgrundeln sind auf den Balearen eine begehrte Delikatesse.
Das Geschäft boomt: Erst seit wenigen Tagen gibt es wieder
Jonquillo im Angebot. Denn gefischt werden dürfen die Glasgrundeln
auf den Balearen nur vom 20. Dezember bis Ende März. Die
ausgewachsen maximal sechs Zentimeter langen und nur ein paar
Millimeter breiten Fische sind an allen Mittelmeerküsten zu finden.
In Südspanien allerdings ist ihr Bestand gefährdet, das Fischen von
Jonquillo wurde dort 1988 verboten.
Auf den Balearen wurde einer solchen Entwicklung Einhalt
geboten, indem nur mehr 30 Kilo der Glasgrundeln pro Boot mit
Lizenz gefischt werden dürfen – und derer gibt es nur wenige. Die
Tiere lassen sich in Tiefen bis zu 60 Meter in Form von Bänken im
Meer nieder, was die Jonquillo-Fischerei recht einfach gestaltet.
Zumal die Glasgrundel sich interessanterweise vom Motorengeräusch
des Schiffes alles andere als abschrecken lässt: Der Lärm treibt
die Tiere erst recht zusammen.
„Es gibt viel Jonquillo in diesem Jahr“, freut sich Verkäuferin
Tina von „Peixes Barbara“, „dann wird der Preis in den kommenden
Tagen noch deutlich sinken.“ Derzeit liegt das Kilo bei rund 30
Euro. Der Preis ist ein wichtiges Erkennungsmerkmal. Denn was wie
Jonquillo aussieht, ist es nicht unbedingt.
Für nur zehn Euro das Kilo wird am Nebenstand scheinbar das
Gleiche angeboten. „Das ist nicht Jonquillo, sondern Cabotí“,
erklärt Juan Antonio Calafat. Beide Fischarten gehören zur Familie
der Gobiidae, sehen fast gleich aus. „Aber Cabotí ist von minderer
Qualität, viel sandiger und nicht von so einer angenehmen
Konsistenz.“
Cabotí ist etwas dunkler und rötlicher in der Farbe – doch
dieser Unterschied ist für das ungeübte Auge kaum zu erkennen. „Wer
sich nicht auskennt, sollte nicht nur auf das handschriftliche
Schild des Verkäufers, sondern auch auf das ausgedruckte Etikett
des Fischgroßmarktes einen Blick werfen. Jonquillo ist als Aphia
minuta und Cabotí als Crystallogobius linearis ausgewiesen.“
Achtung geboten sei auch bei fast farblosen Fischen, die oft als
„Jonquillo chino“ bezeichnet würden. Es handle sich dabei um ein
Konkurrenzprodukt, das tiefgefroren in Eisblöcken aus China
importiert werde und als „Neosalamx tangakheii“ zu identifizieren
wäre. „Sie sind zwar recht günstig – dafür haben sie aber auch kein
Aroma“, sagt Tina von „Peixes Barbara“. Echter Jonquillo sei
dagegen ein dankbares Produkt, das ganz von allein gut schmecke:
„Als flache ausgebackene Kroketten zum Beispiel – mit einem
verquirltem Ei, ein wenig Petersilie, Pfeffer und Salz.“
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